Ihr Wille Geschehe: Mitchell& Markbys Zehnter Fall
Ihnen, was meiner Meinung nach passiert ist, auch wenn es in gewisser Hinsicht peinlich für mich ist. Jeder Tierarzt kann Ihnen etwas über ältere Menschen erzählen, die ihr Herz an ein altes, kränkelndes Haustier gehängt haben. Olivias Pony war zweiundzwanzig Jahre alt. Sie besaß es zwölf Jahre lang. Es war ein sehr heißer Sommer, kaum erträglich für Menschen wie für Tiere. Als Olivia mich anrief und mir sagte, dass ihr Pony lustlos wirkte, war ich nicht überrascht. Ich hatte schon lange darüber nachgedacht, dass es wohl nicht mehr ewig leben würde, und wenn der Tag kam, würde es ein Schock für Olivia werden. Ich hatte sogar ein kurzes Gespräch deswegen mit ihrem Hausarzt, Tom Burnett. Tom war der gleichen Meinung. Es würde für Olivia schrecklich werden, wenn der Tag kam, an dem das Pony eingeschläfert werden musste oder von alleine starb. Uns war beiden nicht entgangen, dass Olivia im Verlauf der letzten zwölf Monate sehr gebrechlich geworden war, auch wenn sie geistig immer noch wach schien. Als ich schließlich das Pony sah, war sein Zustand bereits schlimm. Ich befand, dass der gefürchtete Augenblick gekommen war. Das Pony starb an Altersschwäche. Ich hatte keinen Grund, an eine Vergiftung zu denken. Es hatte seit Jahren ohne Probleme auf jener Koppel gestanden, und ich hatte noch keine anderen Fälle, die mich gewarnt hätten. Ich sprach mit Tom Burnett darüber, und während wir diskutierten, wie wir es Olivia am schonendsten beibringen konnten, starb ihr Pony.« Rory errötete und wand sich unbehaglich.
»Es war auch für mich ein Schock«, fuhr er dann fort.
»Ich hatte nicht gedacht, dass es so schnell gehen würde. Ich begann zu vermuten, dass ich etwas übersehen hatte. Ich erhielt Olivias Genehmigung, das Tier zu obduzieren. Was ich fand, machte mich misstrauisch, und so schickte ich den Mageninhalt zur Analyse ins Labor. Sie kannten Olivia nicht, Mr Markby, aber glauben Sie mir, sie mochte vielleicht nach außen hin alt und gebrechlich erscheinen, doch innerlich war sie eisern, und wenn sie sich zu etwas entschlossen hatte, dann meinte sie es ernst. Als ich vorsichtig den Verdacht äußerte, dass ihr Pony vielleicht etwas Giftiges gefressen hatte, konnte sie es nicht ertragen. Sie war wütend, weil sie unbegründeterweise dachte, es würde ein schlechtes Bild auf ihre Fürsorge für das Tier werfen. Sie war genauso begierig auf das Ergebnis der Analyse wie ich, weil sie mir beweisen wollte, dass ich mich geirrt hatte. Sie beschloss außerdem, es auf ihrer Koppel zu begraben. Ich versuchte, ihr das auszureden. Der Kadaver war bereits in Verwesung übergegangen. Ich dachte, es wäre am besten, wenn die Abdecker kämen und es mitnähmen. Doch sie blieb eisern, und weil sie zunehmend untröstlich wurde, drängte Tom mich, mitzuspielen und etwas zu arrangieren. Also gab ich nach und rief die Berrys an. Es war ein ziemliches Palaver, glauben Sie mir. Ich musste erst sicherstellen, dass wir über dem Grundwasser waren und keine öffentlichen Quellen vergifteten, und selbst dann konnten wir das Loch nicht ohne die Hilfe eines Baggers ausheben, weil der Boden so knochentrocken und hart war. Max Crombie hat uns den Bagger mitsamt Fahrer geliehen. Das heiße Wetter war schuld daran, dass der Boden wie Eisen war. Das wenige übrig gebliebene Gras muss das Pony dazu getrieben haben, vom Kreuzkraut zu fressen.« Rory Armitage starrte mit gerunzelter Stirn in seinen Becher. Seine Frau Gill öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch dann überlegte sie es sich anders und schloss ihn wieder.
»Und?«, fragte Markby.
»Waren Sie zufrieden, als die Analyse des Labors Ihren Verdacht bestätigte?« Armitage rutschte unbehaglich in seinem Sessel hin und her.
»Nicht ganz. Die Sache ist die, wir – das heißt Gill und ich – haben die gesamte Koppel abgesucht, und wir fanden nicht eine einzige Kreuzkrautpflanze dort draußen. Ich hätte wirklich erwartet, einige zu finden. Aber es war keine da, und niemand konnte Kreuzkraut auf der Koppel oder auf den Feldern in der Umgebung finden. Das Zeug wächst bei uns in der Gegend, doch es ist nicht gerade häufig anzutreffen. Die meisten Leute mit Lebendvieh kennen es und reißen es aus, sobald es erscheint. Die Kleine von Max Crombie, Julie, hat Stunden damit verbracht, ihre Koppel abzusuchen, nachdem Olivias Pony gestorben war. Sie hat nichts gefunden.« Armitage blickte unvermittelt auf. In seinen Augen funkelte Misstrauen.
»Warum wollen Sie das
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