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Ihr wahrer Name

Ihr wahrer Name

Titel: Ihr wahrer Name Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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Vorgesetzte ist nicht da, und da hat man mir gesagt, ich soll die Akten selbst hochbringen. Ich habe die Informationen vom Mikrofiche kopiert. Deshalb sind sie ein bißchen verschwommen. Besser ging's leider nicht.«
    Bertrand Rossy gesellte sich zu mir, als ich aufstand, um mir über ihre Schulter hinweg die Dokumente anzusehen. Connie Ingram blätterte die Akten durch, bis sie zu den Zahlungsbelegen kam.
    Ralph zog sie aus der Mappe und las sie durch. Dann wandte er sich mir mit ernstem Blick zu. »Offenbar hat die Familie deines Klienten versucht, dieselbe Police zweimal einzulösen, Vic. So lustig finden wir das hier nicht.«
    Ich nahm ihm die Belege aus der Hand. Der letzte Beitrag war 1986 bezahlt worden. 1991 hattejemand eine Sterbeurkunde eingereicht. Eine Fotokopie des Schecks war beigeheftet. Er war über die Midway Insurance Agency an Gertrude Sommers gegeben worden. Einen Augenblick war ich so verblüfft, daß ich kein Wort herausbrachte. Die trauernde Witwe mußte eine ganz schön gute Schauspielerin sein, wenn sie ihren Neffen dazu gebracht hatte, für die Beisetzung seines Onkels zu blechen, obwohl sie die Police schon zehn Jahre zuvor kassiert hatte. Aber wie zum Teufel war sie damals an eine Sterbeurkunde gekommen? Der erste klare Gedanke, den ich wieder fassen konnte, als ich mich von meiner Verblüffung erholt hatte, war gemein: Ich war froh, daß ich auf einer Vorauszahlung bestanden hatte, denn ich konnte mir nicht vorstellen, daß Isaiah Sommers mir irgend etwas für diese Auskunft bezahlt hätte. »Das soll doch hoffentlich kein Scherz sein, Vic?« fragte Ralph.
    Er war wütend, weil er glaubte, vor seinem neuen Vorgesetzten wie ein unfähiger Trottel dazustehen. Von mir würde er sich nicht ärgern lassen. »Nein, großes Ehrenwort, Ralph. Die Geschichte, die ich dir erzählt habe, entspricht wortwörtlich dem, was mein Klient mir gesagt hat. Hast du so etwas schon einmal gesehen? Eine gefälschte Sterbeurkunde?«
    »Nun, so etwas passiert schon mal.« Er sah Rossy an. »Normalerweise gibt jemand vor, gestorben zu sein, um seinen Gläubigern zu entkommen. Die Höhe der Police sowie der zeitliche Abstand zwischen Vertragsabschluß und Geltendmachung der Ansprüche sind maßgebend für unsere Nachforschungen vor der Auszahlung. Für so was« - dabei schnippte er mit dem Finger gegen den Scheck - »mit einer so geringen Summe würden wir keine Nachforschungen anstellen, schon gar nicht, wenn bereits sämtliche Beiträge einbezahlt wurden.«
    »Also ist es durchaus möglich, daß Leute ungerechtfertigte Ansprüche erheben?« Rossy nahm Ralph die ganze Mappe aus der Hand und begann, sie Seite für Seite durchzugehen. »Aber die Gesellschaft würde nur einmal zahlen«, sagte Ralph. »Sie sehen ja, daß wir alle nötigen Informationen hatten, als das Bestattungsinstitut die Police eingereicht hat. Deshalb haben wir auch kein zweites Mal gezahlt. Ich glaube nicht, daß irgend jemand von der Agentur sich die Mühe gemacht hat zu überprüfen, ob Sommers tatsächlich tot war, als seine Frau den Antrag auf Auszahlung gestellt hat.«
    Connie Ingram fragte mit zweifelndem Gesichtsausdruck, ob sie mit ihrer Vorgesetzten über einen Anruf bei der Agentur oder dem Bestattungsinstitut sprechen solle. Ralph wandte sich mir zu. »Du wirst dich ja sowieso mit denen in Verbindung setzen, oder, Vic? Läßt du Connie dann wissen, was du herausgefunden hast? Und zwar die Wahrheit und nicht die Version, die die Ajax deiner Meinung nach erfahren sollte?«
    »Wenn Ms. Warshawski ihre Erkenntnisse vor der Gesellschaft zu verbergen pflegt, Ralph, sollten wir ihr in dieser delikaten Angelegenheit vielleicht überhaupt nicht vertrauen.« Rossy deutete eine Verbeugung in meine Richtung an. »Vermutlich würden Sie Ihre Fragen so geschickt stellen, daß unser Agent Ihnen Dinge erzählt, die nur ihn und die Gesellschaft etwas angehen.« Ralph wollte sagen, daß seine Worte nicht so ernst gemeint waren, doch dann seufzte er nur und erklärte Connie, sie solle ruhig alle Fragen stellen, die zum Abschluß der Akte nötig seien. »Ralph, was ist, wenn jemand anders die Ansprüche geltend gemacht hat, jemand, der sich als Gertrude Sommers ausgegeben hat?« sagte ich. »Würde die Gesellschaft der echten Gertrude Sommers dann noch etwas zahlen?«
    Ralph rieb die tiefer werdende Falte zwischen seinen Augen. »Bitte verlang keine moralischen Entscheidungen von mir, wenn ich nicht alle Fakten habe. Was ist, wenn ihr Mann oder ihr Sohn

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