Iloo - Die andere Welt (German Edition)
hatte Kebrak vor? Was wusste er? Wusste er überhaupt etwas, oder war es nur sein Hass, der ihn vorantrieb? Rainer hoffte, dass er das Problem durch die Sitzung des zentralen Rates lösen konnte. In einigen Stunden würden sie wissen, ob sie es geschafft hatten oder nicht.
Rainer öffnete die Tür zu seinen Räumen und stand direkt vor Innilu, die bereits auf ihn gewartet hatte. Sie warf sich ihm förmlich in die Arme und drückte sich an ihn.
»Ich hatte solche Angst, sie würden dich festnehmen, weil sie etwas herausbekommen haben.«
Rainer spürte, dass sie am ganzen Körper zitterte, und drückte sie mit beiden Armen an sich, wobei er ihr sanft über das Rückenfell streichelte.
»Nein, sie ahnen noch nichts, von dem, was wir planen. Aber sie haben durchaus mitbekommen, dass etwas zwischen uns sich verändert hat. Kebrak lässt keine Gelegenheit aus, Loomak über uns zu berichten. Ich fürchte, er schenkt den Äußerungen dieses Kerls mehr Beachtung, als uns lieb sein kann. Aber Loomak hat mich ausdrücklich für die morgige Sitzung verabschiedet. In so weit ist also noch alles in Ordnung.«
Innilu rückte etwas von ihm ab und sah ihn an. »Mir ist noch etwas durch den Kopf gegangen. Was tun wir eigentlich, wenn du morgen den Antrag auf Genehmigung einer Gilde gestellt hast? Wir können doch auf jeden Fall nie mehr hierher zurückkehren. Entweder du bekommst deine Gilde, oder sie wird dir verwehrt. In beiden Fällen ist es nicht ratsam, zurückzukehren.«
»Nun, du könntest noch immer zurückkehren, Innilu. Immerhin bist du offiziell nur eine Dienerin und damit nicht verantwortlich dafür, was ich tue.«
Sie kniff ihre Augen ärgerlich zusammen. »Wenn du das ernst gemeint hast, kratze ich dir die Augen aus. Du weißt genau, dass ich ohne dich nirgends hingehen werde.«
Rainer lachte. »Das ist meine Innilu. Ich wollte nur noch mal sichergehen, dass es dir wirklich ernst ist. Was hältst du davon, wenn du dich darum kümmern würdest?«
»Ich?«, fragte Innilu. »Wie stellst Du Dir das vor? Ich bin eine Dienerin. Wie soll ich es deiner Meinung nach organisieren, dass wir nach der Sitzung nicht sofort festgenommen werden?«
»Wende dich an die Ratsmitglieder der Priester-Gilde. Sie sind Frauen gegenüber viel liberaler als andere Gilden. Sie haben selbst darunter zu leiden, dass die übrigen Gilden sie wegen ihrer Einstellung verlachen. Sie werden uns notfalls Asyl gewähren, bis wir eine eigene Bleibe haben. Ich bin mir da ziemlich sicher. Sollte es dort Probleme geben, gehe zu den Händlern. Auch sie haben Frauen in gehobenen Positionen. Meinst du, du bekommst das hin?«
Innilu nickte. »Wenn du die Sache mit der eigenen Gilde packst, bekomm ich auch das mit dem Asyl hin.«
Rainer war überwältigt vom Glauben Innilus in seine Person. Spontan zog er sie an sich und küsste sie. Innilu machte sich umständlich frei und fuhr ihn an: »Was machst du da? Ich dachte, wir gehören zusammen!«
Rainer war wie vor den Kopf geschlagen. »Entschuldige Innilu, es war eine menschliche Geste der Zuneigung – der besonderen Zuneigung. Ich wusste nicht, dass ihr das hier nicht kennt.«
»Zuneigung?«, fragte Innilu zaghaft. »Ich dachte ...«
»Was dachtest du denn?«
»Hier ist das ein Zeichen von Dominanz. Du hast mir einen ordentlichen Schreck verpasst, weißt du das? Manche Herren disziplinieren ihre Dienerinnen auf diese Weise.«
Rainer schüttelte den Kopf. »Das wusste ich nicht, und es war das genaue Gegenteil von dem, was ich beabsichtigt habe. Das musst du mir glauben. In meiner Heimat berühren sich Männer und Frauen mit ihren Lippen, wenn sie sich lieben. Es ist eine sehr innige Geste, und wenn man es zärtlich oder leidenschaftlich macht, ist das für beide sehr schön. Wenn du es zulässt, würde ich dir das gern zeigen.«
Innilu zögerte. »Ich weiß nicht recht. Andererseits bist du nicht mit unseren Bräuchen aufgewachsen. Es geht dir wahrscheinlich wirklich nicht um Dominanz.«
»Ganz und gar nicht, meine Geliebte.« Er zog sie noch einmal sanft an sich und küsste sie noch einmal vorsichtig und zärtlich. Innilu versteifte sich noch einen Augenblick, doch dann wurde sie in Rainers Armen weich und ließ es sich gefallen. Nach einer Weile begann sie sogar zu schnurren.
»Es ist zwar eigenartig, aber ich muss gestehen – es hat mir gefallen«, sagte Innilu, jetzt schelmisch grinsend.
Für Rainer war es immer wieder faszinierend, wie schnell es ihm doch gelungen war, auch feinere Regungen
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