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Ihr Auftritt, Mr. Pringle!

Ihr Auftritt, Mr. Pringle!

Titel: Ihr Auftritt, Mr. Pringle! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Livingston
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mußte eingreifen, ihm ihren Willen
aufzwingen. Alle warteten, bewegten sich unruhig, und in diesem kleinen
Augenblick flüsterte Christopher Gordon etwas in Dorothys Ohr.
    Er war groß. Er mußte sich
bücken. Der Kontrast zwischen seiner Vitalität und ihrem Grau hatte etwas
Bösartiges. Er legte einen Arm leicht um ihre Schultern, als gebe ihm der neu
verliehene Status das Recht, liebevoll zu sein. Seine Berührung schmerzte sie
mehr als ihre kranken Knochen, wie ein elektrischer Schlag durchfuhr sie ihren
Körper bis zu den Fußsohlen. Ihr Verstand raste, aber die Berührung seiner Hand
lähmte ihre Zunge.
    Christopher richtete sich auf
und sagte, als habe Dorothy gesprochen und ihm zugestimmt: «Also okay, wir
machen es auf meine Art. Das ist entschieden.» Es war empörend. Sofort erhob
sich ein Sturm der Entrüstung. Im Fernsehen liegt die Panik nur einen
Millimeter unter der Haut. Christopher lächelte alle an, dreist, erregt.
Dorothy starrte ins Leere.
    «Also gut», sagte sie
ausdruckslos. Die Anwesenden erstarrten. Das konnte doch nicht wahr sein!
    Verzweiflung durchflutete
Dorothy, lähmende Hilflosigkeit breitete sich in ihr aus. Ihre Widerstandskraft
war gebrochen, sie war nicht mehr stark genug. Sie wußte, die anderen waren auf
ihrer Seite, sie wollte erklären, aber dazu reichte die Zeit nicht. Es war
schon komisch, daß sie nach so vielen Jahren auf einmal zu spät war. «Also
gut», wiederholte sie völlig ausdruckslos.
    «Jesus weinte!» Der
Nachrichtensprecher Vernon Wilkes, ehemaliger Schauspieler, verbindlicher,
silberhaariger Überlebender so vieler Westend-Komödien, verlor die Nerven und
warf die Manuskriptseiten hin.
    Es war wie ein Stichwort für
dieses leblose Pandämonium. Jene, die nun auf dem Weg waren, um die Mitglieder
der königlichen Familie zu begrüßen, drückten sich an die Wände, als die
Unglücklichen herauskamen, die das Programm machten. Artemis’ Hand zitterte,
als sie die Änderungen niederkritzelte. Rasende Hände zerfetzten blaue
Sendepläne, legten grünes Papier ein und stellten das Kopiergerät auf
Höchstgeschwindigkeit. Papierbögen wirbelten heraus, und mittendrin kroch
Vernon Wilkes auf dem Fußboden herum und rief wie wahnsinnig: «Ich kann die
Schlagzeilen nicht finden.»
    Rupert Asante drückte sich
neben dem Chefbeleuchter an die Wand.
    «Er ist kühl. Das ist so
ziemlich alles, was man zu seinen Gunsten sagen kann, stimmt’s?» Carl
antwortete nicht. Er konzentrierte sich darauf, sich an den Rohren
festzuhalten, um nicht weggefegt zu werden. Trotz des Trubels fuhr Rupert ruhig
fort: «Worum ging es eigentlich heute nachmittag zwischen dir und Christopher?»
Carls blaue Augen starrten ihn ausdruckslos an. Rupert wählte seine nächsten
Worte sehr sorgfältig. «Man hört zu leicht zuviel in diesem Laden vor allem
wenn man nahe an den Fenstern steht. Geräusche werden durch diese
Heißluftkanäle dort unten weitergeleitet.»
    «Ich werde daran denken.»
    «Ich spreche als Freund.»
    Carl nickte. «Sicher.»
    «Ich hoffe wirklich, daß
niemand Malcolm und mich heute gehört hat. Ein ziemlicher Stunk war das.»
Rupert versuchte erfolglos zu grinsen. Carl zog die Augenbrauen hoch. «Worum
ging es? Um dein Bild?»
    «Um das — und um anderes»,
räumte Rupert ein. «Ich kann es kaum erwarten, diesem Laden endlich adieu zu
sagen.»
    «Das ist alles sehr schön für
dich», nörgelte der andere Mann. «Du kannst es dir ja vielleicht leisten, nach
diesem Rummel heute abend. Oh, verdammt!» Die hellen Schuhe des
Chefbeleuchters, eigens für dieses Ereignis angeschafft, trugen plötzlich den
Abdruck des Segeltuchschuhs eines Boten.
    Ich hoffe, du hast recht,
dachte Rupert nervös, lieber Gott, ich hoffe es wirklich.
    Die königlichen Gäste sollten
außen herum über die Nottreppe zur Zuschauergalerie emporsteigen. Rupert war
angewiesen worden, die Treppe für dieses Ereignis zu verhüllen. Es war seine
Chance, und er ergriff sie. Draußen die Metallstufen hatte er mit Teppich
belegt und das Treppengehäuse in Zeltbahnen mit Regency-Dekor gehüllt.
Anschließend hatte er sie mit Seidengirlanden besetzt, die sehr realistisch
gemalte Ansichten von Bath und den neuen Studios sowie ein Bild der wichtigsten
Besucherin des Tages umrahmten. Es war ein herrlich stilvoller Scherz, denn
wenn sie das Ende der Treppe erreichte, würde sie ihrem eigenen Porträt von
Angesicht zu Angesicht gegenüberstehen. Der Hintergrund war zart abgewogen und
rätselhaft, und beim Malen der

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