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Ilium

Titel: Ilium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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Bronzespitze im Gras ab.
    Eine Woge des Schwindelsgefühls überlief Ada, die immer noch in der Nähe des Busches stand, und sie beschloss, sich ins Gras zu setzen, um nicht ohnmächtig zu werden. Sie hatte noch nie gesehen, wie ein Tier von einem Menschen getötet, geschweige denn so fachmännisch geschlachtet und teilweise abgehäutet wurde. Es war schrecklich … effizient. Beschämt über ihre Reaktion ließ sie den Kopf auf die Knie sinken, bis keine schwarzen Punkte mehr in ihrem Gesichtsfeld herumtanzten.
    Harman legte ihr besorgt die Hand auf den Rücken, aber als sie ihn mit einer Handbewegung abwehrte, ging er zu dem Kadaver hinaus.
    »Bleibt, wo ihr seid«, rief Odysseus.
    Harman blieb verwirrt stehen. »Sie sind weg. Ich wollte nur tragen helfen …«
    Odysseus hob die Hand, damit Harman blieb, wo er war. »Das ist nicht meine Jagdbeute. Das ist … Nicht bewegen.«.
    Harman und Ada drehten das Gesicht nach Westen. Zwei schwarz-weiß-rote, zweibeinige Gestalten näherten sich in sehr hohem Tempo, noch schneller, als die Weidetiere geflohen waren. Ada spürte, wie ihr die Luft wegblieb, und sie sah, wie Harman erstarrte.
    Die Kreaturen liefen mit einer Geschwindigkeit von fast hundert Stundenkilometern auf den blutigen Kadaver des Weidetiers und den knienden Odysseus zu und kamen dann in einer kleinen Staubwolke schlitternd zum Stehen. Ada erkannte, dass es die Vögel waren, die sie vom Sonie aus gesehen hatte – Terrorvögel hatte Savi sie genannt –, aber die wie unbeholfene Hühner einherstolzierenden straußenartigen Geschöpfe, die aus großer Höhe seltsam amüsant gewirkt hatten, erwiesen sich in Wahrheit als Furcht erregend.
    Die beiden Terrorvögel waren fünf Schritte vor dem Kadaver stehen geblieben und sahen nun Odysseus an. Jeder Vogel war fast drei Meter groß und hatte kurze weiße Federn am muskulösen Rumpf, schwarze Federn an den verkümmerten Flügeln und kräftige Beine, die so dick waren wie Adas Körper. Die Schnäbel der Vögel mussten weit über einen Meter lang sein; sie waren bösartig gekrümmt und ums Maul herum rot – wie in Blut getaucht – und wurden von kräftigen Kiefermuskeln bewegt, die sich unter dem halben Dutzend vom Hinterkopf abstehenden langen roten Federn wölbten. Die Augen unter den Saurierstirnen waren von einem schrecklichen, boshaften Gelb mit einem blauen Ring drumherum. Zusätzlich zu ihren Raubtierschnäbeln besaßen die Vögel kräftige Krallen – jede so lang wie Adas Unterarm – und einen noch bösartiger aussehenden Sporn am Gelenk jedes rudimentären Flügels.
    Ada wusste sofort, dass diese Monster keine reinen Aasfresser, sondern schreckliche Raubvögel waren.
    Odysseus stand auf, einen langen Speer in der Linken, den blutigen Speer in der Rechten. Die Köpfe der Terrorvögel ruckten unisono zurück, gelbe Augen zwinkerten gelben Augen zu, und das Jagdpaar lief wie gut choreografierte Tänzer auseinander und machte sich bereit, Odysseus von beiden Seiten anzugreifen. Ada konnte den Aasgestank der Ungeheuer riechen. Sie zweifelte nicht daran, dass diese kräftigen, nackten Beine jeden Terrorvogel mit einem Satz sechs Meter oder mehr auf seine Beute – Odysseus – zu katapultieren konnten; und wenn die eine Tonne schweren Monster landeten, dann würden ihre ausgestreckten Krallen sich tief ins Fleisch graben und es zerreißen. Es war ebenfalls nicht zu übersehen, dass die beiden ein perfekt zusammenarbeitendes Killerteam waren.
    Odysseus wartete nicht ab, bis sie ihre Positionen erreicht hatten oder angriffen. Mit tödlicher Eleganz schleuderte er dem Terrorvogel zu seiner Linken den ersten Speer flach, geradeaus und hart in die muskulöse Brust und wirbelte dann zum zweiten Vogel herum. Der erste Vogel stieß ein markerschütterndes Kreischen aus, das Adas Lungen gefrieren ließ, aber nur eine Sekunde später gab Odysseus ein ebenso lautes Gebrüll von sich, als er über den Kadaver des Weidetiers sprang, den zweiten Speer von der linken in die rechte Hand warf und mit der Bronzespitze nach dem rechten Auge des zweiten Terrorvogels stieß.
    Der erste Vogel taumelte zurück, krallte nach dem Speer, der aus seiner Brust ragte, und brach den dicken Eichenschaft ab. Der zweite Vogel wich Odysseus’ Stoß aus, indem er seinen Kopf zurückpendeln ließ wie eine Kobra. Offensichtlich überrascht vom Angriff dieses kleinen, federlosen Zweibeiners, machte der Vogel zwei Rückwärtssprünge, die ihn drei Meter nach hinten versetzten, und krallte nach

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