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Ihr Auftritt, Mr. Pringle!

Ihr Auftritt, Mr. Pringle!

Titel: Ihr Auftritt, Mr. Pringle! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Livingston
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sie
seit 1968. Fragte man ihn, deutete er mysteriös an, er sei in Croyden geboren
und deshalb im Boden verwurzelt. Seine Schuhe waren das bestimmt. Die
Fußbodenheizung setzte aus ihnen Gerüche frei, von denen der Architekt bisher
nur gelesen hatte. Sie stiegen thermisch auf und trafen die Nasenlöcher des
Mannes mit großer Wucht.
    Die beiden Fernsehleute waren
verwirrt. George zeigte mit einem schmutzigen Finger auf das Modell. «Und was
soll das sein?»
    «Es ist das Nachrichtenstudio,
das wir im Komplex Charlotte Street bauen.» Die Stimme des Architekten wurde
durch ein Taschentuch gedämpft.
    George schaute Jack Kemp
ungläubig an, und dieser kam näher. Er hatte am Vormittag im Freien gefilmt und
trug seine übliche Kleidung für draußen, eine Wollmütze mit Bommel, einen
altertümlichen Anorak, über dem an einem Band seine Brille baumelte, und
grellbunte Moonboots. Er griff ins Modell und holte eine Pappfigur heraus. «Wer
ist denn das hier?» fragte er argwöhnisch.
    Das winzige Männchen trug
Blazer, Flanellhose und gestreifte Krawatte. Der Architekt brannte darauf, es
ihm zu erklären. Sein Büro sei stolz darauf, daß die Details stimmen. Sie
hätten sich für einen Absolventen des Winchester College entschieden, denn schließlich
sei Bath & Wells eine Regionalgesellschaft.
    «Das hier ist der
Programmregisseur», antwortete er stolz.
    Zuerst sah es aus, als würde
Jack Kemp weinen, aber er fluchte. Er ging mit der Pappfigur zum Fahrstuhl.
George folgte ihm. Der Architekt protestierte, aber George und Jack ließen sich
nicht beeindrucken. Mit ihrer zusammengenommen fast fünfzigjährigen
Fernseherfahrung erkannten sie den Ernst der Lage.
    Rupert Asante meditierte in
seinem Nest in der obersten Etage. Er öffnete instinktiv das Fenster, als
George eintrat. Jack stellte das Männchen mitten auf das Reißbrett. «Rate mal,
wen dieser kleine Scheißer vorstellen soll?»
    Rupert machte ein langes
Gesicht. «Produzieren wir einen neuen Agatha-Krimi?»
    «Nein. Dies — dies ist ein
Fernsehregisseur. Und sie bauen ein dazu passendes Studio.» Diesmal füllten
sich Jacks Augen wirklich mit Tränen. «Es sind sogar Topfpflanzen darin.»
    «Der springende Punkt ist»,
sagte George, «was unternehmen wir dagegen?»
    Gerade noch rechtzeitig
entwarfen sie ein Alternativkonzept. Der Verwaltungsrat erwog es, stellte fest,
daß die Baukosten nur halb so hoch sein würden wie die des ursprünglichen
Plans, und akzeptierte.
     
     
    Montag, 2. April 1984, 17.58:30
Uhr
    Im Regieraum war mit den Lampen
etwas nicht in Ordnung. Sie erloschen plötzlich. Das einzige Licht kam jetzt
von der Reihe der Monitoren.
    «Noch eineinhalb Minuten bis
zur Sendung.»
    Es blieb keine Zeit, sich
aufzuregen. Irgendein anderer würde feststellen müssen, was da nicht stimmte.
Dorothy gab einen Befehl; einer der Journalisten eilte zum Wandtelefon.
    «Gut.» Christophers Stimme war
angespannt vor Aufregung. «Es gilt der grüne, ich wiederhole, der grüne
Sendeplan.» Es folgte ein allgemeines Gemurmel, als sich die Menschen in der
Dunkelheit bemühten, einander zu erkennen.
    «Wir rufen Programmpunkt 10
nach 7 ab», rief Christopher, «weil 8 und 9 jetzt in Reserve sind. Oder
vielmehr wird Artemis 10 nach 7 abrufen.»
    «Oh, nein!»
    Normalerweise ruft der
Programmregisseur die Änderungen ab, damit sich die Programmassistentin auf ihr
Timing konzentrieren kann. Aber Christopher hatte erst wenige Wochen Regie
geführt und bereits eine Menge Fehler begangen. An diesem Abend wollte er einem
anderen die Schuld zuschieben. Er lächelte rachsüchtig im Halbdunkel. «Ich bin
mir sicher, Sie schaffen es, Artemis. Schließlich sind Sie lange genug in
diesem Job.»
    «Mistkerl», murmelte jemand im
Hintergrund.
    Christopher beugte sich über
den Schreibtisch, um mit angestrengten Augen im Licht der Monitore den
Sendeplan zu lesen. «Kamera zwei — schneller Schwenk vom Stadtplan auf
Einstellung drei», rief er.
    «Verstanden. Wollen Sie die
obere Hälfte des Stadtplans oder was?» Die Fragen des Teams kamen gedrängt und
schnell über die Gegensprechanlage, weil die Zeit so knapp war.
    Artemis drückte auf einen
Knopf. «Hallo, Themse, hier ist Bath & Wells...»
    «Gott sei Dank!» Die Stimme aus
Euston klang gereizt. «Seit zehn Minuten versuche ich, euch zu erreichen...»
    «Tut mir leid», rasselte
Artemis herunter, verzweifelt bemüht, ihr Manuskript zu markieren. Sie
verlangsamte bedächtig ihre Stimme. «Bestätigung, wir sind von achtzehn

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