Ifenfeuer: Allgäu-Krimi (German Edition)
Hohen Ifen waren erstaunlich. Sie war besonders an Höhlen interessiert und erzählte in den Anfängen ihrer Bekanntschaft, die auf eine zufällige Begegnung in der Zahnarztpraxis ihres Mannes zurückging, dass sie gerne mal in das Hölloch einsteigen wollte. Dessen Tiefe war für sie Faszination gewesen.
Nach der Begegnung an den Lorettokapellen war ihm ein Gedanke gekommen, den er in die Tat umsetzte. Unter dem Vorwand, in Begleitung eines einheimischen Höhlenführers einen günstigen und ungefährlichen Besuch des Höllochs zu ermöglichen, hatte er Marion dorthin locken können.
Verabredungsgemäß war sie durch das Mahdtal aufgestiegen und zum Hölloch gekommen.
Und dort ereilte sie dann ihr Schicksal.
31 Marion Zick kam nach über einer Stunde Aufstieg beim Hölloch an. Sie war erstaunt, dass niemand zu sehen war und ihr Höhlenführer sich wahrscheinlich verspätet hatte. Im ganzen Mahdtal, das sich zum Windecksattel hinaufzog, war niemand unterwegs. Eine drückende Stille umfing sie. Von den Latschen um das Hölloch ging ein feiner Nadelduft aus, der an Badezusatz erinnerte. Der Himmel war klar, bis auf die Nordseite. Dort hatte sich drohend eine Wolkenwand aufgetürmt. Trotz der fast sommerlichen Temperaturen fröstelte Marion Zick. Ihr war unwohl wie schon lange nicht mehr. Eine Ahnung kommenden Unheils stieg in ihr auf.
Ein Ast knackte.
Schnell wandte sich Marion um, doch es war nur eine Gämse, die mit ihrem Jungen vom Hölloch wegzog. Aufmerksam witterte sie in Richtung der Frau, dann verschwand sie hinter einem Felsen.
Plötzlich kam von der anderen Hangseite ein Mann herunter, der gegen die Sonne zunächst nicht zu erkennen war. Ah, dachte Marion, mein Bergführer! Als der Mann näher gekommen war, erkannte sie aber Radomir Palić.
Und sie erschrak.
Und plötzlich fiel es ihr wie Schuppen von den Augen: Es gab gar keinen einheimischen Bergführer. Radomir hatte sie hereingelegt und selbst die Rolle übernommen. Ein Schauer lief ihr über den Rücken. Jetzt wusste sie, dass eine Auseinandersetzung bevorstand, der sie nicht gewachsen sein würde.
Dann stand Palić vor ihr. Sein hinterhältiges Grinsen ließ sie das Schlimmste befürchten.
»Hallo, Marion! Leider ist dein Höhlenführer aus Riezlern verhindert. Er hat mich mit der Führung beauftragt.« Ich weiß aber nicht, ob ich dich so führen kann, wie er es getan hätte.«
»Was willst du?«, fragte Marion Zick und zitterte am ganzen Körper.
»Wie ich schon sagte: dich ins Hölloch führen. Es geht dort aber senkrecht hinunter, da werden wir sehr aufpassen müssen, dass nichts passiert. Stell dir vor, du rutschst aus und – plumps – liegst fünfundsiebzig Meter tiefer. Wäre doch schade um dich, oder?« Sein Gesicht hatte einen drohenden Ausdruck angenommen.
»Du … du denkst doch nicht wirklich, dass ich mit dir in das Hölloch runtersteige?« Marion klammerte sich an den Hoffungsschimmer, dass es Palić nicht ernst meinte.
Der hatte sich schnell umgeschaut. Sie waren die Einzigen, so weit man sehen konnte.
Dann trat er auf sie zu und packte ihre Hände. »So, du kleines Miststück, jetzt sollst du den Lohn für deine Erpressung erhalten. Wie viel wolltest du? Zweihundertfünfzigtausend Euro?« Er lachte schrill auf. »Woher hattest du die Informationen über mich?« Palić drängte Marion Zick langsam Richtung Hölloch. »Sag es mir, oder es passiert was!«
Marion hatte auf einmal Todesangst.
Palić meinte es tatsächlich ernst.
Verzweifelt wand sie sich in seinem eisernen Griff und stemmte sich gegen seine Brust. Aber unaufhaltsam wurde sie gegen den senkrechten Rand des Höllochs geschoben, der näher und näher kam.
»Lass mich los! Du tust mir weh«, wimmerte sie. Endlich gelang es ihr, eine Hand freizubekommen. Sie zerriss sein Hemd und krallte sich in seine Haut.
Da packte er sie plötzlich am Hals und würgte sie. Sie standen nur noch einen Meter vor dem Abgrund …
Marion schlug ihm mit der freien Hand ins Gesicht und versuchte, ihm ein Bein zu stellen.
Sie rangen miteinander.
Als sie den Rand erreicht hatten, ließ Palić sie so plötzlich los, dass sie das Gleichgewicht verlor und mit einem Schrei in die Tiefe des Höllochs stürzte.
Palić wandte sich keuchend ab. Er hielt es nicht mehr für nötig, nach Marion zu sehen, wohl wissend, dass sie ihn nie mehr bedrohen konnte.
Er suchte Marions abgelegten Rucksack und packte sein Notizbuch hinein. Sollten sich eventuelle Finder doch den Kopf zerbrechen,
Weitere Kostenlose Bücher