Ihr Wille Geschehe: Mitchell& Markbys Zehnter Fall
nicht nötig, Ma’am.«
»Trotzdem. Ich komme.«
»Kevin«, sagte Meredith sanft.
»Haben Sie sich die Finger verbrannt?« Kevin riss die Hände vom Tisch und verbarg sie in seinem Schoß.
»An dem alten Ofen, als ich versucht hab, ihn sauber zu machen.«
»Das ganze Haus muss gründlich sauber gemacht werden!«, erklärte Wynne.
»Ich werde etwas organisieren, später. Vielleicht erklärt sich Janine bereit, vorbeizukommen und zu putzen, wenn ich ihr genügend Geld anbiete.«
»Wir wollen aber niemanden hier haben«, sagte Kevin.
»Ernie und ich, wir möchten nicht, dass jemand herkommt.«
»Aber Ernie ist tot, Kevin«, sagte Wynne sanft. Kevin zog die dürren Schultern nach vorn.
»Er ist nicht nach Hause gekommen, schon seit zwei Nächten nicht. Ich weiß nicht, wohin er gegangen ist. Er hat mir nichts gesagt, und ich hab ihn nicht gefragt.« Er blickte Wynne verstohlen von unten herauf an.
»Ich war es nicht!«, wiederholte er.
»Ich kann nicht sagen, dass ich nur ungern von dort weggegangen bin. Was für ein furchtbares Haus!« Die Worte kamen über Wynnes Lippen, als hätten sie einen eigenen Schwung. Sie schüttelte den Kopf und verstummte, während die beiden Frauen, den Blick starr geradeaus gerichtet, nebeneinander hergingen.
Sie wanderten über den Feldweg, der zum Cottage führte.
»Ich dachte, er würde unter Schock stehen, was ja auch verständlich wäre«, sagte Meredith.
»Aber wenn Sie mich fragen, zurückgeblieben kam er mir nicht gerade vor.«
Wynne sah Meredith an.
»Im Allgemeinen kommt er schon zurecht, wissen Sie? Solange seine alten Gewohnheiten zum größten Teil erhalten bleiben, dürfte er keine Schwierigkeiten haben. Mit alten Gewohnheiten meine ich, dass er in seinem Haus bleibt und für Max Crombie arbeitet oder Gelegenheitsjobs für andere Leute ausführt. Genau wie vor Ernies Tod. Ich stimme mit Ihrer Einschätzung, dass er nicht wirklich zurückgeblieben ist, überein. Er ist auf altmodische Weise einfach. Praktisch keinerlei Schulbildung, er kennt nichts von der Welt außerhalb des Dorfes, doch in diesem kleinen Kosmos kommt er prima zurecht.«
Ihre Worte standen in grellem Gegensatz zu dem, was sie beim Verlassen des Cottages ausgestoßen hatte. Die letzten Worte waren mit Vernunft ausgesprochen, die ersten waren aus dem Herzen gekommen, wie Meredith erkannte. Das Gefühl der Unruhe, das sie bereits im Cottage gespürt hatte, verstärkte sich noch. Nicht zum ersten Mal seit ihrer Ankunft in Parsloe St. John hatte sie das unbestimmte Gefühl, von Geheimnissen umgeben zu sein. Selbst Wynne, die unvergleichlich zuverlässige, stets freundliche und erfahrene Person, schien irgendetwas zu verbergen. Sie schien sich davor zu fürchten, ihre wahren Gedanken auszusprechen, und erzeugte stattdessen ein Szenario, das weniger besorgniserregend war und das sie selbst besser akzeptieren konnte. In ihrer Aussage, dass Kevin bestimmt zurechtkommen würde und es nicht erforderlich war, dass sich andere Stellen von außerhalb des Dorfes in seine Angelegenheiten mischten, steckte schon fast Sturheit.
»Ich schätze, Sie haben Recht«, räumte Meredith ein – nicht aus Überzeugung, sondern weil sie spürte, das Wynne genau diese Antwort hören wollte.
Alan Markby war durch das Dorf zu Rookery House gewandert, hatte dem Beamten am Tor seinen Dienstausweis gezeigt, den Garten durchquert und war am Tor zur Koppel angekommen.
Sie suchten noch immer nach der Tatwaffe. Er beobachtete die Reihe von Beamten, Männer und Frauen, die sich in einer breiten Linie langsam voranarbeiteten, den Blick unablässig auf den Boden gerichtet. Sie hatten das Ende der Koppel fast erreicht. Wenn sie fertig waren, würden sie woanders weitersuchen, wahrscheinlich im alten Küchengarten, und wenn sie dort immer noch nichts fanden, anschließend das restliche Grundstück durchsuchen. Es war eine langwierige Arbeit, und er empfand Mitgefühl für seine Kollegen. Er konnte die Frustration nachvollziehen, die sie spüren mussten. Inspector Crane stand ein klein wenig abseits in der Nähe des Kastanienbaums und sprach mit einem Uniformierten, wahrscheinlich dem Sergeant, der die Suche leitete. Sie wandte sich zur Seite, blickte über die Koppel nach unten und erkannte Markby am Tor. Sie setzte sich in Bewegung und kam in seine Richtung. Er öffnete das Tor und ging ihr entgegen.
»Guten Morgen.«
»Guten Morgen, Sir.« Sie sah ihn misstrauisch an. Sie trug diesmal flache Schuhe, die für das Gelände
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