Ihr stolzer Sklave
ungefähr zwei Handbreit. Sie würde Kierans Ansprüchen genügen. Er würde sich ein Stück, so wie er es brauchte, davon nehmen und danach Davins Männer bitten, ihm zu helfen, den Rest aus dem Wald in den Ringwall zu bringen.
„Bleib hinter mit“, wies er Iseult an. Er schwang die Axt, und die Klinge fraß sich mit sattem Klang in die Rinde. Der gleichmäßige Rhythmus des Schlagens beruhigte ihn, und seine Muskeln genossen die Anspannung. Zu Hause hatte er diese Arbeit nicht ausführen dürfen, da man sie als unter seinem Stand betrachtete. Seltsam, dass das Sklavendasein beides bieten konnte, Befreiung und Beschränkung.
Er wechselte zur anderen Seite des Baumes, um ihm jetzt die Richtung zu geben, in die er fallen sollte. Holzspäne flogen, und nach einem leichten Stoß fiel die Eiche krachend zu Boden. Kieran kauerte sich nieder und inspizierte den Baum. Mit der Axt hieb er die Äste ab.
„Kann ich dir irgendwie helfen?“, fragte Iseult.
„Nein, außer du hast noch eine Axt.“ Kieran fuhr fort, das Laub zu entfernen, bis er gefunden hatte, was er suchte. Ohne Eile wählte er sich einen Abschnitt nahe der Spitze des Baumes aus und hackte drauflos, bis er das Stück hatte, das er benötigte.
Der frische Holzgeruch war ein vertrauter Freund. Er hievte sich den Klotz auf die Schulter und winkte Iseult, ihm zu folgen.
Auf dem Rückweg entdeckte er eine Eibe. Er hackte einen der kleineren Äste ab, denn er hatte vor, noch eine weitere Schnitzerei anzufertigen.
Mehr aber konnte er ohne die Hilfe eines Ochsen oder eines Wagens nicht mitnehmen.
Als er zu ihr blickte, erschien sie ihm geistesabwesend. Es kam ihm in den Sinn, dass er sie in den letzten paar Wochen nicht dabei beobachtet hatte, wie sie den Ringwall verließ. „Hast du irgendetwas Neues über deinen Sohn erfahren?“
Sie schüttelte den Kopf. „Ich muss die Sklavenmärkte besuchen. Vielleicht haben sie dort Aufzeichnungen.“
„Nein.“ Entsetzt darüber, dass sie an so etwas auch nur denken konnte, stellte er seine Axt auf den Boden. „Komm so einem Ort nicht nahe. Noch nicht einmal mit Davin.“
„Es ist der einzige Ort, wo ich noch nicht gesucht habe. Wenn es überhaupt eine Chance gibt, Aidan zu finden …“
Sie schien nicht zu verstehen, was er meinte. „Frauen wie du gehören nicht dorthin.“
„Frauen wie ich?“ Sie presste die Lippen zusammen. „Ich habe keine Angst vor Märkten.“
„Das solltest du aber. Schöne Frauen fallen den Händlern ins Auge. Sie verkaufen sie als Buhlen, lassen sie übers Meer wegtransportieren.“ Wieder und wieder hatte er gesehen, wie das geschah. Und die Männer auf den Sklavenmärkten würden nicht zögern, sie zu beschmutzen und ihr wehzutun. Der Gedanke daran ließ Ekel in ihm aufsteigen.
Iseult erbleichte. Endlich verstand sie ihn. „Was soll ich denn dann tun?“ Er nahm die Axt. „Bitte Davin, an deiner Stelle zu gehen. Das fällt in seine Verantwortlichkeit.“
Ihre Augen wurden dunkel vor Kummer. „Er will Aidan nicht finden.“
„Warum?“ Kieran konnte es nicht verstehen. Es war doch wichtig für sie!
Was bedeutete es schon, dass sie das Kind eines anderen Mannes geboren hatte? Es war ihr Sohn.
Sie schüttelte langsam den Kopf. „Ich weiß, dass er mich liebt und dass er ein guter Ehemann sein wird. Aber er möchte die Vergangenheit ruhen lassen.“
„Was ist mit dem Vater des Kindes?“ Kieran hob den Klotz auf die andere Schulter und schob ihn sich zurecht.
„Murtagh wählte einen anderen Weg. Er ist in ein Kloster eingetreten und dort glücklich mit seinem Leben.“
Kieran entdeckte eine Spur von Zorn in ihrer Stimme. „Weiß er von dem Kind?“
„Ja.“ Sie wandte sich ab und starrte in die Ferne. „Und er hat sich entschieden, uns zu verlassen.“
Kieran wusste nicht, was er sagen sollte. Keine Worte konnten ihre verletzten Gefühle heilen. Ein Mann, der seine Verlobte und sein ungeborenes Kind verließ, verdiente keine Frau wie Iseult MacFergus.
Für einen kurzen Moment blieb er stehen, und ohne sie anzublicken, meinte er schulterzuckend: „Ohne ihn bist du besser dran.“
„Damals dachte ich nicht so. Aber das ist auch schon einige Jahre her.“ Sie ging mühsam neben ihm her und suchte sich ihren Weg durch die Zweige, die ihnen den Weg versperrten. Ein paar Haarsträhnen hatten sich aus dem Zopf gelöst. Sie strich sie hinter die Ohren. Die unschuldige Geste
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