Ihr Wille Geschehe: Mitchell& Markbys Zehnter Fall
ja, auf seine Weise antwortet er mir. Ich wage zu behaupten, dass man jemanden wie mich früher einmal als Hexe verbrannt hätte. Genau wie Alan sagt.«
Wynne richtete sich auf und wandte sich vom Fenster ab. Sie trug wie immer ihre weite Hose, diesmal jedoch zusammen mit einem leuchtend gelben Sweatshirt.
Nimrod, der wie eine Sphinx auf der Fensterbank hockte, blinzelte einmal und sah aus, als hätte er ganz genau verstanden, was gesprochen wurde, ohne jedoch in irgendeiner Weise die Absicht einer Antwort zu hegen.
»Tagsüber schläft er meistens«, sagte seine Herrin.
»Nach einer Nacht auf Streifzügen durch die Gemeinde oder in seinem Fall über die Felder. Er mag es überhaupt nicht, des Nachts eingesperrt zu sein. Er heult ununterbrochen!«
Meredith betrachtete Nimrod, der an diesem Morgen ganz besonders zwielichtig aussah und durchaus den Anschein erweckte, als schwelgte er in zufriedenen Erinnerungen an eine lasterhafte Nacht.
»Haben Sie ihn schon von klein auf?«, fragte Meredith neugierig.
»Nein, eigentlich nicht. Er war schon ausgewachsen, als ich ihn fand. Nicht vollständig ausgewachsen, aber fast. Ein Halbstarker, sozusagen. Er saß verletzt in meinem Garten. Ich glaube, er hatte sich mit dem Schwanz in einer illegalen Falle verfangen. Eine Hälfte fehlte, und er war in einem schrecklichen Zustand. Ich brachte ihn zu Rory Armitage. Ärztliche Versorgung war das Wichtigste. Danach habe ich versucht, den Besitzer zu finden – vergebens. Er hat sich nie gemeldet. Ich habe überall im Dorf Zettel aufgehängt, und Rory hat sich umgehört, aber niemand wollte das Tier haben. Nimrod hat seinerseits in der Zwischenzeit beschlossen, bei mir zu bleiben. Er ist ein sehr geheimnisvoller Kater.« Nimrod kippte träge zur Seite und streckte sich. Aus seinen großen Pfoten glitten kurz die spitzen Krallen, doch sie verschwanden sogleich wieder. Die Sonne trat hinter einer Wolke hervor und tauchte seinen gescheckten Pelz durch das Glas der Fensterscheibe hindurch in ihr wärmendes, freundliches Licht.
»Ich habe in Bamford auch einen Kater wie diesen«, gestand Meredith.
»Er kommt und geht, wie er will. Ich weiß nicht, woher er gekommen ist, und ich weiß auch nicht, wohin er verschwindet, wenn er unterwegs ist. Er kommt zu mir, wenn ihm danach ist, bleibt eine Weile und macht sich dann wieder auf die Pirsch. Ich dachte, er wäre ein Streuner, doch inzwischen bin ich mir dessen gar nicht mehr so sicher. Ich vermute eher, er hat nicht nur ein Zuhause, sondern mehrere, die er nacheinander abklappert, bis ihm langweilig wird.«
»Vielleicht fahren seine Besitzer häufig in Urlaub oder sind sonst irgendwie außer Haus«, schlug Wynne vor.
»Manche Tierhalter sind erstaunlich rücksichtslos. Sie setzen ihre Katze vor die Tür, bevor sie wegfahren, selbst wenn sie wochenlang unterwegs sind, und erwarten, dass sie da sitzt, wenn sie zurückkehren, im gleichen Zustand wie bei ihrer Abreise.«
»Mrs Crouch, meine Nachbarin, kümmert sich um meinen Kater«, erwiderte Meredith für den Fall, dass Wynne eine versteckte Anspielung gemacht hatte. Die beiden Frauen saßen einige Minuten schweigend vor dem Kamin.
»Ich kann nicht sagen, dass ich überrascht bin wegen dem, was Sie mir erzählt haben«, gestand Wynne nach einer Weile und wechselte wieder zu dem Thema, über das die beiden Frauen sich am Anfang ihres Gesprächs unterhalten hatten, bevor Nimrod hinzugekommen war. Meredith hatte beschlossen, Wynne von dem nächtlichen Feuer und dem Hexensabbat beim Stehenden Mann und seiner Frau zu berichten in der Hoffnung, dass Wynnes Gedächtnis einen Schubs bekam, doch sie hatte sich getäuscht. Wynne wusste nichts von derartigen Zusammenkünften.
»Ich habe noch nie Spuren von einem Hexensabbat oder irgendwelchen nächtlichen Ritualen in dieser Gegend gesehen«, sagte sie.
»Aber ich weiß, dass in den Cotswolds jede Menge Geschichten über Hexerei existieren. Es gibt eine Reihe von Flecken, die ganz besonders mit dem ›alten Glauben‹ in Verbindung stehen. Menschen kommen aus dem ganzen Land herbei, um Linien ins Gras zu zeichnen und dergleichen mehr.« Sie zögerte.
»Und dann gibt es da natürlich noch Sadie. Aber ich habe diesen Geschichten niemals besondere Aufmerksamkeit geschenkt.«
»Die Einheimischen glauben, Sadie Warren wäre eine Hexe?«
»Ganz bestimmt tun sie das. Zumindest haben sie sich entschlossen, auf der sicheren Seite zu bleiben und nicht Sadies Zorn auf sich zu ziehen. Ich persönlich
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