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Illuminati

Illuminati

Titel: Illuminati Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Brown
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Maria nahm den Knaben jeden Tag mit zur Messe. Die Kirche war sein Zuhause.
    »Warum gehen wir jeden Tag zur Messe?«, hatte er einmal gefragt.
    »Weil ich es Gott versprochen habe«, hatte seine Mutter geantwortet. »Und ein Versprechen gegenüber Gott ist das wichtigste Versprechen von allen. Brich niemals ein Verspreche n gegenüber Gott!«
    Carlo hatte es ihr geschworen. Er liebte seine Mutter mehr als alles andere auf der Welt. Sie war sein heiliger Engel. Manchmal nannte er sie gebenedeite Maria, – die gesegnete Maria, obwohl sie das überhaupt nicht gerne hörte. Er kniete bei ihr, roch den süßen Duft ihrer Haut und lauschte dem Murmeln ihrer Stimme, während sie den Rosenkranz betete. Heilige Maria, voll der Gnaden… Mutter Gottes… bete für uns Wunder… jetzt und in der Stunde unseres Todes.
    »Wo ist mein Vater?«, fragte Carlo immer, obwohl er bereits wusste, dass er vor seiner Geburt gestorben war.
    »Gott ist dein Vater, mein Sohn«, lautete die stets gleiche Antwort. »Du bist ein Kind der Kirche.«
    Das gefiel Carlo.
    »Wann immer du Angst verspürst«, sagte sie, »vergiss nie, dass Gott dein Vater ist. Er wird über dich wachen und dich schützen, solange du lebst. Gott hat große Pläne mit dir, mein Sohn.« Der Knabe wusste, dass sie die Wahrheit sprach. Er konnte Gott in seinem Blut spüren.
    Blut…
    Blut regnet vom Himmel!
    Stille. Dann – der Himmel.
    Doch sein Himmel war in Wirklichkeit die Intensivstation des Santa Clara Ospedale außerhalb von Palermo, stellte Carlo fest, nachdem jemand das blendende Licht abgeschaltet hatte. Carlo war der einzige Überlebende eines Bombenattentats, das eine Kapelle zum Einsturz gebracht hatte. Er war mit seiner Mutter im Urlaub auf Sizilien, und sie waren zur Messe in die Kapelle gegangen. Siebenunddreißig Menschen waren gestorben, darunter Carlos Mutter. Die Zeitungen sprachen von einem Wunder, dem Miracolo di S. Francesco, weil Carlo überlebt hatte. Aus irgendeinem unerfindlichen Grund war der Knabe wenige Augenblicke vor der Explosion von der Seite seiner Mutter gewichen und in einen geschützten Alkoven gegangen, um einen Wandteppich zu bewundern, auf dem das Wirken des heiligen Franziskus dargestellt war.
    Gott hat mich dorthin gerufen, sagte sich der Knabe. Er wollte mich retten.
    Carlo litt unter Schmerzen und Fieberfantasien. Er sah seine Mutter auf der Kirchenbank knien und ihm einen Handkuss zuwerfen – und dann, mit einem ohrenbetäubenden Krachen, wurde ihr süß duftendes Fleisch zerfetzt. Er schmeckte das Böse in den Menschen. Blut regnete auf ihn herab. Das Blut seiner Mutter, der gesegneten Maria!
    Gott wird über dich wachen und dich beschützen, solange du lebst!, hatte seine Mutter zu ihm gesagt. Und wo war Gott jetzt?
    Dann war ein Geistlicher in das Krankenhaus gekommen, wie eine weltliche Manifestation der Wahrheit hinter den Worten seiner Mutter. Er war nicht irgendein Geistlicher gewesen. Er war ein Bischof. Er betete für Carlo. Das Wunder von San Francesco. Als Carlo wieder genesen war, brachte ihn der Bischof zu einer kleinen Abtei, die zu seinem Bistum gehörte und auf dem Gelände seiner Kathedrale stand. Carlo lebte und lernte unter Mönchen. Er wurde sogar Messdiener für seinen neuen Beschützer. Der Bischof schlug vor, dass Carlo eine öffentliche Schule besuchen sollte, doch Carlo weigerte sich. Er hätte nicht glücklicher sein können in seinem neuen Zuhause. Er wusste nun, dass er wirklich und wahrhaftig im Hause Gottes wohnte.
    Jede Nacht betete Carlo für seine Mutter.
    Gott hat mich aus einem ganz bestimmten Grund gerettet, dachte er. Was ist das für ein Grund?
    Als Carlo sechzehn Jahre alt war, wurde er nach dem italienischen Gesetz wehrpflichtig. Der Dienst dauerte zwei Jahre, Der Bischof sagte zu ihm, dass er vom Wehrdienst befreit würde, falls er das Priesterseminar besuche. Carlo antwortete, dass er sehr gerne in das Seminar eintreten würde, doch zuvor müsse er das Böse verstehen.
    Der Bischof begriff nicht.
    Carlo erklärte, dass er vorhabe, sein Leben in der Kirche und mit dem Kampf gegen das Böse zu verbringen, doch dazu müsse er es zuerst verstehen. Und er konnte sich keinen besseren Ort dafür denken als die Armee. Die Armee setzte Waffen und Bomben ein. Seine gesegnete Mutter war von einer Bombe zerfetzt worden!
    Der Bischof bemühte sich, ihn von seiner Idee abzubringen, doch Carlos Entschluss stand fest.
    »Sei vorsichtig, mein Sohn«, hatte der Bischof gesagt. »Und vergiss nicht, die

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