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Ilium

Titel: Ilium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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über Hand zur Luftschleuse der Ladebucht. Sie funktionierte noch.
    Mit letzter Kraft zog er sich in den luftleeren inneren Korridor zur Milieu-Nische und arretierte die Tür. Statt jedoch Luft in den Raum zu pumpen, schloss er sich an die Lebenserhaltungsleitung an. O 2 strömte. In den Kommunikationsleitungen zischte es. Die Schiffssysteme meldeten bleibende, aber erträgliche Schäden.
    »Noch da?«, fragte Mahnmut.
    »Wo bist du?«
    »In meinem Kontrollraum.«
    »Wie ist die Lage, Mahnmut?«
    »Das Schiff ist durch seine eigene Kreiselbewegung in Stücke gebrochen. Das U-Boot ist mehr oder weniger intakt, einschließlich der Tarnhülle und der Triebwerke an Bug und Heck, aber ich habe keine Ahnung, wie man sie bedient.«
    »Bedient?« Dann dämmerte es Orphu offensichtlich. »Du willst immer noch versuchen, in die Marsatmosphäre einzutreten?«
    »Haben wir eine andere Wahl?«
    Ein oder zwei volle Sekunden lang herrschte Stille, während Orphu darüber nachdachte. Schließlich sagte er: »Ich stimme dir zu. Glaubst du, du kannst dieses Ding in die Atmosphäre fliegen?«
    »Nie im Leben«, sagte Mahnmut. Seine Stimme klang beinahe fröhlich. »Ich werde die Steuersoftware herunterladen, die Koros im System gespeichert hat. Dann kannst du das Boot fliegen.«
    Über die Festleitung kam jenes rumpelnde, schnaubende Geräusch, obwohl es Mahnmut sehr schwer fiel zu glauben, dass sein Freund ausgerechnet in diesem Augenblick lachte. »Du machst ganz bestimmt Witze. Ich bin blind – mir fehlen nicht nur die Augen und die Kameras, mein ganzes optisches Netz ist verbrannt. Ich bin eine Ruine. Im Grunde bin ich ein Stückchen Gehirn in einem kaputten Behälter. Sag mir, dass das ein Scherz war.«
    Mahnmut lud die Programmierung für die externen Zusatztriebwerke, Fallschirme und das ganze kryptische Zeug aus den Speicherbänken des U-Boots herunter. Er aktivierte sämtliche Kameras in der Hülle des Bootes, musste jedoch den Blick abwenden. Das Taumeln war so schrecklich und Schwindel erregend wie zuvor. Der Mars füllte jetzt sein Sichtfeld aus – Polkappe, blaues Meer, Polkappe, blaues Meer, ein Stück schwarzer Raum, Polkappe –, ein Anblick, bei dem es Mahnmut übel wurde. »So«, sagte er, als der Download zu Ende war. »Ab sofort bin ich deine Augen. Ich gebe dir sämtliche Navigationsdaten, die das U-Boot aus der Triebwerkssoftware stibitzen kann. Du stabilisierst uns und bringst uns runter.«
    Diesmal war das rumpelnde Gelächter nicht zu verkennen. »Klar, wieso nicht«, sagte Orphu. »Zum Teufel, schon allein der Sturz wird uns umbringen.«
    Die Triebswerkskränze an der Dark Lady zündeten auf Orphus Kommando.
     

15
Die Ebene von Ilium
    Von der kriegsgerüsteten, wolkenumhangenen, rosselenkenden Athene buchstäblich in den Kampf getrieben, nimmt Diomedes nun Ares aufs Korn.
    So etwas habe ich noch nie gesehen. Gerade eben erst hat der aufgerüstete Sohn des Tydeus Aphrodite verwundet, und nun fordert er den Kriegsgott persönlich zum Zweikampf heraus. Eine Aristie mit einem Gott. Unglaublich.
    Ares hat Zeus und Athene noch an diesem Morgen wie üblich versprochen, den Griechen zu helfen, doch dank seiner Wankelmütigkeit – und angestachelt von Apollos Hänseleien – greift er die Argeier nun gnadenlos an. Vor ein paar Minuten hat der Gott des Krieges Periphas abgeschlachtet, den Sohn des Ochesios, den besten Kämpfer, den das ätolische Kontingent der Griechen zu bieten hatte. Jetzt ist er gerade dabei, Periphas auszuziehen, als er aufblickt und den von Athene gelenkten Streitwagen auf sich zurasen sieht. Die Göttin selbst verbirgt sich in einem Tarnmantel aus Dunkelheit. Ares weiß garantiert, dass ein Gott oder eine Göttin den Streitwagen fährt, aber er nimmt sich nicht die Zeit für den Versuch, durch die Tarnwolke zu schauen; er ist zu sehr darauf versessen, Diomedes zu töten.
    Der Gott greift als Erster an. Er wirft seine Lanze mit jener Präzision, über die nur ein Gott gebietet. Die Lanze fliegt über den Rand des Streitwagens hinweg direkt auf Diomedes’ Herz zu, aber Athene langt aus ihrer Wolke der Dunkelheit heraus und schlägt sie beiseite. Einen Moment lang kann Ares nur ungläubig mitansehen, wie seine gottgefertigte Lanze davonfliegt und sich ihre aus einer Wolframlegierung bestehende Spitze in den steinigen Boden bohrt.
    Als der Streitwagen nun an Ares vorbeirumpelt, ist Diomedes an der Reihe; er lehnt sich weit hinaus und stößt mit seiner energieverstärkten Bronzelanze zu. Da

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