Ilium
»Ja, Kommandeur.«
»Schick einen Trupp in die Stadt – in diese Stadt, Ilium – und errichte ein Hochleistungskraftfeld zu ihrem Schutz«, befahl Orphu. »Errichte ein weiteres zum Schutz des achäischen Lagers, das du an der Küste siehst.«
»Ein Hochleistungsfeld, Sir?«, fragte der Zenturio. Mahnmut wusste, dass die Energieversorgung eines solchen Feldes den Fusionsreaktor des Raumschiffs wahrscheinlich bis an die Grenze belasten würde.
»Volle Stärke«, sagte Orphu. »Zur Abwehr von Angriffen mit Lanzen, Lasern, Masern, Raketen aller Art, nuklearen und thermonuklearen Sprengkörpern, Neutronen-, Plasma- und Antimateriebomben sowie Pfeilen. Das sind unsere Verbündeten, Zenturio.«
»Ja, Sir.« Die Onyx-Gestalt drehte sich um und kommunizierte per Engstrahl. Ein Dutzend weitere Soldaten kam mit schweren Projektoren die Rampe herunter. Die dunklen Soldaten trabten im Eiltempo vom Hügel in beide Richtungen, bis nur noch der Zenturio Ahoo bei Mahnmut und Orphu stand. Die gelandeten Hornissenflieger erhoben sich summend in die Luft, kreisten und schwenkten ihre Waffen hin und her.
Perimos kam näher. Der Kamm auf dem polierten, aber zerbeulten Helm reichte dem Zenturio Ahoo kaum bis an die ausgeprägte Brust. Perimos hob die Faust und klopfte mit den Knöcheln an den Duraplast-Brustharnisch. »Interessante Rüstung«, sagte der Trojaner. Er wandte sich wieder Mahnmut zu. »Kleiner Gehilfe, wir werden Hektor in den Kampf folgen. Willst du dich uns anschließen?« Er zeigte auf den riesigen Kreis, der im Süden aus dem Himmel und dem Boden gebissen war. Weitere trojanische und achäische Einheiten marschierten durch das Quantenportal. Sie rannten nicht, sondern marschierten im disziplinierten Schritt, ihre Streitwagen und Schilde glänzten, die Banner flatterten, die Speerspitzen fingen das Sonnenlicht der Erde auf dieser Seite und das Marslicht auf der anderen ein.
»Ja«, sagte Mahnmut. »Das will ich.« Zu Orphu sagte er auf Engstrahl: Kommst du hier zurecht, alter Knabe?
Aber ja. Der Zenturio Mep Ahoo beschützt mich, sendete der Ionier.
An der Spitze des kleinen Trojanerkontingents, das sich Hektor anschließen wollte, marschierte Mahnmut neben Perimos den Hang hinunter. Nach den neunjährigen Gezeiten des Kampfes war das Dickicht dort inzwischen weitgehend niedergetrampelt. Am Fuß des Hügels hielten sie inne, als eine merkwürdige Gestalt auf sie zutaumelte – ein nackter, bartloser Mann mit verfilztem Haar und etwas verstörtem Blick. Er ging vorsichtig, suchte sich mit blutigen Füßen seinen Weg über die Steine und trug nichts weiter als ein Medaillon.
»Hockenberry?«, sagte Mahnmut auf Englisch. Er glaubte seinen eigenen visuellen Erkennungsschaltkreisen nicht zu trauen.
»Melde mich zur Stelle«, sagte der Scholiker grinsend. »Wie geht’s denn so, Mahnmut.« Auf Griechisch sagte er: »Guten Tag, Perimos, Sohn des Megas. Ich bin Hockenberry, Sohn des Duane, Freund von Hektor und Achilles. Wir haben uns heute Vormittag kennen gelernt, erinnerst du dich?«
Mahnmut hatte bis zu dieser Minute noch nie einen nackten lebenden Menschen gesehen, und er hoffte, es würde sehr, sehr lange dauern, bis er einen zweiten sah. »Was ist mit dir passiert? Und wo sind deine Kleider?«, fragte er.
»Das ist eine lange Geschichte«, sagte Hockenberry, »aber ich könnte sie bestimmt aufs Wesentliche reduzieren und beenden, bevor wir durch dieses Loch im Himmel da drüben marschieren.« Zu Perimos sagte er: »Sohn des Megas, besteht vielleicht die Möglichkeit, dass ich ein paar Kleidungsstücke von deiner Gruppe bekomme?«
Perimos erkannte Hockenberry jetzt offenbar und erinnerte sich an ihre unterbrochene Beratung der Hauptleute auf dem Batieía, bei der sowohl Achilles als auch Hektor sich ihm gefügt hatten. Er drehte sich um und schnauzte seine Männer an: »Kleider für diesen Fürsten! Den besten Umhang, die neuesten Sandalen, die beste Rüstung, die glänzendsten Beinschienen und die sauberste Unterwäsche!«
Autonoos trat vor. »Wir haben keine zusätzlichen Kleider oder Rüstungen oder Sandalen dabei, edler Perimos, und auch keine saubere Unterwäsche.«
»Dann zieh dich sofort aus und gib ihm deine!«, brüllte der trojanische Befehlshaber. »Aber bring vorher die Läuse um! Das ist ein Befehl!«
62
Ardis
Der Himmel fiel weiterhin herab, den ganzen Nachmittag hindurch bis in den Abend hinein.
Ada war auf Ardis Halls lange Rasenfläche hinausgeeilt, um die blutigen Striche zu
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