Ihr Freund, der Ghoul
woanders. Ich kannte mich zwar auf dem Gelände nicht sehr gut aus, wusste jedoch, welche Richtung ich einzuschlagen hatte. Ich machte in dem eingezäunten Areal praktisch einen Rundgang.
Das hatte ich auch vor. Allein stampfte ich durch die Finsternis. Hin und wieder schimmerte weißblau das Licht einer Lampe. Feine Dunstschwaden trieben durch die hellere Insel.
Ich dachte nur an den Ghoul. So etwas hatte ich noch nie in meinem Leben gesehen. Dieses gewaltige Monster, das eine riesige Schleimfläche bildete, die unter Umständen auch andere Gestalten annehmen konnte, wie ich aus Erfahrung von den normalen Ghouls her wusste.
Der Leichengeruch wurde schwächer. Frischer Westwind sorgte dafür, aber ganz konnte er ihn auch nicht vertreiben. Noch schmeckte ich diesen penetranten Gestank, es war einfach widerlich. Bisher hatte der Ghoul nur einen kleinen Teil seiner gewaltigen Kraft und Macht gezeigt. Wenn er einmal loslegte, waren zahlreiche Menschen verloren. Aber weshalb wollte er das tun? Woher kam dieses Wesen? Auch Dämonen erschienen nicht einfach so. Sie hatten ebenfalls ein Motiv. Jemand musste den Anstoß gegeben haben. Das wollte ich herausfinden.
Während meiner Wanderung ließ ich die Umgebung nicht aus den Augen. Ich schaute auch zu Boden, wo mir hin und wieder die dunkleren Kreise auffielen. Es waren Gullydeckel. Dem Ghoul machte es nichts aus, sie regelrecht wegzusprengen. Soviel Kraft besaß er immer. Wahrscheinlich hatte er schon jahrelang unter diesem Gelände gelebt und nur auf eine günstige Chance gewartet, die sich ihm jetzt aufgetan hatte.
Wieviel der Strecke schon hinter mir lag, wusste ich nicht. Aber ich blieb plötzlich stehen, denn weit vor mir, entfernungsmäßig kaum abzuschätzen, sah ich etwas in den Himmel steigen. Es drang vom Erdboden her in die Höhe. Zunächst hielt ich es für einen dunklen Schatten, bis dieses Gebilde plötzlich Konturen und Umrisse annahm. Ich sah einen Kopf. Unheimlich, gewaltig. Ein massiges Gebilde, zu vergleichen mit einem riesigen Denkmal. Nur bestand dieses Gebilde vor mir nicht aus Stein, sondern aus Schleim, und es war der Ghoul, der eine menschliche Gestalt angenommen hatte.
Haushoch vergrößert, so dass die Bezeichnung Riese voll auf ihn zutraf…
***
Wenn der Weihnachtsmann erscheint, leuchteten die Augen der kleinen Kinder wie Sterne. So ähnlich sah auch Eve Bennett aus, als sie den Ghoul anstarrte.
Sie konnte es kaum fassen. Sie stand unter einer ungemein starken Spannung, und gleichzeitig durchströmte sie eine freudige Erwartung. Ihre Augen glänzten, der Mund war zur Hälfte geöffnet, dünn floss der Atem über ihre Lippen, die Hände hatte sie geballt und spürte den kalten Schweiß auf ihren Handflächen.
Der Ghoul zeigte sich ihr!
Bisher hatte sie ihn nur als aufgeschwemmtes, schleimiges Wesen gesehen, das in den Tiefen der Erde hauste. Jetzt aber stand er vor ihr, und er hatte menschliche Gestalt angenommen, zwar vergrößert, aber sie konnte etwas mit ihm anfangen, er war ihr nicht mehr so fremd. Auf den breiten, grünlich schimmernden Schleimschultern saß ein kurzer Hals mit einem haarlosen schleimigen Kugelkopf darauf. Sogar Augen konnte das Mädchen erkennen. Sie wirkten wie gelbe Steine, die ein breiter Daumen in die Masse hineingedrückt hatte. Die Nase folgte. Eine klumpige Masse, angeklebt, zitternd, so dass es den Anschein hatte, sie würde jeden Moment zusammenfallen. Darunter begann der Mund. Ein gebogener Strich, von einer Kinnhälfte zur anderen. Der Ghoul stand zwar ruhig, er befand sich trotzdem in Bewegung. Irgend etwas zitterte immer an ihm. Die Umrisse zerflossen, neuer Schleim bildete sich, anderer wurde ausgepresst und lief in langen Bahnen an dem grünen Körper herab.
Ein ekliges, widerliches Wesen, aber für das Mädchen die Erfüllung überhaupt.
Sie streckte beide Arme aus, als wollte sie die massige Gestalt umfangen, und der Ghoul schien die Bewegung genau registriert zu haben, denn er setzte sich in Bewegung.
Obwohl er so groß und massig war, hörte das Mädchen kein Geräusch. Eve wusste aber, dass der Super-Ghoul ein Ziel hatte. Er wollte zu ihr kommen und sie in seine schleimigen Arme schließen. Darauf wartete sie.
Er und sie waren Freunde. Das mussten sie einfach sein, denn das Schicksal hatte eine Brücke geschlagen. Keiner wusste über ihr Verhältnis Bescheid, es war von der Mutter auf die Tochter vererbt worden. Sie, Eve, war jetzt die Freundin des Ghouls, der so lange Zeit unter der Erde
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