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Ihr Auftritt, Mr. Pringle!

Ihr Auftritt, Mr. Pringle!

Titel: Ihr Auftritt, Mr. Pringle! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Livingston
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Namen
in die Police einzutragen. Daher hielt es die Versicherung für angemessen, daß
statt dessen seine Witwe das Geld erben sollte. «Ich kann mich nicht dazu
aufraffen, sie zu bedauern, Mr. P., wer es auch sein mag. Schließlich muß sie
eine Menge Spaß mit ihm gehabt haben, als er noch lebte, im Gegensatz zu mir.
Und ich habe ja allen nach der Beerdigung ein köstliches Essen spendiert.»
    Herbert Bignall war unter den
Augen vieler Zeugen beigesetzt worden. Da Mrs. Bignall wußte, wie
unwahrscheinlich es sein würde, daß seine Verwandten kamen, hatte sie die
Einladungen in andere Richtungen verschickt. Sie benutzte Herberts kleines
schwarzes Telefonbuch und füllte so drei Stuhlreihen in der Kirche.
    «Man konnte sehen, wo er in all
den Jahren angehalten hatte — die ganze A i rauf, von dort kamen sie nämlich —
, als er seine Vertreterbesuche machte. Und die Worte des Geistlichen paßten
genau: Genau das waren wir,
Schafe. Aber wir haben den Wolf beerdigt.»
    Die Versicherungssumme war
nicht hoch, aber sie verhalf Mrs. Bignall dazu, sich einen Traum zu erfüllen.
«Ich werde mir einen kleinen Wagen kaufen, einen neuen. Ich habe noch nie einen
eigenen gehabt.»
    «Was für eine wunderbare Idee.»
    «Was hältst du von einem
kleinen Urlaub, Mr. P.? Nur wir beide, damit ich den Wagen einfahren kann?»
    Also kutschierten die beiden
bei strahlendem Aprilwetter westwärts. Ihre Beziehung zueinander war
freundschaftlich. Mr. Pringles Ehe war glücklich gewesen, und Mavis ähnelte in
keiner Weise seiner geliebten Renée. Vielleicht kam sie gerade aus diesem Grund
nicht in Konflikt mit seinen Erinnerungen. Beide schätzten sie ihre
Unabhängigkeit. Mr. Pringle ging wöchentlich einmal ins Bricklayers, wo
Mavis stundenweise hinter der Bar arbeitete, weil sie gern in Gesellschaft war.
Nach der Polizeistunde begleitete er sie nach Hause zu einem, wie sie es
nannte, «kleinen Abendessen und so weiter». Manchmal fuhren sie über das
Wochenende nach Bournemouth, wenn das Wetter schön war, und bei diesen
Gelegenheiten, wie auch der gegenwärtigen, stellte Mr. Pringle häufig fest, daß
er nicht annähernd so alt war, wie er fürchtete, was ihn sehr befriedigte.
    Als sie in Bath eintrafen, war
Mr. Pringle sehr zufrieden mit sich und der Welt. Lämmer hüpften auf den Weiden
herum, und ihm wurde der Mund wässerig bei dem Gedanken an Braten und grüne
Erbsen. Bei dem Gedanken an Mavis Bignall rauschte der Lebenssaft in seinen
Adern. In unbesonnener Ausgelassenheit hob er den Blick zu einem stillen Dank
an Herbert Bignall, der dies alles ermöglicht hatte. Zweifellos hatte er damit
die Vorsehung beleidigt, denn am nächsten Morgen beim Frühstück lernte er die
Fernsehrealisatorin kennen.
    Mr. Pringle und Mrs. Bignall
wohnten bei Florence Pugh, einer Schulfreundin von Mavis und wie sie Witwe.
Mrs. Pugh führte in der Prior Park Road eine Bed-and-Breakfast-Pension. Die
Realisatorin bewohnte eines der Zimmer im Dachgeschoß. Sie war eine
unordentliche junge Frau und, wie Mr. Pringle feststellte, beim Essen höchst
unattraktiv. Sie klatschte Orangenmarmelade auf ihren Toast und erläuterte
dabei die Bedeutung des königlichen Besuchs.
    Mr. Pringle meinte dazu, es
müsse für Baths neue Fernsehstudios großartig sein, auf diese Weise gestartet
zu werden. Die Realisatorin schluckte nicht einmal, als sie ihm zu
widersprechen begann. Der heutige Tag wäre schon richtig gewesen, hätte ein
stupides Management nicht darauf bestanden, daß er wie jeder andere Montag
behandelt werde. Deshalb müsse das Programm heute abend auf die Minute genau
abgestimmte Themen enthalten — und sie müsse einen Experten finden, der die
vorgeschlagenen Steueränderungen kommentiere.
    «Das Thema wird nur ein Füllsel
sein. Teil zwei wird alles über das wundervolle Bath & Wells
Television bringen und damit enden, wie das Mitglied der königlichen Familie
die Erinnerungstafel enthüllt, aber Teil eins soll aktuelle Themen behandeln.»
    In diesem Augenblick machte
Mrs. Bignall den verhängnisvollen Fehler, Mr. Pringles früheren Beruf
kundzutun. Die Realisatorin stürzte sich auf ihn. «Das ist großartig! Ich
meine, ich war schon bereit, mich mit dem allerletzten an Fachmann zu begnügen,
und jetzt sind Sie da — das ist verdammt absolut wunderbar! Sie verstehen vermutlich die Steueränderungen. Ich nicht.» Sie spürte, daß er ablehnen
wollte, und ergriff ihn, den Toast noch in der Hand, am Ärmel.

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