Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ihr Kriegt Mich Nicht!

Ihr Kriegt Mich Nicht!

Titel: Ihr Kriegt Mich Nicht! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
Nachbarhäuser, die ein Stück weiter unten lagen, sahen genau gleich aus. Zwischen ihnen erhob sich ein hoher Bretterzaun, als würde das eine Haus das andere nicht ertragen. Neben den Haustreppen waren Tretschlitten abgestellt.
    In welche Richtung lag zu Hause?
    Den Mond erkannte er wieder. Doch das war alles.
    Ein runder, seltsamer Vogel landete hoch oben in einer Birke. Aber war das überhaupt ein Vogel? Er sah eher aus wie ein kleiner Troll. Ein fliegender Troll? Nein, er erinnerte mehr an ein Tier als an einen Vogel. Allerdings sind Vögel ja auch Tiere. Aber der hier war …
    Die Treppe knarrte. Mik wendete den Blick zur Tür. Hier in der Dachkammer konnte sich niemand an ihn anschleichen. Die Treppe warnte ihn. Aber wenn sie knarrte und niemand kam – dann spukte es. Die Schritte waren fast oben. Er sah denTürgriff an und dachte: Wenn jemand kommt, ohne dass es knarrt – dann ist es ein Gespenst.
    Der Türgriff wurde nach unten gedrückt, die Tür ging auf, und Lena kam herein, ein Tablett mit zwei Käsebroten und einem großen Glas Milch in den Händen.
    »Du hast den ganzen Tag nichts gegessen. Bist ja bloß Bus gefahren. Das hab ich ganz vergessen.«
    Sie stellte das Tablett auf den Schreibtisch und hockte sich neben Mik ans Fenster.
    »Ist das nicht schön?«, sagte sie leise im Dunkeln, wie um all das Schöne nicht zu stören. »Ich liebe dieses Dorf. Es ist klein, und alle wissen alles über jeden. Zumindest glauben sie das. Ich wohne jetzt seit sieben Jahren hier und werde wahrscheinlich bleiben.«
    »Im Baum sitzt ein fliegender Troll. Soll das so sein?«
    Lena lachte.
    »Nein, das ist eine Sperbereule. Die sitzt oft da. Kommt spätabends auf ein Stündchen vorbei und passt auf mich auf. Sie schaut nach, ob alles okay ist, dann fliegt sie weiter. Also, iss.«
    Mik nahm ein Brot. Er kaute und beobachtete die Eule.
    In dem einen Haus hinter dem hohen Bretterzaun ging das Licht an.
    »Gleich kommt Bertil mit dem Nachttopf heraus.«
    Die Tür ging auf. Ein alter Mann erschien auf der Treppe und leerte einen Nachttopf auf den Schneehaufen neben der Tür. Dann ging er wieder ins Haus.
    »Er hat Probleme mit dem Pinkeln«, sagte Lena. »Pinkelt wenig, aber oft.«
    »Hat er kein Klo?«
    »Doch.«
    »Warum pinkelt er dann in einen Nachttopf?«
    Lena lachte leise.
    »Ich weiß nicht. So ist er halt.«
    Das Licht wurde gelöscht, und kurz darauf ging es in dem anderen Haus hinter dem hohen Bretterzaun an.
    »Jetzt kommt Bengt mit dem Nachttopf.«
    Die Tür ging auf. Ein alter Mann trat auf die Treppe und leerte einen Nachttopf auf den Schneehaufen neben der Tür.
    »Hat der auch Probleme mit dem Pinkeln?«, fragte Mik.
    »Ja.«
    »Und er hat auch ein Klo und ist halt so?«
    »Genau«, sagte Lena. »Die beiden sind Zwillinge, haben aber seit dreißig Jahren kein Wort miteinander gesprochen.«
    »Warum denn?«
    »Alte Knacker eben. Wahrscheinlich geht’s um irgendeine Elchjagd oder eine Waldteilung oder ein Fischereirecht, auf das sie sich nicht einigen können. Und bis das geklärt ist, können Hunderte von Jahren vergehen.«
    »Jetzt wird mir einiges klar«, sagte Mik. »Ich hab heute zweimal denselben alten Mann gesehen. Erst hat er Hechte zum Konsum gebracht, und dann kam er noch mal und brachte Hechte für den ICA-Markt. Aber in Wirklichkeit waren es zwei.«
    »Ja«, sagte Lena. »Die Gebrüder Selström.«
    »Die Probleme mit dem Pinkeln haben.«
    »Ja, und sie unterscheiden sich nur dadurch, dass der eine noch ein bisschen durchgeknallter ist als der andere.«
    Lena lachte wieder. Sie lachte oft. Das gefiel Mik, und außerdem roch sie gut. Er verdrückte das letzte Brot und trank die Milch aus.
    »Und jetzt ab mit dir ins Bett! Morgen geht’s in die Schule.«
    Die Sperbereule war verschwunden. Mik hatte nicht gesehen, wie sie davonflog. Er kroch ins Bett und zog die schwere Decke über sich. Lena nahm das Tablett.
    In der Tür drehte sie sich um und sagte: »Ein Junge im Haus, das ist schön.«
    Sie sahen einander eine Weile an. Dann lächelte sie.
    »Der Mond dort droben und hier im Zimmer ein Junge. Das ist schön.«
NEU IN DER SCHULE
    Als Mik aufwachte, wusste er zuerst nicht, wo er war. Dann breitete sich bohrende Unruhe in seinem Bauch aus.
    Die Schule. Er war der dreizehnte Schüler.
    Sie würden ihn in Stücke reißen. Ihn einseifen. Hier gab’s wirklich genügend Schnee zum Einseifen. Und dann würden sie ihm Eisbälle in die Augen pfeffern. Er zog sich an und ging nach unten. Lena hockte vor

Weitere Kostenlose Bücher