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Ilium

Titel: Ilium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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Blut vom Bart und grinste sie mit weißen Zähnen an. »Diese Vögel riechen Blut auf fünfzig Kilometer Entfernung … und hier draußen auf der Ebene sind in der Abenddämmerung Hunderte von diesen Terrorvögel-Jagdpaaren unterwegs.«
    Harman drehte sich um und lief, so schnell er konnte, zum Sonie, um die Beutel zu holen.
     
    Ada bemerkte, dass Savi und Daeman schon vor dem Abendessen betrunken waren.
    Das Essen wurde in einem gläsernen Raum serviert, der seitlich an der obersten Querstrebe des Südturms befestigt war. Savi wärmte in einer ganz normalen Mikrowellenblase Fertigmahlzeiten auf, aber Ada war fasziniert – sie hatte noch nie gesehen, wie eine Mahlzeit ausschließlich von einem Menschen zubereitet wurde. Beim Essen fiel das Fehlen von Servitoren in den Wohnbereichen der Golden Gate noch mehr auf.
    Odysseus war draußen auf der breiten Querstrebe der Brücke. Dort hatte er ein plumpes Gebilde aus Stein und Metall errichtet, in dem er von der Ebene mitgebrachtes Holz verbrannte. Es hatte zu regnen begonnen, und Odysseus musste das Feuerholz hoch aufschichten, damit es weiterbrannte. Flammen erhellten den Rost und den verblichenen orangefarbenen Anstrich an der Seite des Turms.
    Harman schaute durch die durchsichtige grüne Wand hinaus, trank einen Schluck von seinem Gin und fragte: »Ist das eine Art Altar für seine heidnischen Götter?«
    »Nicht ganz«, sagte Savi. »So bereitet er sein Essen zu.« Sie trug Schüsseln und Teller zu dem runden Tisch, wo die anderen warteten. »Ruf ihn bitte herein«, sagte sie zu Harman. »Unser Essen wird kalt, während seins verkohlt, und ein Gewitter kommt über die Berge. Es ist keine so gute Idee, sich bei einem Gewitter draußen auf dem Brückenaufbau aufzuhalten.«
     
    Als sie schließlich Platz genommen hatten, stellte Odysseus die Holzplatten mit dampfendem Fleisch auf einen Tresen in der Nähe, sodass niemand das vom Feuer geschwärzte Zeug anschauen musste, und Savi reichte einen Weinkrug herum. Sie füllte ihr eigenes Glas zuletzt, und Ada hörte die alte Frau flüstern: »Baruch atah adonai, eloheno melech ha olam, borai pri hagafen.«
    »Was heißt das?«, fragte Ada leise. Die anderen lachten gerade über etwas, was Daeman gesagt hatte, und schienen Savis Gemurmel nicht bemerkt zu haben. Ada hatte noch nie eine andere Sprache gehört, außer im Turin-Drama; dort sprachen die Kämpfer irgendein Kauderwelsch, aber irgendwie wurde jedes Wort übersetzt, sodass jeder, der unter dem Tuch lag, die Bedeutung trotzdem verstand.
    Savi schüttelte den Kopf, aber Ada wusste nicht, ob das heißen sollte, dass sie die Bedeutung der merkwürdigen Worte nicht kannte, oder dass sie keine Lust hatte, sie ihnen zu erklären.
    »Ich habe alle Ebenen der Brücke und der Blasen um die Brücke herum erkundet«, sagte Hannah aufgeregt. »Das Metall der Brücke selbst ist alt und rostig, aber … eindrucksvoll. Und in einigen Räumen unten gibt es seltsam geformte Gebilde aus Metall. Sie stehen frei im Raum, gehören zu keiner Konstruktion. Manche haben die Gestalt von Männern und Frauen.«
    Savi lachte bellend. Sie schenkte sich bereits Wein nach. Diesmal sprach sie keine fremdartigen Worte dazu.
    »Das sind Statuen«, sagte Odysseus. »Skulpturen. Habt ihr so etwas noch nie gesehen?«
    Hannah schüttelte langsam den Kopf. Sie hatte zwar Jahre damit verbracht zu lernen, wie man Metall schmolz und goss, aber Ada wusste, dass der Gedanke, Dinge nach Menschen oder anderen Lebewesen zu formen, schockierend war. Ada fand ihn ebenfalls seltsam.
    »Sie haben keine Kunst«, sagte Savi schroff zu Odysseus. »Keine Skulpturen, keine Gemälde, kein Kunsthandwerk, keine Fotografie, keine Holografie, nicht einmal Genmanipulation. Keine Musik, keinen Tanz, kein Ballett, keinen Sport und keinen Gesang. Kein Theater, keine Architektur, kein Kabuki, keine No-Stücke, kein gar nichts. Sie sind so kreativ wie … frisch geschlüpfte Vögel. Nein, das nehme ich zurück … selbst Vögel können singen und ein Nest bauen. Diese Eloi der letzten Tage sind stumme Kuckucke, die die Nester anderer Vögel bewohnen, ohne dafür auch nur mit einem Lied zu bezahlen.« Savis Aussprache wurde allmählich ein wenig undeutlich.
    Odysseus sah Hannah, Ada, Daeman und Harman an. Seine Miene war unergründlich. Währenddessen starrten die vier Gäste Savi an und fragten sich, weshalb ihre Stimme so zornig klang.
    »Andererseits«, fuhr Savi fort und schaute dabei nur Odysseus in die Augen, »haben sie auch

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