Im Abgrund der Ewigkeit
sie leise, damit nur er sie hören konnte. „Die Backgroundsänger waren absolut asynchron. Wo hast du nur solche Dilettanten her?“
Morris hob seine rechte Hand, um lässig zu winken. Dabei passte er auf, dass sein nagelneues Jackett nicht zu viele Falten warf. „Sind mir empfohlen worden. …Aber wenn sie nichts taugen, feuern wir sie und ich besorge dir neue.“
Sie drehte sich ein wenig und zeigte ihr linkes Profil, das aus irgendeinem Grund auf Fotos einfach besser wirkte als ihre rechte Seite. Dabei stemmte sie die Hand in die Hüfte.
Sie trug ihre Bühnenkleidung, schwarze Lederklamotten, enganliegend, mit Nieten und Strass versehen. Der Push-up-BH drückte und ihre Füße brachten sie um.
„Freya!“, rief einer der Reporter.
Mit einem gekonnten Schwung, der ihre frisch gestylten Haare fliegen ließ, wandte sie sich im zu, hob ihre rechte Hand und zeigte ihm das Satanszeichen.
„Freya!“, rief ein anderer. „Stimmt es, dass du an einer schwarzen Messe teilnimmst?“
Morris trat nach vorne. „Freya gibt überhaupt keinen Kommentar. Wenn ihr wissen wollt, was sie denkt, hört euch ihre Songs an. Nächste Woche, zum Tourneestart kommt ihr neues Album goddess of darkness heraus. Dort findet ihr alle Antworten.“
„Aber Freya! Nur ein einziges Statement! Was hältst du vom Satanskult? Stimmt es, dass du regelmäßig zum Teufel betest?“
Morris‘ künstliche Zahnkronen leuchteten weiß. „Wie gesagt, Leute. Kein Kommentar!“
Die Bodyguards begannen, eine Schneise in der Menge zu bilden, indem sie sich vor die Reporter stellten und diese mit ausgestreckten Armen nach hinten drückten. Freya schritt voran, die Absätze ihrer hochhackigen Lackstiefel klapperten laut. Sie bewegte ihren Kopf von links nach rechts, schenkte jedem ein gnädiges und doch verruchtes Lächeln und im Nu standen sie, Morris und die Bodyguards im Lift.
Die Tür schloss sich hinter ihnen und sperrte das Blitzlichtgewitter sowie die Rufe aus.
Freya lehnte sich an die Wand und atmete tief durch. „Geschafft“, sagte sie.
Morris betrachtete sich im raumhohen Spiegel, der an der Rückwand der Kabine angebracht war und strich sich sein Haar zurecht. „Was hast du? Die waren doch gar nicht mal so übel.“
„Aber ständig diese Massen. Und diese penetrante Aufdringlichkeit.“
„Wir haben letztes Jahr über dreißig Millionen verdient – dein Parfum und dein Modelabel nicht mit eingerechnet. Da musst du Werbung machen. Freya ist eine Marke. …Und Schätzchen, du wirst nicht jünger. Du bist schon einunddreißig. Vielleicht hast du noch fünf, sechs Jahre. In der Zeit müssen wir Geld machen.“
Freya hasste es, Schätzchen genannt zu werden – besonders von Morris. Doch sie schluckte ihren Ärger hinunter. „Ist mir schon klar“, antwortete sie stattdessen und gähnte. Er hatte ja recht, mit dem, was er sagte.
„So kurz vor der Tournee ist das alles furchtbar anstrengend“, fuhr sie fort. „Übertreiben wir das mit dem Satanskult nicht ein bisschen? …Ich meine, sich Tattoos aufmalen zu lassen, ist eine Sache. Auch Piercings sind in Ordnung. Aber diese ständigen Besuche bei irgendwelchen selbsternannten Magiern, Hexern und Geistersehern gehen mir langsam aber sicher schrecklich auf den Wecker.“
„Du machst Metal. Da musst du auch den Eindruck vermitteln, voll und ganz bei der Sache zu sein. Du verstehst schon, du musst das leben.“
„Credibility“, seufzte sie.
„Exakt“, Morris lächelte seinem Spiegelbild zu. „Und so schlimm wird das da oben nicht. Zwei Reporter, handverlesen - wie auch die fünf Fans. Dieser Satansbeschwörer braucht vielleicht eine halbe Stunde. Dann sind alle Bilder im Kasten und wir sind fertig.“
„Na, wenigstens etwas.“
Der Lift hielt mit einem sanften Ruck. Freya stützte sich von der Wand ab, straffte ihre Schultern und schob ihre linke Hüfte vor.
Die Tür öffnete sich
Ihre Musik empfing sie. Die Bässe dröhnten, ihre Stimme kämpfte hart und deutlich dagegen an. Das neue Album versprach, ein voller Erfolg zu werden. Es würde die Charts nur so stürmen.
Morris hatte das Penthaus speziell für diesen Event gemietet und entsprechend herrichten lassen. Und das musste ihm der Neid lassen: Er achtete auf Details und wusste genau, was er tat. Schwarze Vorhänge, dazwischen federleichte Gardinen, die sich wie schwerelos im sanften Wind bewegten. Schwarze Kerzen in schweren silbernen Kandelabern. Blutrote Getränke in hohen Kristallgläsern. Die Luft gesättigt
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