Ihr Pferd ist tot - Steigen Sie ab
unruhig, fühlen uns unter Spannung und innerlich unter Druck, wollen handeln (An griff ) oder fühlen uns passiv bis versteinert (Totstellen), möglicherweise funktioniert die Verdauung schlecht, und unser Immunsystem kollabiert bei jeder kleinen Virusattacke. Unsere Wahrnehmung ist bis zum Tunnelblick eingeengt und richtet sich nur noch auf das, was uns Angst macht. Der letzte Punkt ist wichtig, weil er besonders kontraproduktiv ist: Anstatt dass wir jetzt erst recht möglichst breit nach vielen beruflichen Alternativen suchen, sehen wir nur, was wir ohnehin schon kennen und fürchten: »Ich darf nur nicht arbeitslos werden«, »Ich kann doch kaum etwas« oder »Der Arbeitsmarkt gibt mir keine Chance«. Je größer unser Stress ist, desto mehr fokussieren wir darauf, was uns so viel Angst und damit Stress bereitet – ein sehr stabiler Teufelskreis!
Wenn wir davon ausgehen, dass hinter den meisten Strategien des inneren Widerstands eine Angst lauert, wird deutlich, warum sie so stabil sind: Durch den stressbedingten Tunnelblick sehen wir nur solche Ausschnitte der Welt, die unsere Ängste bestätigen und bestärken. Und schließlich glauben wir tatsächlich: »Ich kann nichts, ich weiß nichts, andere denken schlecht über mich, es klappt sowieso nicht, der Arbeitsmarkt ist gegen mich …« Ist es ein Wunder, wenn wir auf diese negativen Annahmen unseres inneren Widerstands starren wie das Kaninchen auf die Schlange? Solange wir von Säbelzahntigern bedroht werden, mag es sinnvoll sein, sich nicht zu bewegen, bis die Gefahr vorüber ist. Steht dagegen die (Berufs-)Welt vor meiner Tür mit all ihren Möglichkeiten und Herausforderungen, und möchte mein Wunsch nach Veränderung sie liebend gern hereinbitten, hat es absolut keinen Sinn, sich totzustellen! Sich an seinem toten Pferd festzuklammern, ist aber genau das: eine Totstellreaktion.
|82| Das Prinzip Vermeidung
Wenn wir uns mit etwas, das uns Angst macht, nicht auseinandersetzen mögen, bietet sich das Prinzip Vermeidung an: Anstatt mich der möglichen Gefahr langsam zu nähern, sie auszukundschaften und herauszubekommen, wie ich am besten mit ihr umgehen kann, mache ich lieber einen Bogen um sie. Mit welchen Argumenten wir dies tun, haben wir ja gesehen. Das Dumme an der Vermeidung ist nur: Sie verstärkt sich selbst und wird damit immer stärker.
Um Ihnen dieses Prinzip zu erklären, möchte ich auf das Beispiel der Spinnenphobie zurückgreifen: Jemand hat – warum auch immer – Angst vor großen, haarigen Spinnen. Er wird jede Begegnung vermeiden und einen Bogen um große, haarige Spinnen machen. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass der Bogen mit der Zeit größer wird, der Phobiker sich bald auch vor kleineren, unbehaarten Spinnen fürchtet und es irgendwann nicht einmal mehr aushält, auch nur im selben Raum mit so einem Tier zu sein. Die Angst wird scheinbar immer größer.
Warum ist das so? Sein Gehirn interpretiert jede vermiedene Begegnung als Erfolg – denn es ist ihm ja nichts geschehen. Er hat es überlebt. Es ist nur logisch, dass die Bereitschaft, dieses Verhalten zu wiederholen, immer größer wird – nach dem englischen Sprichwort »Nothing succeeds like success« (»Nichts ist so erfolgreich wie der Erfolg«). Was
nicht
logisch ist: Dass von der Spinne überhaupt keine Gefahr ausgeht, spielt dabei gar keine Rolle! Solange wir unbeschadet aus einer Situation herauskommen, sagt das Gehirn: »Super gelaufen, das machen wir das nächste Mal wieder!«
Im letzten Kapitel habe ich Ihnen ja bereits erklärt, wie das Gehirn generell am Gewohnten festhält (Autobahn!). Und so wird ein Vermeidungsverhalten immer stabiler und steigert sich womöglich noch, indem es auf immer mehr Auslöser immer stärker reagiert.
|83| Die Angst am Rande unserer Komfortzone
»Wir sind immer auf dem Wege und müssen verlassen,
was wir kennen und haben, und suchen,
was wir noch nicht kennen und haben.«
Martin Luther
Innerhalb unserer Komfortzone liegt alles uns Vertraute: was wir über uns selbst wissen und glauben, wer wir in unseren Augen sind, wie wir meinen, dass andere uns sehen und was uns zusteht und was nicht. Solange wir uns in diesem Bereich aufhalten, gibt es keine Überraschungen, es ist bequem, und nichts fordert uns heraus. Wenn wir uns im beruflichen Abschnitt dieser kleinen, behaglichen Welt nicht mehr wohlfühlen, sondern langweilen, werden wir mit Sicherheit
innerhalb
unserer Komfortzone nichts entdecken können, das frischen Wind in unser
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