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Ilium

Titel: Ilium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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Raketen transportierten sie aus der Flugbahn des Schiffes.
    Werfe Segel und Solenoid ab, kam Orphus Stimme über den öffentlichen Kanal. Mahnmut sah auf den Bildern mehrerer Kameras in der Außenhülle, wie diese Komponenten in den Raum geschleudert wurden.
    Mahnmut schaltete wieder auf die Bugkameras. Der Mars war jetzt deutlich zu sehen; er lag nur 18 Millionen Kilometer vor und unter ihnen. Ri Po legte Einblendungen der Flugbahn über das Bild. Ihr Anflug sah perfekt aus. Kleine, interne Ionentriebwerke bremsten das Schiff weiter ab und würden sie bald in eine Polare Umlaufbahn befördern.
    Keine Anzeichen für Radarkontakte oder andere sensorische Erfassung, sagte Koros III. Kein Versuch, uns abzufangen.
    Mahnmut fand, dass der Ganymeder sehr würdevoll war, aber auch dazu neigte, das Offensichtliche zu konstatieren.
    Wir bekommen Daten über unsere passiven Sensoren herein, sagte Ri Po.
    Mahnmut warf einen Blick auf die Anzeigen. Wenn sie im Anflug auf Europa gewesen wären, hätten die Geräte Radio-, Gravitonen-, Mikrowellen- und etliche andere typisch technische Emissionen von dem von Moravecs bewohnten Mond aufgefangen. Der Mars gab nichts dergleichen zu erkennen. Aber die terraformte Welt war ohne Zweifel bewohnt. Das am Bug montierte Teleskop fing bereits Bilder der weißen Häuser auf dem Olympus Mons ein und zeigte die geraden und krummen Kerben von Straßen, die Steinköpfe an der Küste des Nordmeers und sogar vereinzelte Bewegungen und Aktivitäten, aber es gab keinen Funkverkehr, keine Mikrowellenübertragungen, keine Spuren der elektromagnetischen Signatur einer technischen Zivilisation. Mahnmut erinnerte sich an den Ausdruck, den Ri Po benutzt hatte – idiots savant!
    Eintritt in den Marsorbit in sechzehn Stunden, verkündete Koros. Anschließend beobachten wir den Planeten weitere vierundzwanzig Stunden aus der Umlaufbahn. Mahnmut, mach dein U-Boot für den Abstieg aus dem Orbit in dreißig Stunden bereit.
    Ja, sagte Mahnmut auf dem öffentlichen Kanal und unterdrückte den Impuls, ein »Sir« dranzuhängen.
     
    Fast während der gesamten vierundzwanzig Stunden, die sie im polaren Orbit um den Mars kreisten, schien dort alles ruhig zu sein.
    Im Stickney-Krater auf Phobos gab es künstliche Objekte – Bergbaumaschinen, die Reste eines Magnetbeschleunigers, zerstörte Wohnkuppeln und Roboterrover –, aber sie waren kalt, staubig, pockennarbig und über drei Jahrtausende alt. Wer immer den Mars im letzten Jahrhundert terraformt hatte, mit den uralten Artefakten auf dem inneren Mond hatte er nichts zu tun.
    Mahnmut hatte Bilder vom Mars aus der Zeit gesehen, als dieser noch der rote Planet gewesen war – obwohl er ihn immer eher orange als rot gefunden hatte –, aber nun war er nicht mehr rötlich-orange. Beim Anflug über dem Nordpol betrug die Auflösung des Teleskopbilds schon etwa einen Meter, und er sah, dass von der polaren Eiskappe nur noch ein Schnörkel Wassereis übrig war – das ganze CO 2 war beim Terraformen längst sublimiert worden –, eine weiße Insel im blauen Nordmeer. Spiralförmige Wolken segelten über den Ozean, der mehr als die Hälfte der Nordhalbkugel bedeckte. Das Hochland war immer noch orangefarben und der größte Teil der Landmasse braun, aber das verblüffende Grün von Wäldern und Feldern war auch ohne Teleskop sichtbar.
    Das Schiff blieb vollkommen unbehelligt: keine Funkrufe, kein Such- oder Erfassungsradar, keine Anfragen per Engstrahl, Laser oder modulierten Neutrinos. Während die angespannten Minuten zu langen, stillen Stunden wurden, sahen sich die vier Moravecs die Kamerabilder an und bereiteten sich auf die Landung der Dark Lady vor.
    Es gab zweifellos Leben auf dem Mars – menschliches oder nachmenschliches Leben, dem Aussehen nach zu urteilen, und mindestens noch eine weitere Spezies: die Transporteure der Steinköpfe, möglicherweise ebenfalls Menschenabkömmlinge. Auf den Teleskopfotos waren sie jedoch klein und grün. Einige wenige Schiffe mit weißen Segeln fuhren an der Nordküste entlang und in die mit Wasser gefüllten Schluchten der Valles Marineris hinein. Das Kratermeer des ehemaligen Hellas-Beckens war von ein paar weiteren Segeln getüpfelt. Unübersehbare Indizien deuteten daraufhin, dass der Olympus Mons bewohnt war. Fotos zeigten ein halbes Dutzend Flugmaschinen in der Nähe der Gipfelcaldera, und an den Flanken des Vulkans gab es mindestens eine High-Tech-Rolltreppe oder ein Laufband. Auch an den oberen Hängen der Tharsis-Vulkane

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