Ihre Beiden Väter
fort, „vielleicht so ab kurz nach neun.“
„Lassen sie mich mal ihre Temperatur messen“, sagte die Schwester. „Damit fangen wir mal an. Der Doktor kann dann weitersehen.“
Die Schwester näherte sich mit einem Fieberthermometer. Der Druck gegen ihr Ohr beim Fiebermessen reichte aus, dass Sophie wieder zu schreien anfing. „38°C“, verkündete die Schwester nach einer Weile, „und ihr Ohr ist definitiv empfindlich. Die meisten Babys merken das Thermometer nicht mal, außer sie haben eine Ohrinfektion. Ziehen sie ihr Oberteil aus, dann kann der Arzt ihre Brust abhören, um sicherzugehen, dass sie nicht noch etwas anderes hat. Er wird jeden Moment hier sein. Sie ist ein entzückendes Baby, meine Herren. Haben sie sie adoptiert?“
„Nein, sie ist meine Tochter“, antwortete Srikkanth, wieder einmal von der Annahme überrumpelt, Jaime und er wären ein Paar. „Ihre Mutter starb bei der Geburt.“
„Oh, das tut mir leid“, entschuldigte sich die Schwester. „Wir sehen nur so viele Paare mit adoptierten Kindern, dass ich einfach annahm ...“
„Schon in Ordnung“, versicherte ihr Srikkanth. „Ein vollkommen logischer Irrtum. Wir warten dann auf den Doktor.“
Verwirrt ließ die Schwester sie allein. „Das ist schon die dritte Person in drei Wochen“, kicherte Jaime und entschied sich dafür, die Komik der Situation zu sehen, statt sich zu wünschen, dass die Schwester recht hätte.
Bevor Srikkanth sich für eine Antwort darauf entscheiden konnte, klopfte der Arzt an die Tür und trat ein. „Mr. Bhattacharya, wie geht es ihnen?“ Genau diesen Moment suchte sich Sophie aus, laut aufzuheulen.
„Mir ging es schon mal besser“, gab Srikkanth zu. „Sophie ist krank.“
„Das habe ich gehört“, entgegnete der Mediziner. „Lassen sie sie mich mal ansehen.“
Jaime trat ein paar Schritte zurück, machte dem Arzt Platz, der sorgfältig ihr Herz und ihre Lunge abhörte. „Ihre Lunge klingt sauber. Das ist gut. Hatte sie eine Erkältung oder schien sie verstopft?“
„Nicht wirklich“, antwortete Srikkanth. „Ich meine, ich hab ihre Nase ein paar Mal geputzt. Doch ich dachte, dass das daran lag, weil sie so viel geweint hatte. Den ganzen Tag hat sie kaum damit aufgehört.“
„Ich sehe mir mal ihre Ohren an“, meinte der Doktor. „Das ist wahrscheinlich der Grund für all das. Wenn es eine Ohrinfektion ist, wird sie das jetzt nicht mögen. Halten sie sie fest, sodass sie sich nicht bewegt.“
Srikkanth verstärkte seinen Griff, als der Arzt das Otoskop in die Hand nahm.
Wie vorhergesagt fing Sophie in dem Moment, in dem das Instrument ihr Ohr berührte, zu schreien an. Der Arzt schien daran wohl schon gewöhnt zu sein und nahm sich die Zeit, ihr Ohr gründlich zu untersuchen. „Es ist gar nicht so schlimm“, beruhigte er und trat zurück. „Sie hat definitiv eine Infektion in diesem Ohr. Ich schau mal in das andere. Dann gebe ich ihnen ein Rezept für Amoxicillin, damit es abklingen kann.“
„Müssen sie das andere Ohr noch untersuchen, wenn sie eh schon wissen, dass sie Medizin braucht?“, fragte Srikkanth, nicht sicher, ob er ihr Schreien weiter aushalten könnte.
„Für ihre Unterlagen ist es wichtig“, erklärte der Arzt. „Wenn sie anfällig für Ohrinfektionen auf einer Seite ist, die andere Seite oder auch beide, kann es eventuell die langfristigen Behandlungsmöglichkeiten verändern. Ich weiß, es ist hart. Vielleicht sollte ihr Partner sie dieses Mal halten. So fühlen sie sich nicht so schuldig, dass ich sie untersuche.“
Da war es schon wieder. Die automatische Annahme, Jaime und er wären ein Paar. Doch der Ratschlag machte Sinn. So übergab er Sophie an Jaime. Der Arzt wartete, bis sich Sophie in Jaimes Armen beruhigt hatte, bevor er ihr anderes Ohr untersuchte. „Das ist frei“, stellte er fest. „Das ist gut. Es bedeutet, wir haben die Infektion früh genug erkannt. Sie sollte trotzdem noch Antibiotika bekommen. Aber hoffentlich erholt sie sich schneller und ist in der Zwischenzeit nicht so mürrisch.“ Er setzte sich an seinen Schreibtisch und zog seinen Rezeptblock raus. „Wie alt ist sie jetzt?“
„Zweieinhalb Monate“, antwortete Srikkanth.
Der Doktor nickte und schrieb die Verordnung. „Sie kann auch alle sechs Stunden eine halbe Tablette Tylenol für Säuglinge oder Motrin haben. Wenn das nicht reicht, können sie alle drei Stunden zwischen den beiden abwechseln, solange sechs Stunden zwischen jeder Dosis derselben Medizin liegen. Das
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