Iloo - Die andere Welt (German Edition)
schon – ich war zu voreilig. Das wird nichts, mit unserer Zusammenarbeit. Ich wünsche Ihnen noch viel Glück. Sie werden es brauchen.«
Vanessa hatte beinahe die Tür erreicht, als Inolak sie noch einmal zurückrief: »Schwester Vanessa?«
»Was ist denn jetzt noch?«, fragte sie ärgerlich und wandte sich ihm zu. Inolak machte einen so verstörten und hilflosen Eindruck, dass ihre Schwesternseele davon angesprochen wurde. Er tat ihr ein wenig leid. Stumm stand sie da und sah ihn an.
Inolak schluckte ein paar Mal und setzte wiederholt zum Sprechen an. Sie wartete.
»Schwester Vanessa, bitte gehen Sie nicht! Ich brauche Ihre Hilfe. Ich ent … ich ent …« Er atmete tief durch. »Ich entschuldige mich dafür, wie ich mich Ihnen gegenüber verhalten habe.«
Er atmete schwer, als hätte er einen schnellen Lauf hinter sich, so sehr hatte es ihn Mühe gekostet, einer Frau solche Worte zu sagen. Vanessa sah ihm an, dass er es ehrlich meinte, und es lediglich seine Erziehung war, die ihm diese Worte so schwer von den Lippen kommen ließen.
Vanessa zögerte. »Gut. Fangen wir noch mal von vorn an. Ich bin Vanessa Rothe – Sie können mich Schwester Vanessa nennen«.
»Ich bin Inolak, oder auch Rainer Kornmänger – ganz wie Sie wollen«, sagte Inolak. »Es wäre nett, wenn Sie in der nächsten Zeit meine Lehrerin sein könnten.«
Vanessa lächelte. »Sehen Sie, Inolak, das war doch ganz einfach. Nun können wir auch vernünftig miteinander umgehen. Ich werde Ihnen gern alles erklären, soweit es in meiner Macht steht.«
Inolak fragte: »Müsste es nicht jemanden geben, der mich kennt? Hatte ich etwas bei mir, was mich zum Beispiel als Mitglied einer Gilde ausweist?«
»Ich glaube nicht, dass es in der heutigen Zeit noch so etwas wie Gilden gibt, die wir hier befragen könnten«, sagte Vanessa. »Aber wir haben Ihren Papieren entnommen, dass Sie verheiratet sind. Jedenfalls war Rainer Kornmänger verheiratet. Wir haben jedoch bisher keinen Kontakt zu Ihrer Frau bekommen. Wir vermuten daher, dass Sie und Ihre Frau sich vielleicht getrennt hatten.«
»Was bedeutet ›verheiratet‹?«, wollte Inolak wissen. »Was hat eine Frau mit mir zu tun?«
»Sie müssen wirklich aus einer völlig anderen Welt stammen«, sagte Vanessa. »Hier in unserer Welt schließen Männer und Frauen – wenn sie sich lieben – manchmal eine Art von Vertrag, in dem sie sich gegenseitig versprechen, zusammenzubleiben und füreinander zu sorgen. Man nennt das ›heiraten‹.«
»Und ich habe eine solche Frau?«
»Wäre das so unwahrscheinlich?«
»Es wäre in meiner Welt undenkbar, dass ich länger als notwendig mit einer Frau zusammenbliebe. Frauen sind zwar für die Fortpflanzung notwendig, doch sonst taugen sie doch nur als Dienerinnen für einfache Arbeiten.«
Vanessa merkte, wie dieser Mann sie bereits wieder wütend machte. Zwar hatte sie inzwischen begriffen, dass seine Seele offenbar von einer fremdartigen Welt stammte, doch konnte sie nicht verstehen, wie jemand so viel Ignoranz und Arroganz ausstrahlen konnte.
»Wenn Sie sich nicht langsam angewöhnen, Ihre diskriminierenden Äußerungen für sich zu behalten, können Sie sich jemand anderen suchen, der Ihnen dabei hilft, sich hier einzugewöhnen, Inolak«, sagte sie scharf. »Sollten Sie länger in unserer Welt bleiben, haben Sie eine ganze Menge an Umgangsformen zu lernen, sonst werden Sie überall mit Ihrer Art unangenehm auffallen. Wir sind hier nicht mehr im Mittelalter, sondern im einundzwanzigsten Jahrhundert der Erde.«
Inolak schwieg. Auch wenn Vanessa nur eine Frau war – er hatte nicht vorgehabt, sie zu verärgern. Sie war freiwillig geblieben, um ihm zu helfen, sich einzuleben. Das musste er honorieren. Dies hier war nicht Iloo, wo er der herausragende Wissenschaftler war, mit eigener Dienerin, die er herumkommandieren konnte, wie er wollte. Hier galten andere Gesetze, und je eher er sie als gegeben akzeptierte, um so eher würde er lernen, hier zu leben. Denn er begann zu glauben, dass er möglicherweise nicht in seine alte Welt und in sein altes Leben zurückkehren konnte.
»Verzeihen Sie, Vanessa, ich wollte Sie nicht verärgern«, sagte er schließlich. »Ich bin in einer Welt aufgewachsen, in der alles – wirklich alles von Männern bestimmt wird. Ich habe gelernt, dass Frauen dumm und minderwertig sind. Hier ist es offenbar völlig anders. Kein Wunder also, wenn ich mit meinen überbrachten Ansichten anecke. Bitte sehen Sie es mir nach, Vanessa. Ich
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