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Ihre Leidenschaft

Ihre Leidenschaft

Titel: Ihre Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Véronique Olmi
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weißen, makellosen Wand mischte sich das vergossene Blut: das erste Blut ihrer Mutter, die so oft entbunden hatte, das leichte Blut des Vaters, die so oft erzählte Geschichte, die peinliche Szene, über die er lachte.
     
    Er war jung damals, er kannte sich nicht aus, und die Cousine hatte ihn einer Freundin vorgestellt, eine Freundin mit Reichenhänden, mit Händen, die aus den Juwelierläden der Place Vendôme kamen, diesen Läden, die Hélène gut kannte und deren Türen sich zu ihrem großen Erstaunen von selbst auftaten.
    Auf die reichen Hände der Freundin hatte ihr Vater aus der Nase geblutet. Die Cousine hatte ihn nicht gewarnt, dass ein Handkuss eine Geste ist, keine Tat: Man nähert sich, man berührt nicht, man verbeugt sich, das reicht aus. Aber er ging geradewegs drauf los, und die Diamanten verletzten ihn an der Nase.
    Geld hat keinen Geruch.
    Geldwunden sind nicht tödlich.
    Die Wunde war schnell vernarbt, ihr Vater hatte immer riesige, zu Kugeln gerollte Taschentücher dabei, er hatte sie wohl an seine Nase gedrückt und um Verzeihung gebeten, um Vergebung der reichen Dame, die er womöglich beschmutzt hatte, Pardon, Madame, verzeihen Sie mir.
     
    Das Blut des Vaters auf der weißen Hand, der müßigen, niemals abgearbeiteten, immer manikürten Hand, Pardon, Madame, verzeihen Sie mir; die Hände des Vaters, die Häuser bauten, in denen er niemals wohnen würde, aber auf die er so stolz war, verzeihen Sie mir, er zeigte sie seinen Kindern beim Sonntagsspaziergang, man sah, wie sich die Gestalten hinter den Fenstern bewegten, und der Vater sagte: »Das sind glückliche Menschen«, weil er dachte, Beisammensein bedeute Glücklichsein, Hélène wusste, dass Beisammensein Unglück bedeuten kann, Hélène wusste, dass ein Mann seine Frau beschimpfen und sie dabei siezen kann, seine Frau beschimpfen, indem er sie siezt, die Reichen haben eine höfliche Verachtung, pardon, Madame, verzeihen Sie mir.
    Das sind Hände, die man in den Safe legt, Papa, die man schätzen und versichern lässt, Millionen, die sich nicht an den Fingern einer Hand abzählen lassen, sondern an vier, an zehn, entschuldige dich nicht, das sind Hände, die einen zerkratzen, und ich habe sie immer verwechselt.
     
    Hélène verlor sich in den großen Kaufhäusern, in die sie mit der Cousine ging. Verirrte sich, ohne sich zu verlaufen. Sie irrte sich einfach. Griff nach Händen, einfach so, zufällig, nach Frauenhänden in den Abteilungen Parfumerie, Küche, Wäsche, Vorhänge, und weder sie noch die zufällig ergriffene Frau merkten es sofort.
    Also dauerte es. An der Hand einer Unbekannten spazierte sie durch die Regalreihen: die Dicke der Badetücher, der unleserliche Preis einer schlichten Wasserkaraffe, Eiswürfel, die nicht schmelzen, Messerhalter, Champagnerkübel, Tellerwärmer, Hochzeitslisten, Geschenkideen, man verkaufte Dinge, die ganz sicher nur in Paris Verwendung fanden, man hatte nicht die gleichen Häuser, die gleichen Freunde, man aß nicht die gleichen Speisen wie in Perpignan, und sogar das Brot war anders (»Pariser Baguette!«, sagte ihre Mutter, und es klang wie eine verbotene Leckerei), aber nach einer Weile sah Hélène jedes Mal die Cousine auftauchen: »Hélène! Da bist du ja!« Dann hob Hélène den Kopf, sah erstaunt die Cousine an, dann ihre Hand in der Hand der Unbekannten, die beiden Frauen sagten: »Oh, pardon! Keine Ursache! Auf Wiedersehen. Auf Wiedersehen, Madame!«, und sie wechselte von der Hand der Unbekannten an die Hand der Cousine, die sagte »Ich dachte, ich hätte dich verloren«, aber nicht besonders betroffen war und ihre Besorgungen fortsetzte, sie hatte die Marotte, alles in mehreren Exemplaren zu kaufen: sechs Bilderrahmen, drei Vasen, zwei Schreibtischlampen und Hemden! Vier! Vier Hemden an einem Tag, vier Geschenke an einem Tag für denselben Empfänger, der nicht mal Namenstag oder Geburtstag hatte – für Geburtstage ging man zu Christian Dior, die Cousine sagte: »Ich weiß nicht, was ich ihm kaufen soll, er hat schon alles, über Christian Dior freut man sich immer.« Und wenn sie einer Freundin ein Geschenk gab, sagte sie jedes Mal, während sie es überreichte: »Ich hoffe, du hast es noch nicht«, und sie hatte eine gute Intuition, denn oft hatte die Freundin es schon, sogar Christian Dior, also musste man seine Gewohnheiten ändern und zu Yves Saint Laurent gehen.
     
    Das Blut des Vaters auf den reinen Diamanten. Der Schweiß des Vaters, um drei Francs und sechs Sous zu

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