Ikone der Freiheit - Aung San Suu Kyi
-Aktivisten wieder auf freien Fuß gesetzt.
»Es fällt einem nicht schwer, einer Anführerin zu folgen, die so agiert, um ihre Mitarbeiter zu schützen«, sagte Moe Myat Thu, als ich ihn im Winter 2010 in Thailand interviewte.
Aung San Suu Kyis Verhalten zeugt natürlich auch von einer eigenartigen, manchmal geradezu todesverachtenden Sturheit. Dennoch würde sie niemals sagen, das sie besonders mutig sei. Als man sie nach den Ereignissen in Danubyu fragte, erwiderte sie: »Es muss Tausende von Soldaten geben, die jeden Tag solche Dinge tun. Überall auf der Welt gibt es Auseinandersetzungen.«
Aung San Suu Kyi betont oft, sie wolle sich nicht von der Angst beherrschen lassen, auch wenn es häufig gute Gründe gebe, ängstlich zu sein. »Du darfst nie zulassen, dass die Angst dich daran hindert, das zu tun, was du für richtig hältst«, sagte sie. »Du darfst die Angst nicht verleugnen. Angst ist normal. Aber es ist gefährlich, sich von dem abbringen zu lassen, was du für richtig erachtest.«
Dann erwähnte sie, dass sie schon als Kind auf dieselbe Weise mit ihrer Angst umgegangen war, wie sie es während der Wahlkampagne und der ewigen Drangsalierungen durch die Junta getan hat – indem sie ihr trotzte. In der Kindheit hatte sie, wie die meisten Kinder, Angst vor der Dunkelheit, wenn sie abends schlafen gehen sollte. Doch anstatt sich die Decke über den Kopf zu ziehen und die Augen zuzumachen, stieg sie wieder aus dem Bett und lief in den finsteren Keller hinunter. Dort setzte sie sich auf den Boden und wartete, bis sie sich an die Dunkelheit gewöhnt hatte und ihre Angst kontrollieren konnte. Einer ihrer bekanntesten Aussprüche lautet: »Angst ist eine Angewohnheit.«
Nach dem Vorfall in Danubyu erkannte die Junta, dass Aung San Suu Kyi nicht einmal angesichts einer tödlichen Bedrohung zurückweichen würde. Außerdem hatte die Wahlkampagne gezeigt, dass sowohl die Demokratiebewegung als auch die ethnischen Minderheiten hinter ihr standen. Sogar große Teile der Armee blickten zu ihr auf, was bedeutete, dass sie eine direkte Bedrohung für den Machtanspruch der Junta darstellte. Gleichwohl glaubte sie nicht, dass die Junta ein Todesurteil über sie fällen würde, denn falls sie in aller Öffentlichkeit getötet werden sollte, würde dies eine Revolution auslösen. Dennoch hatte das Verhalten Kapitän Myint Oos gezeigt, dass es Elemente in der Armee gab, die sie gern tot gesehen hätten.
Im Laufe des Frühlings und des Sommers 1989 heizte sich das politische Klima weiter auf. Die Junta intensivierte ihre Drangsalierungen, und weitere Aktivisten wurden verhaftet und nach kurzen Gerichtsverfahren zu langen Gefängnisstrafen verurteilt.
Allerdings hinderte dies Aung San Suu Kyi nicht daran, ihre Kritik an der Militärführung zu verschärfen. Lian Sakhon, der heute in Schweden lebt, erinnert sich an eine Begegnung kurz vor dem jährlich stattfindenden Wasserfest in Rangun. Lian stammt aus dem Chin-Volk und gehörte damals zur Leitung der Allianz der ethnischen Minderheiten, UNLD . Er sollte nach Aung San Suu Kyi selbst eine Rede halten.
»Vor dem Auftritt wirkte sie völlig ruhig. Sie verzog nicht eine Miene, doch ihr Blick war intensiv und konzentriert, voller Energie, und die ganze Zeit starr geradeaus gerichtet. Sie trug eine weiße Bluse mit weiten Ärmeln, und genau vor ihrer Rede krempelte sie sie langsam über die Ellbogen auf. So etwas hatte ich noch nie zuvor gesehen. Sie sah aus wie ein Revolverheld, der sich auf ein Duell vorbereitete.«
Wenige Minuten später ging sie in ihrer Rede erstmalig zum Angriff gegen den ehemaligen Diktator Ne Win über. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte sie in ihren Ansprachen immer darauf verzichtet, ihn persönlich zu erwähnen. In Burma ist es üblich, die Älteren zu respektieren – sogar wenn es sich um brutale Volksmörder handelt –, und niemand in der Demokratiebewegung hatte gewagt, den ehemaligen Diktator zu kritisieren. Zwar hatte er sich im Sommer 1988 offiziell von der Macht verabschiedet, aber niemand zweifelte daran, dass er hinter den Kulissen noch immer die Fäden in der Hand hielt. Aung San Suu Kyi warf ihm nun vor, das Erbe ihres Vaters missbraucht und das Land in die Armut gestürzt zu haben, und bemängelte sein Unvermögen, endlich Frieden mit den ethnischen Minderheiten zu schließen.
Die Frage nach den Beziehungen zu den ethnischen Minderheiten wurde selbst innerhalb der Demokratiebewegung und der NLD kontrovers behandelt. Vor dem 19. Juli
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