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Ilium

Titel: Ilium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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begann. Der Blip antwortete nicht.
    Seht ihr das?, fragte Koros III.
    Mahnmut sah es. Das Objekt war keine zwei Meter lang – ein offener Streitwagen ohne Pferde, umgeben von einem schimmernden Kraftfeld. In dem Gefährt standen zwei Humanoide, ein Mann und eine Frau. Die Frau lenkte es offenbar, der größere Mann stand einfach nur da und starrte geradeaus, als könnte er das rund achttausend Kilometer entfernte, getarnte Schiff sehen. Die Frau war groß, von königlicher Statur und blond; der Mann hatte kurzes graues Haar und einen weißen Bart.
    Orphu ließ sein Lachen über den öffentlichen Kanal rumpeln. Sieht aus wie Gott auf alten Bildern, sagte er. Ich weiß nicht, wer seine Freundin ist.
    Als hätte er diese Beleidigung gehört, hob der Mann mit dem weißen Bart den Arm.
    Das Bild leuchtete grell auf und erlosch im selben Moment, als Mahnmut gegen die Gurte seiner Andruckliege geworfen wurde. Er spürte, wie das Schiff zweimal schrecklich erbebte und dann wild zu taumeln begann. Zentrifugalkräfte schleuderten Mahnmut nach rechts, nach oben und dann nach links.
    Seid ihr alle wohlauf?, schrie er über den öffentlichen Kanal. Könnt ihr mich hören?
    Etliche Sekunden lang hörte er nichts als Stille und das Rauschen der Leitung, dann kam Orphus ruhige Stimme durch das Fauchen der statischen Störungen. Ich höre dich, mein Freund.
    Ist alles in Ordnung mit dir? Ist das Schiff noch intakt? Haben wir auf sie geschossen?
    Ich bin beschädigt und blind, sagte Orphu unter dem Zischen, und Knistern der Störungen. Aber ich habe gesehen, was passiert; ist, bevor die Explosion mich geblendet hat. Wir haben nicht auf sie geschossen. Aber das Schiff ist – halb zerstört, Mahnmut.
    Halb zerstört?, wiederholte Mahnmut begriffsstutzig. Was …
    Eine Art Energielanze. Der Kontrollraum – Koros und Ri Po – fort. Verdampft. Der ganze Bug ist weg. Der vordere Rumpf ist weggeschmolzen. Das Schiff überschlägt sich zweimal pro Sekunde. Es wird bald auseinanderbrechen. Mein Panzer hat einen Riss. Meine Steuerdüsen sind zerstört. Die meisten Manipulatoren auch. Ich verliere Energie und Hüllenintegrität. Bring das U-Boot vom Schiff weg – schnell!
    Ich weiß nicht wie!, rief Mahnmut. Koros hatte das Steuerpaket. Ich weiß nicht…
    Plötzlich machte das Schiff einen neuerlichen Satz, und die Kommunikations- und Bildleitungen waren vollständig unterbrochen. Mahnmut hörte ein lautes Zischen durch die Hülle und erkannte, dass das Schiff um ihn herum verkochte. Er schaltete die Kameras des U-Boots ein und sah überall nur Plasmaleuchten.
    Die Dark Lady taumelte und drehte sich immer heftiger, aber Mahnmut konnte nicht erkennen, ob sie es selber tat oder ob sich die Bewegungen des sterbenden Schiffes auf sie übertrugen. Er schaltete weitere Kameras, die Unterwassertriebwerke seines U-Boots und das Schadenkontrollsystem ein. Die Hälfte der Systeme funktionierte nicht oder reagierte nur langsam.
    Orphu? Keine Antwort. Mahnmut aktivierte die Rundum-Maser und probierte es per Engstrahl. Orphu?
    Keine Antwort. Das Taumeln verstärkte sich. Der für Koros’ Ankunft mit Luft gefüllte Laderaum der Dark Lady verlor abrupt seine gesamte Atmosphäre, und das U-Boot geriet noch heftiger ins Trudeln.
    Ich komme dich holen, Orphu!, rief Mahnmut. Er sprengte die innere Luftschleusentür weg und löste seine Gurte. Irgendwo hinter ihm, entweder im Schiff, das sich selbst zerriss, oder in der Dark Lady, explodierte etwas und schleuderte Mahnmut heftig gegen die Schalttafel und dann in die Dunkelheit.
     

13
Das Trockental
    Nach einem guten Frühstück, das die Servitoren von Daemans Mutter ihnen in ihren Gästewohnungen in Paris-Krater serviert hatten, faxten Ada, Harman, Hannah und Daeman am Vormittag zum Schauplatz des letzten Burning Man.
    Der Faxknoten war natürlich erleuchtet, aber außerhalb des kreisrunden Pavillons herrschte tiefe Nacht, und trotz des halb durchlässigen Kraftfelds konnte man das Heulen des Windes hören. Harman wandte sich an Daeman. »Das war der Code, den ich hatte – einundzwanzig sechsundachtzig. Glaubst du, dass wir hier richtig sind?«
    »Das hier ist ein Faxknoten-Pavillon«, sagte der jüngere Mann in klagendem Ton. »Die sehen alle gleich aus. Außerdem ist es dunkel draußen. Und es ist niemand da. Woher soll ich wissen, ob das der Ort ist, wo ich vor achtzehn Monaten am helllichten Tag und zusammen mit einem Haufen anderer Leute war?«
    »Der Code klingt irgendwie richtig«, meinte Hannah.

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