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Ilium

Titel: Ilium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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Menschen- und erst recht in Göttergestalt!«
    Ares schaut verblüfft drein, macht den Mund auf, beschließt aber – klugerweise, wie ich finde –, Zeus nicht zu unterbrechen.
    »Hör dir nur an, wie du hier wegen deines kleinen Kratzers jammerst und winselst«, höhnt Zeus, löst seine mächtigen Arme voneinander und hebt eine riesige Hand, als wollte er den Kriegsgott gleich mit einem Befehl ins Jenseits befördern. »Du – dich hasse ich am meisten von all den Maden, die sich entschieden haben, Götter zu werden, als die Zeit für unsere Verwandlung kam, du elender Heuchler. Du hasenherziger Liebhaber des Todes und wilder Gefechte und des blutigen Mahlwerks des Krieges. Du hast die Niederträchtigkeit deiner Mutter, Ares, und auch ihren Zorn – ich muss gestehen, dass ich Hera nur mühsam durch Worte bezwinge, besonders wenn es um eines ihrer kleinen Lieblingsprojekte geht, wie zum Beispiel, die Achäer bis auf den letzten Mann niederzumachen.«
    Ares krümmt sich, als würden Zeus’ Worte ihm Schmerzen bereiten, aber vermutlich werden die Schmerzen in Wahrheit von dem schwebenden, kugelrunden Roboterding verursacht, das ihm die Bauchdecke mit einer Art tragbarer Industrienähmaschine zunäht.
    Zeus ignoriert die ärztliche Fürsorge und marschiert auf und ab. Er kommt bis auf zwei Meter an mich heran, bevor er kehrtmacht, wieder zurückgeht und vor dem zusammengesunkenen Ares mit seinem schmerzverzerrten Gesicht stehen bleibt.
    »Ich hoffe, du hast dies dank der Einflüsterungen deiner Mutter, dank Heras Plänen erlitten, o Gott des Krieges …« Ich höre den göttlichen Sarkasmus in Zeus’ Stimme. »Ich könnte dich genauso gut sterben lassen.«
    Jetzt blickt Ares wirklich schockiert und entsetzt auf.
    Zeus lacht über die Miene des Kriegsgottes. »Wusstest du nicht, dass wir sterben können? Ohne dass eine Rekonstruktion im Bottich oder die Wiederauferstehung per Rekom möglich ist? Das können wir, mein Sohn, das können wir.«
    Ares senkt verwirrt den Blick. Die Maschine hat ihm die göttlichen Eingeweide wieder in den Bauch gestopft und näht ihm gerade das letzte Stück Muskeln und Fleisch zu.
    »Heiler!«, donnert Zeus, und hinter den sprudelnden Bottichen kommt etwas Großes und sehr Nichtmenschliches hervor. Das Ding ist eher ein Tausendfüßler als eine Maschine, mit zahllosen vielgelenkigen Armen und fliegenartigen roten Augen, die in fünf Meter Höhe an seinem segmentierten Körper sitzen. Riemen, Geräte und seltsame organische Teile hängen an Geschirren, die um den riesigen Käferkörper des Heilers geschlungen sind.
    »Trotzdem, du bist mein Sohn«, sagt Zeus zu dem Kriegsgott. Der Herr des Donners spricht jetzt mit sanfterer Stimme. »Du bist mein Sohn, wie ich der Sohn des Kronos bin. Mir hat dich die Mutter geboren.«
    Ares hebt die blutige Hand, als wollte er Zeus’ Unterarm packen, aber der ältere Gott ignoriert die Geste. »Doch glaube mir, Ares: Wärst du von einem anderen Gott gezeugt und trotzdem solch eine abgrundtiefe Enttäuschung, längst schon säßest du tiefer als die Uranoskinder.«
    Zeus winkt den Heiler herbei, dreht sich dann um und marschiert aus der Halle.
    Ich trete ebenso wie die anderen anwesenden Götter zurück, als der riesige Heiler Ares mit fünf Armen hochhebt, ihn zu dem leeren Tank trägt, diverse Fasern, Tentakel und Nabelschnüre an ihm befestigt und ihn in die sprudelnde, violette Flüssigkeit sinken lässt. Sobald sein Gesicht unter der Oberfläche ist, schließt Ares die Augen, und die grünen Würmer strömen aus Öffnungen im Glas zum verwüsteten Unterleib des Kriegsgottes und machen sich dort ans Werk.
    Für mich wird es Zeit zu verschwinden.
     
    Mit diesem Medaillon-Gerät erlerne ich den Rhythmus der Quantenteleportation. Man stellt sich den Zielort anschaulich vor, und es qtet einen dorthin. Ich stelle mir meinen College-Campus in Indiana in den letzten Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts anschaulich vor. Das Gerät tut nichts. Mit einem Seufzer stelle ich mir das Scholikerwohnheim am Fuß des Olymp vor.
    Das Medaillon befördert mich sofort per Phasenverschiebung dorthin. Ich erscheine – wenngleich unsichtbar wegen des Hades-Helms – am Fuß der roten Treppe vor den grünen Türen des roten Kasernengebäudes.
    Es war ein verdammt langer Tag, und ich will nur in meine Koje, dieses ganze Zeug ablegen und ein Nickerchen machen. Soll Nightenhelser der Muse Bericht erstatten.
    Als hätte ich sie mit diesem Gedanken herbeigerufen, sehe ich, wie

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