Ihr Wille Geschehe: Mitchell& Markbys Zehnter Fall
Bauunternehmer konnte Ernie nicht nur die Aufträge wegnehmen, sondern ihn auch restlos ruinieren. Die bloße Andeutung, dass Ernie unzuverlässig war, mehr brauchte es dazu nicht. Meredith nahm auf einem Gartenstuhl Platz, der einstmals grün gewesen war, doch die Farbe war längst verblasst und hatte angefangen abzublättern. Die Sonne war warm und die Stelle vor Wind geschützt. Meredith schloss die Augen und hob das Gesicht in die Sonne. Es war hübsch hier, sehr hübsch sogar, doch sie konnte nicht hier leben. Es gab Träume, und es gab die Wirklichkeit. Alans Träume und ihre praktische, nüchterne Art prallten über dieser Geschichte zusammen, wie es auch schon früher geschehen war. Hatte sie schon immer so beklagenswert empfindlich reagiert? Nein, nicht immer, sinnierte Meredith und dachte an eine lang vergangene, unkluge Liebesaffäre zurück, die beinahe ihr Leben zerstört hatte. Lange bevor Alan auf der Bildfläche erschienen war. Sie öffnete die Augen. Eine schwache Brise hatte den Weg in den geschützten Winkel gefunden und spielte in ihrem Haar. Plötzlich hatte Meredith keine Lust mehr, länger sitzen zu bleiben. Sie fühlte sich wie ein Eindringling. Sie hatte kein Recht, hier zu sein. Sie war keine Kaufinteressentin, sie hatte nur so getan als ob, und nun drang sie in den Garten ein, als sei es ein öffentlicher Park. Olivia Smeaton hätte dies überhaupt nicht gefallen. Meredith erhob sich von ihrem Platz und kehrte auf dem gleichen Weg zum Tor zurück, auf dem sie gekommen war. Sie blickte den Kiesweg hinunter zum Tor und sah, dass die Straße dahinter verlassen dalag. Wie es schien, war Alan noch immer in The Abbot’s House und redete mit dem Arzt. Sie verspürte keine Lust, zu ihrem sonnigen Sitzplatz zurückzukehren, und wandte sich in Richtung des ummauerten kleineren Küchengartens. Dort drinnen war es definitiv heiß. Die Hitze fing sich zwischen den alten, bröckelnden Mauern, und die Luft war drückend. Meredith wanderte durch den Garten zu dem Tor in der rückwärtigen Mauer, das hinaus auf die Koppel und das offene Land dahinter führte, und mit ein wenig Glück erwartete sie dort eine kühlende Brise. Doch der Hitzeschleier hing über der verlassenen Koppel. Es war erstickend heiß. Die Hecken in der Ferne flirrten, und der alte Kastanienbaum auf dem Hügel warf nur einen kleinen Schatten. Die Sonne stand immer noch viel zu hoch am Himmel. Und doch hatte sich jemand in den Schatten des Baums gesetzt. Meredith konnte nicht erkennen, wer es war, weil er ihr den Rücken zuwandte und der Stamm einen großen Teil von ihm verbarg, doch sie sah ein ausgestrecktes Bein und einen Arm – einen nackten Arm, der bewegungslos herabhing, die Finger im Gras. Meredith wollte sich abwenden, als etwas Unerwartetes geschah. Flügelflattern klang auf, und eine schwarze Krähe erhob sich, wie es aussah, aus dem Schoß des Mannes und flog alarmiert krächzend hinauf in die Zweige. Fast im gleichen Augenblick folgte ihr eine zweite. Meredith rann der Schweiß zwischen den Schulterblättern hinab, und ein Gefühl der Unruhe stieg in ihr auf. Irgendetwas stimmte dort nicht. Die Krähen mochten ja vom Baum heruntergeflogen sein, weil sie glaubten, dass der Mann schlief, doch Krähen waren scheue Vögel. Ganz bestimmt nicht wären sie im Schoß des Mannes gelandet. Es sei denn natürlich … Aasfresser. Krähen waren Aasfresser. Nein, sagte sich Meredith. Das ist lächerlich. Oder doch nicht? Der Mann hatte sich immer noch nicht gerührt. Entweder er schlief, oder er war krank. Sie zwang sich, weiterzugehen und sich dem Baum zu nähern. Der nackte Arm war mit dunklen Haaren bedeckt und sehr muskulös. Das Bein steckte in einer Arbeitshose. Ein merkwürdiges Summen hing in der Luft, wie von einem großen Insektenschwarm. Der Arm und das Bein – das musste Ernie Berry sein. Aber es konnte unmöglich Berry sein – falls er nicht bereits seit zwei Tagen hier saß. Meredith zögerte, während sie sich ein Herz fasste und ihren natürlichen Widerwillen und ihre aufkeimende Angst zu überwinden versuchte. Dann umrundete sie den Baum, um die sitzende Gestalt in Augenschein zu nehmen. Urplötzlich stieg eine schwarze Wolke von Fliegen von Ernie Berrys Oberkörper auf und schwirrte wütend über seinem …
»O mein Gott …«, flüsterte Meredith. Nicht über seinem Kopf, denn Ernie Berry besaß keinen Kopf mehr. Er saß dort in seinen Stiefeln, seiner Arbeitshose, seinem schmutzigen ärmellosen Unterhemd, das noch
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