Ilias
beschirmtest die Tor’ und die türmenden Mauern.
Nun wird dort an den Schiffen der Danaer, fern von den Eltern,
Reges Gewürm dich verzehren, nachdem du die Hunde gesättigt,
Nackt! Doch liegen genug der Gewand’ in deinem Palaste,
Fein und zierlich gewebt von künstlichen Händen der Weiber!
Aber ich werde sie all in lodernder Flamme verbrennen!
Nichts ja frommen sie dir, denn niemals ruhst du auf ihnen!
Brennen sie denn vor Troern und Troerinnen zum Ruhm dir!
Also sprach sie weinend, und ringsum seufzten die Weiber.
XXIII. Gesang
Achilleus mit den Seinen umfährt den Patroklos, wehklagt und legt den Hektor aufs Antlitz am Totenlager. In der Nacht erscheint ihm Patroklos und bittet um Bestattung. Am Morgen holen die Achaier Holz zum Scheiterhaufen. Patroklos wird ausgetragen, mit Haarlocken umhäuft und samt den Totenopfern verbrannt. Boreas und Zephyros erregen die Flamme. Den andern Morgen wird Patroklos’ Gebein in eine Urne gelegt und, bis Achilleus’ Gebein hinzukomme, beigesetzt; vorläufiger Ehrenhügel auf der Brandstelle. Wettspiele zur Ehre des Toten; Wagenrennen, Faustkampf, Ringen, Lauf, Waffenkampf, Kugelwurf, Bogenschuß, Speerwurf.
So nun seufzeten jene durch Ilios. Doch die Achaier,
Als sie nunmehr die Schiff’ und den Hellespontos erreichet,
Schnell zerstreuten sich alle, zum eigenen Schiff ein jeder.
Nur den Myrmidonen verbot der edle Achilleus
Sich zu zerstreun, und begann vor den kriegserfahrnen Genossen:
Reisige Myrmidonen, ihr wertgeachteten Freunde,
Auf, noch nicht den Geschirren entlöst die stampfenden Rosse,
Sondern zugleich mit Rossen und rollenden Wagen uns nahend,
Weinen wir erst Patroklos; denn das ist die Ehre der Toten.
Aber nachdem wir die Herzen des traurigen Grames erleichtert,
Lösen wir unsre Gespann’ und schmausen allhier miteinander.
Sprach’s und begann Wehklag; auch klageten alle Genossen.
Dreimal lenkten sie rings schönmähnige Ross’ um den Leichnam,
Trauernd, und Thetis erregte des Grams wehmütige Sehnsucht.
Naß war der Sand von Tränen, und naß die Rüstung der Männer,
Welche den Held vermißten, den mächtigen Schreckengebieter.
Peleus’ Sohn vor ihnen begann die jammernde Klage,
Hingelegt die mordenden Händ’ auf den Busen des Freundes:
Freude dir, o Patroklos, auch noch in Aides’ Wohnung!
Alles ja wird dir jetzo vollbracht, was zuvor ich gelobet:
Hektor, dahergeschleift, den zerfleischenden Hunden zu geben,
Auch zwölf Jünglinge dir am Totenfeuer zu schlachten,
Trojas edlere Söhn’, im Zorn ob deiner Ermordung!
Sprach’s, und schändlichen Frevel ersann er dem göttlichen Hektor,
Vorwärts am Leichengewand des Menötiaden ihn streckend
Hin in den Staub. Sie aber enthüllten sich alle der Rüstung,
Blank von Erz, und lösten die schallenden Rosse vom Wagen;
Setzten sich dann am Schiffe des äakidischen Renners,
Tausende; jener darauf gab köstlichen Schmaus der Begräbnis.
Viele der mutigen Stier’ umröchelten blutend das Eisen,
Abgewürgt, auch viele der Schaf’ und meckernden Ziegen;
Viel weißzahnige Schweine zugleich, in der Blüte des Fettes,
Sengten sie ausgestreckt in der lodernden Glut des Hephästos;
Und rings strömte das Blut, mit Schalen geschöpft, um den Leichnam.
Aber ihn selbst, den Herrscher, den rüstigen Peleionen,
Führten zum Held Agamemnon die waltenden Fürsten Achaias,
Kaum durch Worte bewegt; denn er zürnete wegen des Freundes.
Als sie das schöne Gezelt Agamemnons jetzo erreichten,
Schnell gebot Herolden von tönender Stimme der König,
Eilend auf Glut zu stellen ein großes Geschirr, ob gehorchte
Peleus’ Sohn, zu entwaschen den blutigen Staub von den Gliedern.
Aber er weigerte sich standhaft und gelobte mit Eidschwur:
Nein, bei Zeus, der waltet, der Seligen Höchster und Bester,
Nicht geziemt’s, daß eher ein Bad mir rühre die Scheitel,
Eh ich Patroklos auf Feuer gelegt und das Mal ihm geschüttet
Und mir geschoren das Haar! Denn nie wird fürder mir also
Gram durchdringen das Herz, solang ich mit Lebenden wandle!
Aber wohlan, jetzt fügen wir uns dem traurigen Gastmahl.
Doch am Morgen gebeut, o Völkerfürst Agamemnon,
Daß man Holz aus dem Wald herführ und alles bereite,
Was dem Toten gebührt, der ins nächtliche Dunkel hinabgeht:
Daß uns jenen nunmehr verbrenn unermüdetes Feuer
Schnell aus den Augen hinweg und das Volk zum Geschäfte sich wende.
Jener sprach’s; da hörten sie aufmerksam und gehorchten.
Als nun emsig umher die Abendkost
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