Iloo - Die andere Welt (German Edition)
rief sie. »Was fährst du denn da spazieren?«
Rainer kam näher und grüßte zurück.
»Diese Karre ist ein Kinderwagen, Sinnu«, sagte Rainer. »Auch wenn Ihr es merkwürdig findet, aber in meiner alten Welt war es durchaus üblich, dass Väter sich auch um die Kinder kümmern. Ich wollte allerdings nicht mit allen Vieren durch die Gegend schieben, da habe ich Innilu heute mal die Mädchen abgenommen. Darf ich vorstellen: Isodu und Ibanu. Die beiden mischen unsere Jungens immer reichlich auf, deshalb denke ich, stört es nicht, wenn ich sie etwas herumfahre, bis sie eingeschlafen sind.«
Sinnu blickte in den Wagen. »Schlafen? Diese beiden Racker machen mir einen recht wachen Eindruck.«
»Sie werden schon noch schlafen. Worüber habt Ihr eben gesprochen, als ich die Halle betrat?«
»Es ging um die Händler«, meinte Sinnu. »Sie haben das Transport-Monopol. Ich befürchte, dass wir unser Flugzeug nicht einsetzen dürfen.«
»Oh, das dürfen wir«, sagte Rainer. »Ich hatte Ibeelu zum Zentralen Rat geschickt, um den Originaltext des Händler-Monopols zu besorgen, der dort hinterlegt ist. Der Text war für mich eine echte Überraschung. Man hat seinerzeit tatsächlich das Wort 'Luftschiff' in den Monopol-Vertrag eingebaut. Die Händler haben das Monopol für sämtliche Luftschiff-Transporte. Von anderen Fluggeräten ist nicht die Rede. Somit werden wir Lufttransporte mit dem Flugzeug anbieten, sobald es einsetzbar ist.«
»Da wir die einzige Start- und Landebahn auf Iloo besitzen, sehe ich da keine großen Verdienstmöglichkeiten«, sagte Sinnu.
»Wenn wir denen da draußen erst zeigen können, wie schnell der Flug von Turm zu Turm sein kann, wird man sich überschlagen, eine Start- und Landebahn für unsere Flugzeuge zu bauen«, sagte Rainer. »Da bin ich mir sicher.«
Die beiden Kinder wurden jetzt doch unruhig und langweilten sich, weil sie nicht bewegt wurden, also verabschiedete sich Rainer und zog mit der einen Hälfte seines Nachwuchses weiter.
Sinnu blickte ihnen nach, dann wandte sie sich zu Eluak um. »Hast du dir übrigens das merkwürdige Gerät mal angesehen, das ich mitgebracht hatte? Inolak schien es zu kennen – er nannte es ein Smartphone - ein kleines, tragbares Telefon.«
»Ich habe es angesehen, aber es scheint kaputt zu sein«, antwortete er. »Es ist mir jedenfalls nicht gelungen, ihm eine Reaktion zu entlocken. Ich hab es vorsichtig geöffnet, was schon schwierig genug war, weil in dem kleinen Gehäuse Schrauben steckten, für die ich kein passendes Werkzeug habe. Als ich es dann geschafft hatte, war ich sicher, dass es nicht von dieser Welt stammt. Und genau das gibt mir zu denken.«
»Was meinst du, Eluak?«, wollte Sinnu wissen.
»Es wundert mich, dass Inolak noch nicht darüber nachgedacht hat«, sagte Eluak. »Oder er will mit uns nicht darüber sprechen. Aber wenn dieses Ding tatsächlich aus seiner alten Welt stammt, dann gibt es eine Verbindung zwischen unseren Welten, von der wir bisher noch nichts wissen. Wenn Gegenstände zwischen den Welten ausgetauscht werden können, klappt das vielleicht auch mit Personen. Was wäre, wenn diese Menschen von der anderen Seite Interesse an Iloo hätten? Wären wir in der Lage, uns dagegen zu wehren? Sie sind technisch viel weiter als wir.«
Sinnu sah Eluak fragend an. »Meinst du wirklich, dass eine solche Gefahr besteht?«
»Vielleicht irre ich mich, aber warum unternimmt jemand aus einer anderen Welt Anstrengungen, Gegenstände zu uns zu senden?«
»Vielleicht suchen sie einfach nur Kontakt. Vielleicht sind es Forscher wie unsere Wissenschaftler«, mutmaßte Sinnu.
»Wir werden sehen.«
Die folgenden Monate verliefen recht ereignisreich in Synergie. Alles konzentrierte sich auf die Entwicklung des Flugzeuges, welches in der großen Montagehalle immer konkretere Formen annahm. Selbst die Mitglieder der anderen Gilden, die hier in Synergie in ihren Außenstellen tätig waren, interessierten sich brennend für dieses Ungetüm und es wurden bereits Wetten abgeschlossen, ob dieses metallene Gebilde wirklich in die Lüfte steigen könnte. Alles in allem hatte Rainer das Gefühl, als wenn sich auch die Feliden anderer Gilden inzwischen immer mehr mit der Gemeinschaft in Synergie identifizierten. Vielfach galten hier andere Freiheiten, als man sie in den Häusern und Türmen der eigenen Gilden genießen durfte. Insbesondere die Frauen stellten fest, dass man ihnen hier mit erheblich mehr Respekt begegnete als in ihrer Heimat.
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