Ihr wisst genau, dass ihr mich liebt
vor Blair verstecken konnte, und
hing an einem Ständer, von dem aus sie ihr Beobachtungsobjekt perfekt im Blick
hatte. Suchte Blair ein Geschenk für Nate? Vermutlich. Der Glückliche. Die
Hose, die Blair gerade in der Hand hielt, war ein Traum.
Früher, in den guten, alten Tagen ihrer Freundschaft,
hätte Blair sie mitgenommen, wenn sie ein Geschenk für Nate gekauft hätte. Doch
das war Vergangenheit.
»Kann ich helfen? Suchen Sie ein Geschenk?«,
erkundigte sich ein Verkäufer, der sich Serena unbemerkt genähert hatte. Er war
glatzköpfig und solariumgebräunt und schien Bodybuilder zu sein. Er platzte
beinahe aus seinem Anzug.
»Nein, äh... ich...«, stammelte Serena. Sie wollte
nicht von diesem Hünen durch das Sortiment geführt werden und riskieren, von
Blair entdeckt zu werden. »Doch, ja. Für meinen Bruder. Er braucht einen neuen
Bademantel.«
»Ist das die richtige Größe?« Der Schwarzenegger-Verschnitt
deutete auf den Bademantel.
»O ja, der ist sogar genau richtig«, sagte Serena.
»Den nehme ich.« Sie blickte sich hastig um. Blair marschierte gerade mit der
Hose in Richtung Kasse. »Muss ich mit zur Kasse, oder erledigen Sie das für
mich, wenn ich Ihnen meine Karte gebe?« Serena warf dem Verkäufer unter
gesenkten, langen Wimpern einen Blick aus tiefblauen Augen zu und hielt ihm
ihre Kreditkarte hin, die sie aus dem Portmonee gezogen hatte.
»Kein Problem.« Er nahm den Bademantel vom Bügel und
griff nach der Karte. »Dauert nur einen Moment.«
»Bitte als Geschenk einpacken«,
sagte Blair zu dem Verkäufer an der Kasse und schob ihm ihre Kreditkarte hin.
Es war nicht wirklich ihre Kreditkarte,
auch wenn ihr Name darauf stand. Das Geld kam vom Konto ihrer Mutter. Blair
bekam kein Taschengeld, sie durfte sich alles Notwendige selbst kaufen,
solange sich ihre Ausgaben im vernünftigen Rahmen hielten. Zugegeben, eine
knapp vierhundert Dollar teure Pyjamahose für Nate - und dabei war noch nicht
einmal Weihnachten - sprengte diesen »vernünftigen Rahmen« eigentlich, aber
Blair würde ihrer Mutter schon begreiflich machen, warum der Kauf dringend
notwendig gewesen war.
»Bedaure, Miss.« Der Kassierer riss sie aus ihren
Gedanken. »Die Kreditkarte scheint gesperrt zu sein. Möchten Sie vielleicht
mit einer anderen Karte bezahlen?«
»Gesperrt?« Blair schoss das Blut ins Gesicht. So etwas war ihr
noch nie passiert. »Sind Sie sicher?«
»Ganz sicher«, bestätigte der Mann. »Sie können gern
von hier aus Ihre Bank anrufen, um die Angelegenheit zu klären.«
»Nein, nicht nötig.« Blair schüttelte den Kopf. »Ich
komme ein andermal wieder.« Sie steckte die Kreditkarte ins Portmonee zurück,
griff nach der Pyjamahose und drehte sich um. Der Kaschmir schmiegte sich so
butterweich in ihre Hand, dass ihr bei dem Gedanken, die Hose zurücklassen zu
müssen, ganz schlecht wurde. Was war das jetzt schon wieder für eine Scheiße?
Ihre Mutter war ja wohl kaum pleite. Andererseits
konnte sie schlecht zu Hause anrufen und fragen, was los war, weil sie
angeblich gerade mit Nate im Kino saß.
Als Blair die Hose zurückhängen wollte, fiel ihr auf,
dass der Kassierer das schwere Warensicherungsetikett aus Plastik bereits
entfernt hatte. Am Ständer hingen noch Dutzende der Hosen. Und wenn sie... sie
einfach mitnahm? Keiner konnte ihr
vorwerfen, nicht versucht zu haben, ehrlich zu bezahlen. Und schließlich hatte
sie im Laufe der Jahre schon genug Geld bei Barneys gelassen. Höchste Zeit für
eine Stammkundenprämie.
Serena wartete darauf, dass Schwarzenegger ihr die
Kreditkarte samt Quittung und einem Bademantel, den sie nicht brauchte,
zurückbrachte. Sie sah zu Blair hinüber, die gerade dabei war, die Hose an den
Ständer zurückzuhängen, und auf einmal innehielt.
»So, Miss van der Woodsen, wenn Sie bitte bei dem
Kreuzchen hier unten noch unterschreiben würden«, ertönte die Stimme des
Verkäufers hinter ihr. Als sie sich umdrehte, hielt er ihr eine riesige, schwarze
Barneys-Tüte hin, in der sich ein schwarzer Karton mit dem gefalteten
Bademantel befand.
»Danke.« Serena nahm die Quittung und kniete sich auf
den Fußboden, um zu unterschreiben, wobei sie den Karton als Unterlage
benutzte. Als sie aufblickte, sah sie in einigen Metern Entfernung Blair, die
zwischen zwei Ständern mit Nachthemden kauerte und verstohlen die Hose in ihre
Tasche stopfte.
Serena traute ihren Augen nicht. Blair klaute!
»Tausend Dank«, sagte Serena zu dem Verkäufer und
stand auf. Sie drückte ihm die
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