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Ilium

Titel: Ilium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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›Wie funktioniert es?‹ Es funktioniert eben. Wie Servitoren oder fließendes Wasser. Man benutzt ein Faxportal, um von einem Ort zum anderen zu kommen, von einem Faxknoten zum nächsten.«
    Harman hob die Hand. »Ich glaube, Savi Uhr meint, wie die Maschinerie funktioniert, die uns das Faxen ermöglicht, Daeman Uhr.«
    »Das habe ich mich auch schon ein paar Mal gefragt«, sagte Hannah. »Ich weiß, wie man einen Schmelzofen baut, mit dem man Metall schmelzen kann. Aber wie baut man ein Faxportal, das uns von hier nach dort schickt, ohne dass man … die Strecke dazwischen zurücklegen muss?«
    Savi lachte. »Das tut es nicht, liebe Kinder. Eure Faxportale schicken euch nirgendwohin. Sie vernichten euch. Zerreißen euch in Atome. Und nicht einmal die schicken sie irgendwohin, sondern speichern sie nur, bis sie von der nächsten Person benötigt werden, die hergefaxt kommt. Man bewegt sich nirgendwohin, wenn man gefaxt wird. Man stirbt einfach, und woanders wird dann ein neues Ich aufgebaut.«
    Odysseus trank seinen Wein und betrachtete das abziehende Gewitter. Er schien sich nicht für Savis Erklärungen zu interessieren. Die anderen vier starrten sie an.
    »Also«, sagte Ada, »das ist … das ist …«
    »Verrückt«, sagte Daeman.
    Savi lächelte. »Ja.«
    Harman räusperte sich und stellte seine Kaffeetasse ab. »Wenn wir beim Faxen jedes Mal vernichtet werden, Savi Uhr, wie kommt es dann, dass wir uns an alles erinnern, wenn wir … woanders ankommen?« Er hob den rechten Arm. »Und diese kleine Narbe. Die habe ich mir vor sieben Jahren zugezogen, als ich zweiundneunzig war. Normalerweise werden diese kleinen Probleme beseitigt, wenn wir an jedem Zwanziger in die Klinik kommen, aber …« Er brach ab, als sähe er die Antwort selbst.
    »Ja«, sagte Savi. »Die Maschinengehirne hinter den Faxportalen merken sich eure kleinen Unvollkommenheiten, genauso wie eure Erinnerungen und die Zellstruktur eures Körpers, und schicken die Informationen – nicht euch, sondern die Informationen – von einem Faxknoten zum anderen, und alle zwanzig Jahre machen sie ein Update von euch und reparieren eure alternden Zellen – was ihr als eure Besuche in der Klinik bezeichnet –, aber was glaubst du, weshalb ihr an eurem hundertsten Geburtstag verschwindet, Harman Uhr? Weshalb hören sie auf, euch zu erneuern, wenn ihr hundert Jahre alt werdet? Und wohin gehst du an deinem nächsten Geburtstag?«
    Harman schwieg, aber Daeman sagte: »Zu den Ringen, du törichte Frau. Am Fünften Zwanziger fahren wir alle zu den Ringen auf.«
    »Um zu Nachmenschen zu werden.« Savi verkniff sich nur mit Mühe ein spöttisches Grinsen. »Um in den Himmel aufzufahren und zur rechten Hand … von irgendjemanden zu sitzen.«
    »Ja«, sagte Hannah, ließ es jedoch wie eine Frage klingen.
    »Nein«, sagte Savi. »Ich weiß nicht, was aus euren Gedächtnismustern wird, die die Logosphäre bewahrt, bis ihr hundert werdet, aber ich weiß, dass sie die Daten nicht zu den Ringen schicken. Vielleicht werden sie gespeichert, aber ich vermute eher, sie werden einfach vernichtet. Zerhackt.«
    Zum zweiten Mal an diesem langen Tag glaubte Ada, sie würde gleich in Ohnmacht fallen. Trotzdem fand sie als Erste die Stimme wieder. »Warum könnt ihr beide – du und Odysseus Uhr – die Faxknoten nicht benutzen, Savi Uhr? Oder verzichtet ihr nur freiwillig darauf?« Weil ihr nicht wollt, dass ihr vernichtet werdet, dass die Atome eurer Körper wie die Leiber der Weidetiere und des Terrorvogels, die wir heute Abend gegessen haben, in Fetzen gerissen werden. Ada tauchte die Finger in ihr Wasserglas und legte die Fingerspitzen an ihre Wangen.
    »Odysseus kann nicht faxen, weil die Logosphäre keine Aufzeichnung von ihm besitzt«, sagte Savi leise. »Sein erster Faxversuch wäre sein letzter.«
    »Logosphäre?«, wiederholte Harman.
    Savi schüttelte wieder den Kopf. »Das ist ein kompliziertes Thema. Zu kompliziert für eine alte Frau, die heute Abend zu viel getrunken hat.«
    »Aber du wirst es uns bald erklären?«, drängte Harman.
    »Ich werde es euch morgen zeigen«, sagte Savi. »Bevor sich unsere Wege wieder trennen.«
    Ada fing Harmans Blick auf. Er konnte seine Erregung kaum bezähmen.
    »Aber diese Logosphäre … was immer das ist«, sagte Hannah, »hat eine Aufzeichnung von dir? Für die Faxknoten? Du könntest also faxen?«
    Savi setzte ihr freudloses Lächeln auf. »O ja. Sie kennt mich noch aus der Zeit vor über vierzehnhundert Jahren, als ich an

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