Ihr Wille Geschehe: Mitchell& Markbys Zehnter Fall
über den verlassenen Hof und fing sich in den umgebenden Bäumen. Ein hässlicher schwarzer Vogel, der unsicher schwankend auf einem der hohen Äste saß, krächzte seine heisere Antwort.
»Wenn du Kevins Vertrauter bist«, sagte Meredith mit gespielter Tapferkeit, »dann sag ihm, dass ich seine scheußlichen kleinen Spielzeuge mitgenommen habe.« Sie hob das gebündelte Stofftuch.
Die Krähe spreizte ihre großen schwarzen Schwingen und flatterte unter misstönendem Geschrei davon. Das abergläubische Prickeln in Merediths Rücken kehrte zurück. Sie hatte der Kreatur eine Botschaft zum Übermitteln gegeben, und der Vogel hatte sich gehorsam in die Luft geschwungen, um sie irgendjemandem irgendwo zu übermitteln.
»Unsinn!«, sagte sich Meredith laut und so entschlossen, wie sie konnte. Einmal mehr erhob sie ihre Stimme.
»Kevin! Wenn Sie mich hören können – ich habe hier Ihre Biskuits und nehme sie mit!« Falls Kevin dort draußen auf dem Hof steckte, dann würde ihn das ganz bestimmt aus seinem Unterschlupf locken. Doch niemand antwortete, nicht einmal ein verräterisches Rascheln zwischen den verrosteten Metallhaufen oder im Gestrüpp war zu hören.
Merediths Gewissen war erleichtert. Sie hatte Kevin gesagt, dass sie seine Backerzeugnisse mitnehmen würde, und es war nicht ihre Schuld, wenn er so weit weggelaufen war, dass er sie nicht mehr hören konnte.
Das Geschlossen-Schild hing immer noch in der Tür von WIR-HABEN-ALLES. Unbeirrt klopfte Meredith. Das Schild hinter der Scheibe erzitterte unter ihrem entschlossenen Ansturm. Sie wartete eine Weile, dann klopfte sie erneut.
Nach wenigen Minuten wurde ihre Beharrlichkeit belohnt. Sie bemerkte eine Bewegung im Innern des Ladens. Sie drückte ihre Nase gegen die schmutzige Scheibe. Im hinteren Teil des Ladens hatte sich der Perlenvorhang geteilt, und eine massige Gestalt näherte sich der Tür.
Sadie erschien auf der anderen Seite der Scheibe, diesmal in einem anderen Kleid, das jedoch auch wie ein Zelt geformt war. Ihr Mund bewegte sich lautlos, als sie sich nach dem Zweck von Merediths Besuch erkundigte.
Meredith hob das Stoffbündel und deutete mit der anderen Hand darauf. Sadie konnte nicht wissen, was es enthielt, doch ihre Neugier, dessen war sich Meredith sicher, würde sie veranlassen, die Tür aufzusperren, und so war es dann auch.
»Was gibt’s denn?«, fragte Sadie anstelle einer Begrüßung missmutig.
»Ich hab heute geschlossen. Ich habe Kopfschmerzen.« Du wirst bald noch schlimmere Kopfschmerzen haben, Süße, wenn wir miteinander fertig sind …, dachte Meredith unfreundlich.
»Ich dachte, Sie sollten einen Blick auf das hier werfen«, sagte sie laut.
»Tut mir Leid, wenn ich Sie störe«, fügte sie der Form halber hinzu. Doch Höflichkeit und Form konnten Sadie nicht beschwichtigen, die das Bündel verdrossen anstarrte.
»Können Sie nicht morgen damit wiederkommen?« Meredith blieb ungerührt stehen.
»Wir sollten wirklich jetzt darüber reden.«
»Also schön, meinetwegen.« Sadie trat beiseite und ließ Meredith in den winzigen Laden. Hinter Meredith verschloss sie augenblicklich die Tür und verriegelte sie. Meredith überlegte, dass sie nun zusammen mit Sadie eingesperrt war – und es sprach einiges dafür, dass sie diejenige war, die im Dorf Amok lief –, und niemand wusste etwas über ihren Verbleib. Hoffentlich hatte sie nicht voreilig gehandelt. Sadie hatte sich umgewandt und trottete vor Meredith her zum Perlenvorhang. Sie gingen hindurch und einen schmalen Flur hinunter und kamen in einem gemütlichen Wohnzimmer heraus. Gemütlich, was das Mobiliar anging, heißt das. Die Dekoration hingegen war höchst beunruhigend. Sadie sammelte Dinge, die entweder Volkskunst oder ethnische Kuriositäten darstellten. In unregelmäßigen Abständen hingen geschnitzte Holzmasken an den Wänden. Eine Holzkommode war mit handgetöpferten Schalen überladen, einige davon mit drei Beinen, dazu Becher und primitive Figuren, von denen die meisten weiblich bis ins Groteske waren, mit gewaltigen ausladenden Hüften und Bäuchen und schweren Brüsten, doch in manchen Fällen ohne Arme oder Beine. Unter alldem gab es andere merkwürdige Dinge von obskurer, wahrscheinlich okkulter Bedeutung. Ein Bild an der Wand, ein schriller, handgefärbter Druck, zeigte tanzende Frauen in Kleidern des siebzehnten Jahrhunderts. Nach ihrer Haltung zu urteilen war es ein schottischer Reel oder ein Squaredance. Meredith wollte etwas zu diesem Bild sagen,
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