Im 7. Himmel (German Edition)
dass du mich nie wieder anfasst. Es sei denn natürlich, du musst mich retten. Halt dich einfach aus meinem Leben raus, Julia, und lass es mich führen, wie ich will. Es ist besser für uns beide. Einverstanden?«
Ich zögere. Warum fühlt es sich so falsch an? Willst du das wirklich? , tippe ich.
»Ja, Julia.«
Mist, jetzt heule ich auch noch! Wie eine Zehnjährige. Einfach so. Dabei bin ich normalerweise nicht nah am Wasser gebaut. Aber sieh es halt ein, Julia Bergmann, seine Antwort hat dich verletzt. Da musst du erst sterben, um Liebeskummer zu erleben! Das ist doch absurd! Ich betrachte sein Profil, sehne mich nach ihm und kann … nein, das stimmt nicht … werde nichts unternehmen. Ich seufze.
»Julia?« Erik wartet auf eine Antwort. Er kann natürlich nicht meine Stimme hören. Dennoch scheint ihm meine Stimmung nicht zu entgehen.
Ay, ay, Captain , bestätige ich unseren Deal und tue cool, obwohl ich mich nicht cool fühle.
Erik legt auf und damit ist unser Gespräch beendet. Das erste und das letzte zugleich.
Obwohl ich nur wenige Zentimeter von ihm entfernt stehe, habe ich plötzlich das Gefühl, es gäbe eine Wand zwischen uns. Ich höre seinen Atem und sehe, dass er für einen Moment weiter nichts macht, als auf seinen Bildschirm zu starren.
»Vertrau mir, es ist das Richtige«, murmelt er und konzentriert sich nach einem Moment auf seine Projekte.
»Glaubst du das, oder weißt du es?«, flüstere ich, obwohl er mich nicht hören kann. Zärtlich streiche ich über seine Wange und berühre sanft seine Lippen mit meinen, koste sie in dem Wissen, dass dies das letzte Mal ist. Dass ich ihm nie mehr so nah sein werde. Dann nehme ich mich zusammen, kämpfe weitere Tränen nieder und stehe auf.
»Julia?!«
Trotz seines bittenden Tonfalls, bleibe ich auf Distanz. Geduldig setze ich mich ans Fenster und scanne regelmäßig die Umgebung. Nichts geschieht! Gar nichts. Die nach und nach dunkler werdenden Büros zeigen, wie die Zeit vergeht. Nur das Geld schläft nie und Erik Schwarz deswegen scheinbar auch nicht.
Draußen muss es erneut kälter geworden sein. Es beginnt zu schneien und ich schaue den ersten Flocken zu, die bereits im November vom Himmel fallen.
Mir ist merkwürdig kalt.
6 - Schützen
»Sorry, wenn ich mich einmischen muss«, murmele ich und kaue angespannt auf meiner Unterlippe.
Gegen Mitternacht hat Erik endlich Feierabend gemacht und bei nun starkem Schneefall fährt Michael ihn auf dem kürzesten Weg nach Hause. Es gibt keinerlei Vorkommnisse und kaum Verkehr, doch meine innere Unruhe wächst. Als hätte ich ein eingebautes Radar für Gefahr.
Sagst du Michael bitte, er soll etwas langsamer fahren? Mach schon, bitte. Ich bin dein Schutzengel , drängele ich.
»Ich denke drüber nach.«
Was gibt es da noch drüber nachzudenken!, rege ich mich auf. Verdammt nochmal, du hast gesagt, ich soll meinen Job machen also-
Zu spät.
Einundzwanzig … zweiundzwanzig … dreiundzwanzig. Wie bei einem Gewitter, das unaufhaltsam anrollt, fahren wir dem Unglück genau entgegen. So hab ich mir das nicht vorgestellt. Ich sehe vor meinem inneren Auge genau, was passieren wird, wenn ich nicht eingreife.
Der Wagen wird auf der Straßenabfahrt ins Schlingern kommen. Die Bremsen werden versagen. Auf der glatten Fahrbahn wird er bei voller Geschwindigkeit rutschen. Über die kleine Kreuzung. Gegen den Brückenpfeiler der gegenüberliegenden Auffahrt. Obwohl beide angeschnallt sind, sehe ich, wie Michaels Kopf auf das Lenkrad knallt und wie die Motorhaube so zusammengedrückt wird, dass seine Beine eingeklemmt werden und brechen. Mir ist übel. Ich will das nicht sehen, doch die Bilder sind da. Wie er Blut verliert, kläglich jammert. Erik sagt dagegen nichts. Sein Airbag hat sich nicht geöffnet, er knallt mit dem Kopf gegen den Vordersitz. Sein Nacken wird gestaucht. Er blutet ebenfalls stark, wird bewusstlos. Niemand ist auf der Straße, niemand kann Hilfe holen. Und es ist kalt. Mir ist kalt.
Dazu darf es nicht kommen!
»Ich liebe dich«, flüstere ich und umarme Erik entgegen unserer Abmachung, fühle sein Herz, seinen Atem, seine Wärme, sein Leben.
Sekunden später fahren wir von der Stadtautobahn ab und kommen ins Schlingern.
»Du kannst das, du kannst das, du kannst das, Julia!«, wiederhole ich mein Mantra und spreche mir selbst Mut zu, weil ja sonst niemand da ist, der diese Aufgabe übernehmen kann. Ihr Leben liegt in meinen Händen.
Wie eben vorhergesehen reißt Michael hektisch
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