Ikone der Freiheit - Aung San Suu Kyi
wieder freigelassen, andere erhielten lange Gefängnisstrafen.
Der Offizier, der ins Haus gekommen war, verlas die Anklage gegen Aung San Suu Kyi. Da sie geplant hatte, den Todestag ihres Vaters auf andere Art zu gedenken, sei sie eine »gefährliche« und »subversive« Person und würde unter Hausarrest gestellt. Das Haus wurde geräumt. Nur die Söhne und die beiden Hausangestellten durften bleiben.
Jetzt war Aung San Suu Kyi in demselben alten weißen Steinhaus am Inya See gefangen, in dem sie schon so viele Jahre ihrer Kindheit verbracht hatte.
7.
Kindheit
In den 1950er Jahren war Burma ein Land voll scharfer Kontraste. Auf der einen Seite herrschte Krieg und Unruhe – Aung San war tot, und die Gesellschaft durchlief eine immer deutlicher werdende Militarisierung –, auf der anderen Seite gab es einen starken Glauben an die Zukunft, an eine Wirtschaft, die nach dem Krieg wieder aufgebaut werden konnte, und an eine freiheitliche Gesellschaft, die Burma nie zuvor erlebt hatte.
Der dänische Lehrer und Autor Aage Krarup Nielsen beschreibt in seinem Buch
De gyldne Pagoders Land
(Das Land der goldenen Pagoden) aus dem Jahr 1958 die hellen Seiten des Landes. Er berichtet von Burmas enormen Naturressourcen: Mineralien und Rubine in den Gruben im Norden, riesige Teakwälder und fruchtbare Reisfelder. Darüber hinaus war das Bildungssystem gut ausgebaut und die Lesekompetenz die höchste in Südostasien. Krarup Nielsen begegnete Geschäftsleuten und Politikern, die Burma allesamt als ein Erfolgsbeispiel für andere asiatische Länder beschrieben. Zwar war der Begriff zu dieser Zeit noch nicht erfunden, aber alle gingen davon aus, dass Burma einer der »asiatischen Tiger« werden würde.
Gleichwohl stand Burma vor gewaltigen Problemen. Zunächst einmal war das Land nach dem Zweiten Weltkrieg zu großen Teilen zerbombt. Der japanische Vormarsch und der Gegenangriff der Alliierten hatten ganze Städte und Dörfer in Schutt und Asche gelegt. Der Hafen von Rangun lag in Trümmern und über 500 Züge und Eisenbahnwaggons waren beim Abzug der Japaner gesprengt worden. Gerade als mit dem Wiederaufbau begonnen werden sollte, waren die Kommunisten untergetaucht und hatten einen bewaffneten Kampf gegen die Zentralregierung begonnen. Drei Monate nach Erreichen der Souveränität hatten die Guerilla des Karenni-Volkes sowie die Karen mit ihrem bewaffneten Zweig der Karen National Liberation Army (KNLA) der Zentralregierung den Krieg erklärt. Die erste Phase des Bürgerkrieges war extrem blutig und verhinderte jedwede Entwicklung auf dem Lande. In dieser Periode hatte die Regierung U Nus nur das Gebiet um die Hauptstadt unter Kontrolle. Nach einigen Jahren konnte die Karen-Guerilla zwar zurückgedrängt werden, kontrollierte jedoch weiter große Teile des Karen-Staates und etablierte in der Praxis eine souveräne Nation in den Bergen zwischen Burma und Thailand.
Die meisten anderen ethnischen Gruppen verhielten sich anfangs loyal gegenüber der Regierung in Rangun, sorgten aber dennoch dafür, sich zu bewaffnen. Keine Gruppe vertraute gänzlich auf die Versicherungen der Burmanen, eine Souveränität im Rahmen einer föderalen Union zu garantieren. An Waffen war leicht heranzukommen. Japaner und Alliierte hatten große Arsenale hinterlassen, darüber hinaus hatten die meisten Gruppen in irgendeiner Form am Zweiten Weltkrieg teilgenommen.
Inmitten dieses Chaos wurde Burma außerdem zu einem Spielball des Kalten Krieges. Als Mao Zedongs Kommunisten die Macht in Peking 1949 übernahmen, floh Chiang Kaishek, der Anführer der Nationalisten, nach Taiwan. Seine Armee, die Kuomintang ( KMT ), errichtete eine Militärdiktatur auf der Insel und schwor, das chinesische Festland eines Tages wieder einzunehmen. Die westliche Welt stützte die KMT lange, und bis in die 1970er Jahre wurde ganz China bei der UN durch Taiwan vertreten.
Dieser Teil der Geschichte ist relativ bekannt. Weniger bekannt ist, dass zwei Armeeeinheiten Chiang Kai-sheks planten, Maos Vorgehensweise zu kopieren. Wie er wollten sie zunächst in einem abgelegenen Teil des Landes bleiben, dieses Areal weiträumig kontrollieren und von dort aus die Eroberung des restlichen Gebietes einleiten. Sie beschlossen, Jinghong in der südlichen Provinz Yunnan als Operationsbasis zu erobern, doch bevor sie ihren Plan verwirklichen konnte, hatte Maos Volksarmee bereits die Kontrolle über die Stadt übernommen. 1 700 Soldaten aus Chiang Kai-sheks 8. und 26. Armee zogen sich
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