Ihr Wille Geschehe: Mitchell& Markbys Zehnter Fall
der Besserverdienenden, was für ständige Reibereien sorgte, und hier standen ein paar kleine Produktionsbetriebe.
All das täuschte über die tatsächlichen Ursprünge des Dorfes hinweg. Die Chronisten beschrieben eine Abtei, einen Ort der Besinnung, doch befestigt und durchaus im Stande, den Angriffen Gesetzloser im dunklen Mittelalter zu trotzen. Doch die Abtei hatte sich nicht gegen Heinrich VIII. wehren können, der das Kloster enteignet und die Ländereien zusammen mit Waldland und Gehöften einem Vasallen namens Parsloe zum Lehen gegeben hatte.
Der neue Besitzer hatte die Abtei geschleift und nur die Kirche und das Haus des Abts stehen lassen. Und er hatte seinen Namen dem der Kirche (St. John the Divine) vorangestellt. Auf diese Weise war Parsloe St. John entstanden. Parsloe war ein tatkräftiger Mann mit einer Nase fürs Geschäft gewesen, und der Flecken war unter seinem materialistisch eingestellten Herrn gediehen. Aus dieser reichen Periode stammte das Zentrum des Dorfes mit seinen niedrigen, beengten Fachwerkhäusern und Läden, die sich entlang einer Hauptstraße zogen, lediglich von den breiteren Einfahrten zu einstigen Stallhöfen, in denen heutzutage Werkstätten oder Garagen untergebracht waren, durchbrochen.
Doch die Welt hatte sich weitergedreht, die Parsloes waren weggezogen, und mit ihnen war der Reichtum geschwunden. Heute funktionierte die Gemeinde Parsloe St. John reibungslos, doch niemand mehr im Dorf hatte weiterführende Ambitionen.
Wynne und ihre Begleiter wanderten die Straße hinauf und zurück durch die Zeitalter. Sie erreichten die Kirche mit ihren massiven Mauern und den schmalen Fensterschlitzen, die an die früheste Zeit der Gemeinde erinnerten. Ein großes, frisch gemaltes Schild verkündete, dass die Kirchengemeinde Spenden für die Restaurierung des Turms und des Daches sammelte. Daneben war ein altmodisches Thermometer aufgemalt, das den aktuellen Stand der Spendensumme zeigte. Sie hatten erst ein Drittel der erforderlichen Mittel zusammen, und es sah so aus, als wäre die Großzügigkeit der Gemeinde an dieser Stelle versiegt. Aber vielleicht war man auch noch nicht dazu gekommen, Olivia Smeatons großzügige Spende hinzuzufügen.
Die Kirche stand gegenüber dem ehemaligen Haus des Abts, das von den Parsloes übernommen und zum Herrenhaus ausgebaut worden war, wie Wynne unterwegs erzählte. Heute war es das Heim von Doc Burnett, und davor hatte es eine Reihe von Jahren als Vikariat gedient.
»Sie haben dem Vikar ein neues Haus im Neubaugebiet gekauft«, sagte Wynne.
»Es ist wirklich eigenartig. Er scheint es als praktisch zu empfinden und meint, es reflektiert die Kirche in der modernen Welt. Nicht, dass er je einen von seinen Nachbarn des Sonntags auf seinen Kirchenbänken gesehen hätte! Wenn man mich gefragt hätte, ich würde die Kosten für so ein neues Pfarrhaus gescheut haben, wenn die Kirche selbst so bröckelt, doch die Argumentation lautete, dass ein neues Haus im Gegensatz zum alten Vikariat keine kostspieligen Reparaturen benötigen würde. Tom Burnett hat das alte Vikariat für einen Apfel und ein Ei gekauft!«
Meredith war nicht überrascht, als sie dies hörte, doch bei sich dachte sie, dass Doc Burnetts Haus zwar sehr alt war, doch unnötig verwahrlost wirkte. Sie hatte Mitgefühl mit dem Arzt, denn sie wusste, dass die Renovierung eines so alten Hauses ein Fass ohne Boden sein konnte. Ihr eigenes winziges Reihenendhaus in Bamford hatte sie diese Lektion gelehrt. Doch das Haus des einstigen Abts sah aus, als wäre nicht die geringste Anstrengung unternommen worden, den bedauernswerten Zustand zu lindern. Schon ein wenig frische Farbe hätte geholfen. Und es hätte auch sicher nicht geschadet, die Fugen neu auszufüllen.
Wynne führte Markby und Meredith weiter, bis sie vor einem hübschen, großen gregorianischen Haus ankamen, das hinter einer großen umlaufenden Mauer stand. Neben dem halb offen stehenden schmiedeeisernen Tor hing ein buntes Schild:
»Zu verkaufen«. Der Kiesweg zum Eingang war von Unkraut übersät.
»Das ist Rookery House«, sagte Wynne.
Sie standen vor dem Tor und spähten durch die Gitterstäbe und über den vernachlässigten Kiesweg hinweg zu dem einstigen Heim von Olivia Smeaton. Es war nicht so groß, wie Meredith sich vorgestellt hatte. Vielleicht war es von einem Paar ohne Kinder gebaut worden. Jedenfalls war es für Olivia bestimmt nicht zu groß gewesen. Die Fenster waren verschlossen; die Innenläden sahen aus, als
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