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Ihr Pferd ist tot - Steigen Sie ab

Ihr Pferd ist tot - Steigen Sie ab

Titel: Ihr Pferd ist tot - Steigen Sie ab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Diesbrock
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Strafe, zum Beispiel weil wir uns unserer Verantwortung entziehen, nur an unsere eigenen Vorteile denken oder weil wir uns zu sehr in den Mittelpunkt stellen.
    |79| Im Kern drehen sich diese Ängste um die Möglichkeit einer existenziellen Bedrohung. Es ist schon paradox: Unsere westliche Gesellschaft hat einerseits – historisch gesehen – ein Höchstmaß an Sicherheit für ihre Bürger geschaffen. Ganze Industrien und der Staat sind dafür zuständig, uns Absicherung zu schaffen. Wir könnten diese Absicherung als Grundlage für individuelle Initiativen und unsere Selbstverwirklichung nutzen, denn wir haben ja ein Netz, das uns auffängt, wenn etwas schiefgeht. Aber diese Freiheit nehmen sich die wenigsten von uns. Ganz im Gegenteil: Mir scheint, dass wir nur einen anderen Bezug zu Risiken bekommen haben, dadurch eher ängstlicher sind und dazu neigen, auch kleinste Gefahren eher zu überschätzen.
    Wenn Sie sich gerade mit Ihrer beruflichen Neuorientierung beschäftigen, werden Sie höchstwahrscheinlich dabei mit Ängsten konfrontiert. Wahrscheinlich haben Sie inzwischen Mechanismen des inneren Widerstands bei sich entdeckt. Dann ist es sinnvoll, nach dahinterliegenden Ängsten zu schauen. Lassen Sie uns einen Blick auf den Zusammenhang von Angst, Stress und Wahrnehmung werfen.
    Wie aus Angst Stress wird
    »Der Mensch ist ja als Angstwesen konstruiert. Wir sind gewissermaßen
die evolutionären Erben der Ängstlichen. Diejenigen, die zu viel Mut hatten,
sind irgendwann dem Säbelzahntiger zum Opfer gefallen.«
    Matthias Horx im Interview mit t-online.de
    Beginnen wir ganz archaisch: Stellen Sie sich vor, so ein Säbelzahntiger steht vor Ihnen und zeigt sein kulinarisches Interesse. Auch als noch so mutiger Zeitgenosse werden Sie Angst und Panik fühlen. Bevor Ihr Großhirn dazu kommt, die Situation überhaupt zu erfassen, hat Ihr Körper schon reagiert: Blutdruck und Herzfrequenz werden gesteigert und Blut in die Muskeln gepumpt, der Muskeltonus steigt, alle nicht unmittelbar nötigen Systeme wie Verdauung oder Immunsystem werden heruntergefahren und ein Cocktail von Hormonen und Transmittern wie Adrenalin und Cortisol ins Blut ausgeschüttet. |80| Ihre Aufmerksamkeit konzentriert sich komplett auf die Gefahr, und alles andere wird außer Acht gelassen.
    Diese Reaktion nennt man Stress. Da in der Gefahr vor allem Schnelligkeit zählt, wird das Stresssystem von Gehirnzentren unterhalb des komplizierten und viel zu langsamen Großhirns gesteuert. Deshalb haben wir auch wenig Möglichkeiten, bewusst Einfluss auf eine spontane Stressreaktion zu nehmen. Zur Verfügung stehen uns generell drei Verhaltensweisen: Kampf, Flucht oder Totstellen – wie wir reagieren, ist vom Stressauslöser, von unseren Erfahrungen und unserer Persönlichkeit abhängig.
    Ein hervorragendes System! Solange es sich um unmittelbare Bedrohungen wie Säbelzahntiger oder auf uns zurasende Lkw handelt. Nur sind solche Gefahren eher selten in unserem täglichen Leben. Und wir verwenden es leider auch für Herausforderungen ganz anderer Art – und für die taugt es weit weniger gut. Zum Beispiel stellen wir uns tot, wenn uns ein Brief vom Finanzamt »bedroht«, und ignorieren ihn ganz einfach. Oder ein kritisches Wort unseres Partners wird als Angriff interpretiert und umgehend mit einem Gegenangriff beantwortet, bevor wir auch nur darüber nachdenken. Oder wir blasen schon innerlich zum Rückzug, wenn der Chef uns nur schräg anschaut. In keinem dieser Fälle haben wir erst einmal nachgedacht, wie wir uns verhalten wollen – aber das ist für unser Stresssystem auch gar nicht nötig.
    Stressfaktor Veränderung
    In uns wächst die Einsicht oder der Wunsch, dass eine berufliche Veränderung unser Leben viel schöner machen könnte und dringend ansteht? Wir
könnten
uns auf die Suche machen, es
könnte
tatsächlich einige gute Alternativen geben – da löst die Möglichkeit, mit Fremdem und Neuem konfrontiert zu werden, auch schon das Alarmsystem aus. Neues ist gefährlich (es könnte ja eine tödliche Bedrohung darin lauern!). Etwas in uns wittert Gefahr und reagiert mit den beschriebenen Stresssymptomen. Allerdings gilt es hier ja nicht, eine |81| spontane Gefahr abzuwehren – wir befinden uns in einem längeren Prozess, sodass die Alarmreaktion nicht abgeschaltet, sondern zu einem schleichenden Stress wird. Und der läuft im Hintergrund ab, ohne dass wir ihn als Stress überhaupt wahrnehmen.
    Die Konsequenzen sind aber dieselben: Wir sind

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