Illuminati
»Ich hoffe für Sie, dass es verdammt gute Neuigkeiten sind.«
56.
Die vier unauffälligen Alfa Romeo 155 T-Spark rasten durch die Via di Coronari wie Kampfjets über eine Startbahn. In den Wagen saßen zwölf zivil gekleidete Schweizergardisten mit halbautomatischen Cherchi-Pardinis, Betäubungsgasgranaten und Betäubungsgewehren. Die drei Scharfschützen hatten Gewehre mit Laseroptiken.
Auf dem Beifahrersitz des vorderen Wagens saß Oberst Olivetti. Er drehte sich zu Vittoria und Langdon um. In seinen Augen stand nackte Wut. »Sie haben mir eine vernünftige Erklärung versprochen, und das ist alles, was Sie zu sagen haben?«
Langdon fühlte sich beklemmt auf dem Rücksitz des kleinen Wagens. »Ich verstehe Ihren…«
»Nichts verstehen Sie!« Olivetti hob niemals die Stimme, doch seine Eindringlichkeit war kaum noch zu überbieten. »Ich habe gerade ein Dutzend meiner besten Leute aus der Vatikanstadt abgezogen, und das am Abend des Konklaves! Ich bin losgezogen, um das Pantheon zu durchsuchen, allein auf das Wort eines Amerikaners hin, den ich noch nie zuvor gesehen habe und der mir ein vierhundert Jahre altes Gedicht vorliest und weiter nichts! Und ich habe die Suche nach dieser Antimaterie in den Händen untergebener Offiziere gelassen.«
Langdon widerstand dem Verlangen, Galileos Blatt Nummer fünf aus der Brusttasche zu ziehen und damit vor Olivettis Gesicht zu wedeln. »Ich weiß nur, dass die Informationen, die wir gefunden haben, auf Raphaels Grab hinweisen, und Raphaels Grab befindet sich im Pantheon.«
Der Gardist hinter dem Steuer nickte. »Da hat er Recht, Herr Oberst. Meine Frau und ich waren…«
»Fahren Sie!«, fauchte Olivetti. Er wandte sich wieder zu Langdon um. »Wie kann ein Mörder an so einem belebten Ort seine Tat begehen und unerkannt entkommen?«
»Das weiß ich nicht«, erwiderte Langdon. »Doch die Illuminati sind offensichtlich sehr erfindungsreich. Sie sind in CERN eingedrungen und in die Vatikanstadt. Wir wissen nur durch Glück, wo sich der erste Mord ereignen soll. Das Pantheon ist Ihre einzige Chance, diesen Kerl zu fassen.«
»Noch mehr Widersprüche«, sagte Olivetti. »Eine einzige Chance? Ich dachte, Sie hätten etwas von einer Spur quer durch Rom erzählt? Einer Reihe von Wegweisern? Wenn das Pantheon der richtige Ort ist, können wir dieser Spur zu den anderen Wegweisern folgen. Wir haben also vier Chancen, diesen Mann zu fangen.«
»Das hatte ich zu Anfang auch gehofft«, widersprach Langdon. »Und bis vor einem Jahrhundert hätte es auch gestimmt.«
Langdons Gedankenblitz, dass der erste Altar der Wissenschaft das Pantheon sein musste, war ein bittersüßer Augenblick gewesen. Die Geschichte hatte ihre ganz eigene Art, denjenigen grausame Streiche zu spielen, die ihr hinterher jagten. Sicher, es war eine schwache Hoffnung gewesen, dass der Weg der Erleuchtung nach all den Jahren noch immer intakt war und alle Statuen noch immer an ihrem Platz standen, doch Langdon hatte sich vorgestellt, dem Weg bis ans Ende zu folgen und schließlich das berühmte Nest der Illuminati zu finden. Aber das sollte nicht sein, erkannte er rasch. »Ende des neunzehnten Jahrhunderts ließ der Vatikan sämtliche Statuen aus dem Pantheon entfernen und zerstören.«
Vittoria starrte Langdon schockiert an. »Aber warum?«
»Es waren Statuen von olympischen Göttern. Heidnischen Göttern. Unglücklicherweise bedeutet es, dass der erste Wegweiser nicht mehr existiert, und mit ihm ist…«
»… jede Hoffnung verloren, den Weg der Erleuchtung und die übrigen Wegweiser zu finden«, vollendete Vittoria seinen Satz.
Langdon nickte traurig. »Wir haben nur diese eine Gelegenheit. Das Pantheon. Wie der Weg der Erleuchtung von dort weiterführt, wissen wir nicht.«
Olivetti starrte die beiden wortlos an; dann drehte er sich wieder nach vorn. »Fahren Sie rechts ran«, befahl er dem Fahrer schroff.
Der Fahrer lenkte den Wagen an den Straßenrand und trat auf die Bremse. Die drei anderen Alfa Romeos kamen hinter ihm zum Stehen.
»Was machen Sie denn nun schon wieder?«, rief Vittoria ärgerlich.
»Meine Arbeit.« Olivetti starrte sie aus eisigen Augen an; dann richtete er den Blick auf Langdon. »Als Sie sagten, Sie würden die Situation unterwegs erklären, ging ich davon aus, dass wir bis zum Eintreffen beim Pantheon eine genaue Vorstellung von dem haben, was meine Männer erwartet. Das ist nicht der Fall. Ich vernachlässige wichtige Pflichten, indem ich mich hier aufhalte,
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