Ihr letzter Tanz
ein verdammt langer Tag gewesen.
Sie spielten Musik, die die gesamte Bandbreite der Tänze abdeckte. Die Lehrer tanzten zunächst mit den Schülern, und sogar Gordon kam dazu. Dann tanzten die Schüler untereinander, was Shannon immer sehr genoss. Die Fortgeschrittenen halfen den Anfängern. Mal forderten die Männer die Frauen auf und dann wieder baten die Frauen die Männer um einen Tanz. Die erfahreneren Tanzschüler nahmen sich der Neulinge an und gaben ihnen mit Fragen zu ihrer Person das Gefühl, wirklich dazuzugehören und willkommen zu sein.
Früher hatten viele Leute Tanzschulen mit Singleclubs verglichen, aber Shannon hatte in ihrer Zeit als Managerin immer wieder klargestellt, dass dies nicht der Fall war. Vielmehr war eine Tanzschule ein freundlicher Ort, an dem Menschen zusammenkamen, die ihren Spaß haben und neue Freunde finden wollten, auch wenn sie schon ein ausgefülltes Leben hatten. Sie fand, sie hatte gute Arbeit geleistet, um dieses verstaubte Vorurteil auszuräumen. Außerdem war sie stolz auf das Studio – bislang zumindest, denn seit kurzem machte ihr der Platz Angst, da er sich in einen Ort der Angst und des Schreckens verwandelt zu haben schien.
Nach den ersten Tänzen setzten sich alle Schüler hin, damit üblicherweise sie, Gordon oder Ben ein paar Worte über das Tanzen sagten. Heute war Shannon an der Reihe. Sie sprach darüber, wie verlegen manche Schüler waren, wenn sie zum ersten Mal herkamen, um tanzen zu lernen. Sam und Jane spielten parallel dazu ein Paar, das zur ersten Unterrichtsstunde kam. Jane musste Sam am Ohr packen und ihn hinter sich her in die Tanzschule schleifen. Dort angekommen traten sie sich erst gegenseitig auf die Füße und stritten sich. Mit jeder Stufe wurden sie ein wenig besser, bis sie über das Parkett wirbelten und von den anderen mit tosendem Applaus bedacht wurden.
Gordon kam zu ihr und übernahm das Mikrofon. „Und jetzt darf einer der neuen Schüler sagen, welchen Tanz er sehen möchte.“
„Bolero!“ rief Mina Long.
„Ich sagte ,ein neuer Schüler‘“, gab er lachend zurück.
Shannon erschrak, als sich Quinn O’Casey zu Wort meldete. „Einen Walzer. Ich möchte gern Shannon einen Walzer tanzen sehen.“
„Ja, Shannon, mach das!“ rief sein Bruder sofort, und die anderen im Raum stimmten im nächsten Moment mit ein.
Ehe sie sich versah, stand Ben vor ihr und hielt ihr lächelnd seine Hand hin.
Sie nahm sie, da ihr nichts anderes übrig blieb.
Nach all den Jahren kannte sie ihn so gut. Sie wusste, wie er führte, sie kannte seine Eigenheiten. Sie vergaß das Publikum um sich herum und war sich nur der Musik und deren Wirkung bewusst.
Als die letzten Klänge verklungen waren, erschrak sie ein wenig, da sie merkte, dass sie die Pose angenommen hatte, wie sie nach einem Wettkampf üblich war – nämlich rücklings über sein Knie gebeugt, den Kopf fast auf dem Boden, ein Bein parallel zu seinem Körper ausgerichtet.
Das Publikum brach in Jubel aus. Sie nickte Ben zu, richtete sich auf und nahm Gordon das Mikrofon aus der Hand.
„Wie wäre es mit einem Tempowechsel?“
„Samba!“ rief Marnie.
„Hey, darf ich den Lehrer spielen?“ fügte Gunter an.
„Natürlich“, antwortete Shannon.
Er ging zu Jane und führte sie auf die Tanzfläche. Unterdessen suchte Gordon die entsprechende CD aus. Als die Musik einsetzte, machte Gunter einen Schritt nach vorn. Jane lag in seinen Armen.
Shannon begann in die Hände zu klatschen, um die anderen zum Mitmachen zu animieren. Es war eine flotte Samba, das Paar war gut aufeinander abgestimmt und bewegte sich mit genau dem richtigen Tempo über die Tanzfläche. Als das Stück vorüber war, ließ Gunter Jane sich so an seinem ausgestreckten Arm drehen, dass sie sich vor ihrem Publikum verbeugen konnten.
Plötzlich richtete Jane sich auf, und einen Moment lang war ihre Miene schmerzverzerrt, dann brach sie zusammen.
„Was …!“ rief jemand aus.
Jane schrie auf, presste sich die Hände auf den Bauch und fiel vornüber zu Boden.
„Oh Gott, diese Schmerzen!“ stieß sie hervor.
Das war keine Schauspielerei – Jane hatte Todesangst.
Niemand sagte einen Ton.
„Ella, ruf einen Krankenwagen“, rief Shannon, die sich als Erste von dem Schock erholt hatte und sich neben Jane kniete. „Was ist? Was tut dir weh?“
Gunter und Gordon ließen sich zu Shannon und Jane auf den Boden nieder, während Ben dafür sorgte, dass die anderen sich nicht auch noch um sie scharten.
Jane schrie
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