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Ilium

Titel: Ilium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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dem parierenden Speer.
    Odysseus musste den unhandlichen Speer nach jedem Stoß rasch zurückziehen, damit er ihm nicht aus den Händen gerissen wurde. Immer noch schreiend, trat der Mann zurück und schien über den blutigen Kadaver des Weidetieres zu stolpern. Er rollte sich auf die Seite.
    Der unverletzte Terrorvogel sah seine Chance und nutzte sie. Er sprang fast zwei Meter hoch in die Luft und stürzte sich mit ausgestreckten Klauen und Mörderkrallen auf Odysseus.
    Odysseus kam in einer einzigen flüssigen Bewegung aus dem Rollen heraus auf ein Knie hoch und pflanzte das Ende des Speers auf den Boden. Sekundenbruchteile später stürzte der Terrorvogel in den Speer und trieb sich mit dem vollen Gewicht seines Körpers die Bronzespitze durch die muskulöse Brust in sein schreckliches Herz. Odysseus musste erneut beiseite rollen, als das riesige Geschöpf leblos dort landete, wo er gekniet hatte.
    »Vorsicht!«, schrie Harman und lief auf das Kampfgetümmel zu.
    Der erste Terrorvogel – Blut strömte aus der Speerwunde, und der abgebrochene Schaft steckte noch in seiner Brust – ging von hinten auf Odysseus los. Der Kopf des Vogels schnellte an seinem fast zwei Meter langen gefiederten Schlangenhals nach vorn, und der riesige Schnabel schnappte genau an der Stelle zu, wo Odysseus’ Kopf hätte sein müssen, wenn er zurückgewichen wäre. Stattdessen hatte sich der Krieger jedoch nach vorn geworfen und rollte nun erneut herum, diesmal aber mit leeren Händen, als der Terrorvogel an ihm vorbeilief und dann herumwirbelte. Er wechselte die Richtung fast mit derselben unglaublichen Schnelligkeit wie die Weidetiere mit den seltsamen Gelenken.
    »He!«, rief Harman und warf einen Stein nach dem riesigen Vogel.
    Der Kopf des Terrorvogels ruckte in die Höhe, in den gelben Augen stand ein Ausdruck des Erstaunens über diese Unverschämtheit, und das riesige Raubtier schnellte nach vorn, auf Harman zu, der in der lockeren Erde ins Rutschen geriet, mit hoher Stimme »Scheiße!« rief und dorthin zurückkrabbelte, woher er gekommen war. Plötzlich erkannte Harman, dass er dem Monster nicht weglaufen konnte, und er machte mit gespreizten Beinen und erhobenen Fäusten kehrt, um den Angriff des Terrorvogels mit bloßen Händen abzuwehren.
    Ada suchte nach einem Stein, einem Stock, irgendeiner Waffe. Es war keine in Reichweite. Sie sprang auf.
    Odysseus ergriff seinen Schild, benutzte den Kadaver des Weidetiers als Sprungbrett und sprang dem Terrorvogel auf den Rücken. Gleichzeitig zog er sein Kurzschwert aus der Scheide.
    Der Vogel lief weiter auf Harman und Ada zu, aber jetzt drehte er den Hals, der Kopf ruckte, und der riesige rote Schnabel klackte gegen Odysseus’ kreisrunden Schild. Jedes Mal wenn die massiven Kiefer zustießen, wurde Odysseus nach hinten geworfen, aber seine Beine waren in zwei Meter Höhe fest um den Leib des Vogels geschlungen, und obwohl er sich weit zurücklehnte wie ein Kunstreiter im Turin-Drama, fiel er nicht herunter. Als der Kopf des Terrorvogels dann herumfuhr und seine gelben Augen Harman fanden, beugte Odysseus sich vor, zog das Schwert tief unten über den weiß gefiederten Hals des riesigen Vogels und schnitt ihm die Drosselvene durch.
    Er sprang herunter, landete auf den Füßen und lief zu Harman, während der Terrorvogel zusammenbrach und reglos keine drei Meter vor ihnen liegen blieb. Blut spritzte anderthalb Meter hoch in die Luft, dann wurde die rote Fontäne kleiner und verebbte, als das riesige Herz zu schlagen aufhörte.
    Keuchend, besudelt mit Weidetier- und Terrorvogelblut, Gras und Schlamm, das blutige Schwert und den Schild noch immer hoch erhoben, grinste Odysseus durch seinen Bart und sagte: »Ich wollte eigentlich nur einen zum Abendessen, aber den zweiten zerlegen wir auch, für später.«
    Ada kam zu Harman und berührte ihn am Arm. Er schaute sich nicht um. Seine Augen waren weit aufgerissen.
    Odysseus ging zum nächsten Vogel, schnitt ihm den riesigen Kopf ab und fuhr mit seinem Abhäutemesser über die ganze Brust. Er schälte Fleisch, Haut und Federn so lässig ab, als hülfe er jemandem aus einem dicken Mantel. »Ich brauche noch mehr Plastikbeutel«, sagte er zu Harman und Ada. »In einem Fach am hinteren Ende des Sonie sind welche. Sagt einfach: ›Fach öffnen‹ zu der Maschine, dann macht sie es auf. Aber beeilt euch.«
    Harman hatte sich umgedreht, um zum Sonie zu gehen, hielt dann jedoch inne. »Beeilen? Warum?«
    Odysseus wischte sich mit dem Handrücken

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