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Illusionen

Illusionen

Titel: Illusionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Bach
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ersten Kunden, zwei junge Motorradfahrer auf einer Honda, waren neugierig geworden und bogen gerade um die Ecke.
    »Wie meinst du das: nahe genug am Stadtrand?« brüllte ich, den Motorenlärm noch in den Ohren.
    »Weil wir nur einen halben Block entfernt sind, deshalb.« »Nein, das meine ich nicht! Was war das für eine Landung? Mit der Travel Air! Wie hast du es fertiggebracht?«
    Er zwinkerte mir zu. »Zauberei!«
    »Aber Don ... wirklich! Ich hab's doch gesehen, wie du gelandet bist!« Er merkte, daß er mir einen Schrecken eingejagt hatte.
    »Richard, willst du wirklich die Antwort darauf haben, wie Schraubenschlüssel in der Luft schweben können, wie man alle Krankheiten heilt, Wasser in Wein verwandelt, auf dem Wasser gehen kann und wie man mit einer Travel Air auf einem handtuchgroßen Feld landet? Willst du wissen, was die Antwort auf all diese Wunder ist?«
    Es fühlte sich an, als hätte er einen Laserstrahl auf mich gerichtet.
    »Ich will wissen, wie du hier gelandet bist. . .«
    »Hör mir zu!« rief er über den Abgrund zwischen uns beiden. »Diese Welt? Und alles in ihr? Illusionen, Richard! Nichts als Illusionen! Begreifst du das?« Diesmal gab es kein Augenzwinkern, kein Lächeln, als wäre er auf einmal wütend geworden, weil ich das nicht längst erkannt hatte.
    Das Motorrad hielt beim Heck seiner Maschine: Die beiden jungen Männer wollten bestimmt fliegen.
    »Klar«, war alles, was mir als Antwort einfiel. »Kaufe das mit den Illusionen.« Dann bestürmten sie ihn, weil sie einen Rundflug machen wollten, und ich mußte schnell den Eigentümer des Ackers ausfindig machen und seine Erlaubnis einholen, die Kuhweide als Flugplatz zu benutzen, ehe er uns fand.
    Es gibt nur eine Art und Weise, die Starts und Landungen der Travel Air zu beschreiben: Es sah wie eine falsche Travel Air aus, als wäre sie in Wirklichkeit eine Cessna E-2-Cub oder ein Hubschrauber, als Travel Air verkleidet. Es war seltsam, aber ich akzeptierte einen gewichtlos in der Luft schwebenden Achter-Schlüssel eher als diese Maschine, die mit fünfzig Stundenkilometern und Fluggästen an Bord abhob. Es ist ein Ding, Schwerelosigkeit für möglich zu halten, wenn man Zeuge ist; ein anderes aber ist es, ohne Vorbehalt an Wunder zu glauben.
    Immer wieder dachte ich darüber nach, was er so leidenschaftlich gesagt hatte. Illusionen. Das klang bekannt ... Ja doch, als ich ein Kind war und mir Zauberkunststücke vorführen ließ! Zauberkünstler! Sie sagen es, sie erklären ihren Zuschauern vorher sorgfältig: »Seht doch, wir werden euch keine Wunder vorführen; es ist keine echte Magie, es ist nur ein Effekt, eine Illusion der Magie.« Und dann ziehen sie einen Kerzenleuchter aus einer Walnuß und verwandeln einen Elefanten in einen Tennisschläger.
    Einer plötzlichen Eingebung folgend, zog ich den Leitfaden für Erlöser aus meiner Tasche und schlug ihn auf. Auf der Seite standen nur zwei Sätze:
     
    Es gibt kein Problem,
    das nicht auch ein Geschenk für
    dich in den Händen trüge.
    Du suchst Probleme, well du ihre Geschenke brauchst.
     
    Weshalb, weiß ich nicht genau, aber meine Verwirrung ließ nach, als ich das las. Ich las es immer wieder, bis ich es auswendig wußte.
    Die Stadt hieß Troy, und die Weide war so günstig gelegen wie das Heufeld in Ferris. Aber in Ferris hatte ich eine innere Ruhe verspürt: Hier lag eine Spannung in der Luft, was mir nicht gefiel.
    Fliegen, das war ein einmaliges Erlebnis für unsere Passagiere; für mich war es längst Routine geworden, es war längst kein Abenteuer mehr, es war überschattet von dieser quälenden Unruhe. Mein Abenteuer und Erlebnis waren dieser Mensch, der mit mir flog, war seine unmögliche Flugtechnik, waren seine seltsamen Erklärungen.
    Die Einwohner der Stadt Troy waren nicht überraschter wegen des wunderbaren Fluges der Travel Air, als ich es gewesen wäre, hätte mittags plötzlich eine Glocke geläutet, die sechzig Jahre lang verstummt gewesen war ... Sie wußten halt nicht, daß das, was hier geschah, eigentlich gar nicht geschehen konnte.
    »Danke sehr für den Rundflug«, sagten sie nachher. Und: »Ist das alles, was ihr beide tut? Arbeitet ihr nicht irgendwo?« Und: »Weshalb sucht ihr euch ein so gottverlassenes Nest wie Troy aus?« Und: »Jerry, deine Farm ist nicht größer als ein Schuhkarton!«
    Am Nachmittag hatten wir viel zu tun. Eine Menge Leute wollten geflogen werden, wir würden gut verdienen. Trotzdem warnte mich eine innere Stimme: Bleib nicht

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