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Ikone der Freiheit - Aung San Suu Kyi

Ikone der Freiheit - Aung San Suu Kyi

Titel: Ikone der Freiheit - Aung San Suu Kyi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jesper Bengtsson
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mehr als die problembeladenen Grenzgebiete von Optimismus und Glauben an die Zukunft geprägt war. Burma war auf dem Weg, sich als souveräner Staat zu etablieren. Das Land schloss sich den neugebildeten Vereinten Nationen an und empfing zahlreiche Delegationen, die ins Land kamen, um die politische Entwicklung zu studieren sowie Investitionsmöglichkeiten zu eruieren. Viele dieser ausländischen Gäste besuchten auch das Haus in der Tower Lane. Während des Krieges hatte Aung San ein beeindruckendes Kontaktnetz in Indien, Japan, Großbritannien und den unmittelbaren Nachbarländern aufgebaut. Khin Kyis Zuhause war darüber hinaus zu einem wichtigen Treffpunkt für Burmas politische und militärische Elite geworden. Nachdem Aung San gestorben war, hatte Khin Kyi zunächst beabsichtigt, ihren alten Beruf als Krankenschwester wiederaufzunehmen. U Nu und die anderen Landesführer waren allerdings der Ansicht, dass diese Aufgabe für die Witwe des burmesischen Nationalhelden viel zu gering war. Stattdessen wurde sie zur Chefin eines Komitees ernannt, das sich mit der Entwicklung der Gesundheitsfürsorge für Frauen und Kinder beschäftigte. Sie übernahm Aung Sans Parlamentssitz und leitete eine burmesische Delegation der Weltgesundheitsorganisation, WHO, die in Burma ein Projekt zur Bekämpfung der Malariakrankheit gestartet hatte. In der politischen Nachkriegslandschaft spielte Khin Kyi also eine wichtige Rolle.
    In den Interviews mit Alan Clements berichtet Aung San Suu Kyi über ihre ersten Kindheitserinnerungen, als sie auf dem Schoß von Offizieren und Soldaten sowie Kollegen ihres Vaters aus der Befreiungsbewegung saß, die inzwischen zu wichtigen Männern im Land geworden waren.
    U Nu kam regelmäßig vorbei, um Khin Kyis Rat zu politischen Fragen einzuholen, und sogar Ne Win und andere linientreue Generäle besuchten sie, um sich im Glanz des Vermächtnisses von Bogyoke Aung San zu sonnen.
    Am Vormittag des 16. Januar 1953 wurde die Familie erneut von einer Tragödie heimgesucht. Aung San Suu Kyi spielte mit ihrem Bruder Aung San Lin draußen vor dem Haus. Die beiden Kinder, sieben und acht Jahre alt, standen einander sehr nahe. Nachts schliefen sie im selben Zimmer, besuchten dieselbe Schule und durchstreiften häufig gemeinsam den Garten. An diesem Morgen tobten sie eine Weile draußen herum. Als Aung San Suu Kyi müde wurde und hineinging, um sich auszuruhen, lief ihr Bruder zu einem Teich, der neben der Auffahrt zum Haus lag. Dort verlor er sein Spielzeuggewehr, und als er es wieder aus dem Teich herausfischte, blieb eine seiner Sandalen im Matsch stecken. Er lief ins Haus, gab Aung San Suu Kyi sein Spielzeug und rief, dass er seine Sandale holen wolle. Eine Stunde später wurde er mit dem Gesicht im Wasser tot aufgefunden.
    Die Menschen in Burma haben gelernt, mit dem Tod als Teil ihres Alltags zu leben. Die Armut hat immer schon große Opfer gefordert. Das Land hat sich fast ununterbrochen im Kriegszustand befunden, wodurch gewaltsame Todesfälle oder das plötzliche Verschwinden von Menschen an der Tagesordnung waren. Infolgedessen hatte Burma während der gesamten Nachkriegszeit – und sogar bis hinein in unsere Tage – eine der höchsten Kindersterblichkeitsraten in ganz Asien zu verzeichnen. Das Problem wurde darüber hinaus in späteren Jahren noch verstärkt, weil die Junta so gut wie alle Ressourcen auf militärische Aufrüstung verwandte und das Gesundheitswesen vernachlässigte.
    Viele sind auch der Ansicht, dass der Buddhismus die Menschen viel besser als andere Religionen in die Lage versetzt, Trauer und Tragödien zu bewältigen. Ein Grundfundament im buddhistischen Glauben ist die Vergänglichkeit des Lebens; Glück und Leid wechseln einander stets ab, und kein Leid währt ewig. Als Mensch muss man daher lernen, sich an diesen Wechsel zu gewöhnen, ebenso sehr aber auch an die Erkenntnis, dass das Leben nicht mit dem Tod endet. Es nimmt lediglich andere Formen an, und die Seele lebt weiter.
    All das sind jedoch rein theoretische Erwägungen. Tatsächlich kann man sich als Reaktion auf den Tod eines Kindes kaum etwas anderes vorstellen als tiefe Trauer. Der Tod Aung San Lins muss insbesondere für die siebenjährige Aung San Suu Kyi einen enormen Verlust bedeutet haben.
    »Ich stand ihm sehr nahe […] wahrscheinlich wohl näher als jedem anderen. Wir wohnten im selben Zimmer und spielten zusammen. Sein Tod war ein großer Verlust für mich. Als er starb, verspürte ich sehr große Trauer,

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