Ifenfeuer: Allgäu-Krimi (German Edition)
wussten, dass Palić Marion Zick ermordet hatte, trauten sie ihm ohne Weiteres einen zweiten Mord zu. Aber was meinte Pfarrer Aniser? Sucht nach Neid und Missgunst, hatte er ihnen geraten. Das wiederum sprach mehr für Sonja Stark als Täterin, wollten sie sich der Meinung des Pfarrers anschließen. Also stünde Sonja Stark an erster Stelle auf der Liste der Verdächtigen.
Sie gingen alle Möglichkeiten durch. Radomir Palić konnten sie nicht verhören, der war flüchtig. Also musste ihr nächster Besuch, da waren sie sich einig, Bruggers Vermieterin gelten.
Als sie nach Hirschegg zurückfuhren, sahen sie Kathi Neuhauser am Gehsteig. Als die Frau sie erkannte, fuchtelte sie wild mit den Armen und sprang beinahe vor ihren Wagen, so dass Berger fluchend zu einer Vollbremsung gezwungen war. Das schien Kathi aber gar nicht zu interessieren, vielmehr ging sie auf Wanners Seite des Autos und bedeutete ihm, das Fenster herunterzulassen. Sie trug einen geblümten Rock und eine leichte Bluse, deren Schnitt, als sie sich zu Wanner hinunterbeugte, die Raffinesse des Modeschöpfers offenbarte. Sie ließ Einblicke zu, die nicht ganz jugendfrei waren. Wanner wusste im Augenblick nicht, wohin er schauen sollte, also entschloss er sich, der Frau ins Gesicht zu blicken. Der rot geschminkte Mund kam ihm ziemlich nahe, als Kathi mit Wanner auf Augenhöhe ging. Wanner nahm eine leichte Alkoholfahne wahr. Kathi lächelte verführerisch und fragte: »Na, wie steht’s? Haben Sie schon was rausfinden können? Ich meine wegen der Stark. Hat sie was mit Bruggers Tod zu tun?«
Berger wandte sich ihr zu und knurrte: »Und deswegen laufen S’ mir fast ins Auto rein? Das kann ja wohl ned wahr sein!«
Kathi Neuhauser würdigte ihn keines Blickes, sondern fixierte nach wie vor Wanners Augen.
Doch der hatte sich in den Griff bekommen. »Wenn wir’s wissen, sind Sie sicher eine der Ersten, denen wir das Ergebnis unserer Ermittlungen mitteilen. Bis dahin müssen Sie sich aber noch etwas gedulden. Und jetzt Vorsicht bitte, ich schließe das Fenster, achten Sie auf Ihre Nase.«
Damit fuhren sie weiter.
Im Rückspiegel sah Berger die große Enttäuschung in Kathi Neuhausers Gesicht.
33 Die Fahndung nach Radomir Palić lief auf Hochtouren. Er wurde noch immer im Kleinwalsertal vermutet, konnte aber auch längst zu Fuß über die Berge entkommen sein. Die Suche wurde im Hochtannberggebiet und dem gesamtem Hinteren Bregenzerwald ebenso forciert wie auf deutscher Seite.
Paul Wanner dachte darüber nach, wie er sich an Palić’ Stelle verhalten hätte. Er hätte wahrscheinlich damit gerechnet, dass die Fahndung im weiten Umkreis ausgedehnt würde. Was hätte also nähergelegen, als sich ein Versteck zu suchen, das unweit des Tatortes lag, um dort die Beruhigung der Lage abzuwarten? Er musste noch im Tal sein. Aber wo?
Wanner besprach seine Überlegungen mit Alex und Eva. Beide stimmten ihm zu.
Alex Riedle schlug vor, bei der Gemeinde Mittelberg nachzufragen, ob es in ihrem Bereich Pensionen oder Hotels unter serbischer Leitung gäbe. Vielleicht hatte sich Palić ja dort verkrochen!
Wanner wiegte den Kopf. »Ich glaub zwar nicht, dass uns das weiterbringt, aber ruf ruhig mal an.«
Bevor jedoch Alex zu seinem Telefon greifen konnte, klingelte Wanners Apparat.
Er hob ab und hörte eine Weile zu, dann sagte er: »Das ist ja eine Sache! Danke, Florian, also ist er entweder noch im Kleinwalsertal oder bereits zu Fuß über die Berge verschwunden. Wir waren gerade am Rätseln, wo er sich bei euch so verstecken kann, dass man ihn bisher noch nicht gefunden hat. Wir sind auch der Meinung, er würde seine Ware nur im äußersten Notfall im Stich lassen. Jetzt aber, wo ihr den Wagen gefunden habt, sind wir fast sicher, dass er noch in der Nähe ist. Befragt mal die Wirte der umliegenden Berghütten, ob ihnen was aufgefallen ist. Schick jemand mit einem Foto von Palić hin! In der Zwischenzeit nehmen wir uns die Stark vor. Eva und ich sind in einer Stunde bei dir, dann suchen wir sie in ihrer Praxis auf. Jetzt muss Bewegung in die Geschichte kommen! … Passt es dir? Okay, dann also bis nachher!«
Wanner wandte sich an die Kollegen. »Sie haben den versteckten Kombi von Palić gefunden, vollgeladen mit technischen Geräten und Apparaten. Sie wollen ihn aber samt der Ware dort stehen lassen und sich auf die Lauer legen. Vielleicht kommt der Palić ja, um nach seinem Wagen zu sehen, dann schnappen sie ihn.«
»Ja, vielleicht«, sagte Riedle zweifelnd.
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