Illuminati
waren Büchertresore, hermetisch gegen Feuchtigkeit und Wärme isoliert, luftdichte Kammern, die verhindern sollten, dass das alte Papier und Pergament noch weiter zerfiel. Langdon war schon häufig in Büchertresoren gewesen, doch es war jedes Mal aufs Neue eine beunruhigende Erfahrung, einen luftdichten Container zu betreten, während draußen ein fremder Bibliothekar die Sauerstoffzufuhr regulierte.
Die Tresore lagen in geisterhafter Dunkelheit, kaum zu erkennen im Licht der schwachen Deckenlampen. In der Schwärze jedes Containers nahm Langdon undeutlich die Umrisse der monströsen Regale wahr, Reihe um Reihe mit Geschichte beladene Türme. Es war eine schier unglaubliche Sammlung.
Auch Vittoria, die hinter ihm stand, starrte sprachlos auf die gigantischen transparenten Container.
Die Zeit war knapp, sodass Langdon gar nicht erst im Halbdunkel der Halle nach einem Bibliothekskatalog suchte – den es wohl auch nicht gab, denn er bemerkte eine Hand voll schwach erleuchteter Computerterminals, die gleichmäßig verteilt in der Halle standen. »Sieht aus, als hätten sie ein Bibliotheksprogramm«, sagte er. »Ihr Verzeichnis ist elektronisch gespeichert.«
Vittoria warf ihm einen hoffnungsvollen Blick zu. »Das sollte die Suche vereinfachen, nicht wahr?«
Er hätte gerne ihre Zuversicht geteilt, hatte jedoch das ungute Gefühl, dass diese Neuigkeit keine gute Nachricht war. Er trat zu einem Terminal und tippte etwas ein. Seine Befürchtungen bewahrheiteten sich augenblicklich. »Die altmodische Methode wäre besser gewesen.«
»Warum?«
Er wandte sich vom Monitor ab. »Weil richtige Bücher nicht durch Passwörter geschützt sind. Ich nehme nicht an, dass Physiker geborene Hacker sind?«
Vittoria schüttelte den Kopf. »Ich kann Austern öffnen, mehr nicht.«
Langdon atmete tief durch und blickte auf die langen Reihen unheimlicher transparenter Container. Er trat zum nächststehenden und spähte in das düstere Innere. Hinter dem Glas sah er undeutliche Umrisse, die er als gewöhnliche Regale, Pergamentbehälter und Lesetische erkannte. Er starrte angestrengt auf die Beschriftung am Ende jedes einzelnen Regals – wie in allen Bibliotheken der Welt war dort zu lesen, was die Regale enthielten. Er las, während er langsam an der transparenten Barriere entlangging:
PIETRO IL ERIMITO… LE COCIATE… URBANO II… LEVANT…
»Sie sind beschriftet«, sagte er zu Vittoria. »Aber leider nicht alphabetisch nach den Autoren.« Was ihn im Grunde genommen nicht weiter überraschte. Alte Archive wie dieses waren fast nie alphabetisch geordnet, weil zahlreiche Autoren unbekannt waren. Eine Sortierung nach Titeln war ebenfalls nicht möglich, weil viele historische Dokumente nur als Fragmente vorlagen oder überhaupt keinen Titel besaßen. Bei den meisten Katalogen wurde daher chronologisch vorgegangen. Was hier jedoch ebenfalls nicht zutraf, wie Langdon zu seiner Bestürzung rasch feststellte.
Er spürte, wie kostbare Zeit unter seinen Fingern verrann. »Sieht aus, als hätte der Vatikan sein eigenes System.«
»Was für eine Überraschung.«
Langdon untersuchte die Beschriftungen erneut. Die Dokumente auf den Regalen umfassten Jahrhunderte – doch die Schlüsselworte standen alle in einem bestimmten Bezug zueinander. »Ich glaube, sie sind thematisch klassifiziert«, sagte er schließlich.
»Thematisch?«, erwiderte Vittoria im Tonfall einer enttäuschten Wissenschaftlerin. »Das klingt nicht gerade effizient.«
Bei genauerer Betrachtung, dachte Langdon, habe ich noch nie eine derart schlaue Katalogisierung gesehen. Er hatte gegenüber seinen Studenten stets betont, wie wichtig es war, die Gesamtheit der Motive und Schattierungen einer künstlerischen Epoche zu betrachten und sich nicht in den einzelnen Daten und spezifischen Arbeiten zu verlieren. Die Vatikanischen Archive waren, wie es schien, nach genau dieser Philosophie katalogisiert. Breite Spektren…
»Alles in diesem Tresor hier«, sagte er und spürte, wie seine Zuversicht wuchs, »hat mit den Kreuzzügen zu tun. Material aus mehreren Jahrhunderten über die Kreuzzüge. Das ist das Thema dieses Containers.« Es war alles dort. Historische Berichte, Briefe, Kunstwerke, soziopolitische Daten, moderne Analysen. Alles an einem Ort… sodass der tiefere Zugang Zum Thema erleichtert wird. Brillant.
Vittoria runzelte die Stirn. »Aber die Daten können zu vielen Themen gleichzeitig in Beziehung stehen.«
»Deswegen gibt es Querverweise zu
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