Im Alphabet der Häuser: Roman einer Stadt (German Edition)
erschienenen Broschüre ist zu lesen:
„Schon 1934 versuchten Nationalsozialisten durch einen Sprengstoffanschlag auf die Druckerei die Tyrolia-Zeitungen zum Schweigen zu bringen. Denn gerade die Tyrolia-Presse war den Nationalsozialisten ein Dorn im Auge, da sie für die Selbständigkeit Österreichs eintrat und die Ideologie des Nationalsozialismus bekämpfte.“
Was die Tyrolia hier als Ringen für die österreichische Freiheit umschreibt, verdeckt, dass sich der Verlag als Stütze des austrofaschistischen Systems sah. Wie sehr man auf die Kooperation mit dem Ständestaat stolz war, belegt ein 1935 publizierter Diskussionsbeitrag eines Verlagslektors zum Thema „österreichischer Verlag“:
„Kaum ein anderes österreichisches Geistesinstitut – bei aller und freudiger Anerkennung anderer hervorragender Leistungen des übrigen österreichischen Verlagswesens – hat in so ausgedehnter und tiefgreifender Weise seine Kräfte dem Vaterland in seiner gegenwärtigen Lage zur Verfügung gestellt.“
Von welchen anderen Verlagen ist hier die Rede?
Vor allem vom Österreichischen Bundesverlag.
Und wie ergeht es den Verlagen nach dem Einmarsch?
Viele werden zunächst unter kommissarische Leitung gestellt, wobei Kommissar damals nur ein beschönigendes Wort für Dieb ist. Dann erfolgt die gänzliche „Arisierung“ oder auch die Löschung des Betriebs, mitunter die Deportation der ehemaligen Besitzer ins KZ . Andere Verlage wiederum bemühen sich rasch, ihre nationale Ausrichtung hervorzustreichen, etwa die F. Speidel’sche Verlagsbuchhandlung und Franz Deuticke in Wien. Noch forscher geht es der Verleger Leopold Stocker aus Graz an, er rühmt sich, schon vor dem Einmarsch in Österreich verbotene Bücher vertrieben zu haben. Auch der Salzburger Verlag Das Bergland-Buch scheut sich nicht, seine Linie deutlich zu machen, dieser Verlag ging übrigens aus der Großfirma R. Kiesel hervor.
Und die Buchhandlungen?
Das Haus in der Museumstraße 4 erzählt, dass am 15. März 1938 die Vertreter des Österreichischen Buchhandels ein Telegramm an die deutschen Kollegen verfassen und es mit „Sieg Heil dem großdeutschen Buchhandel!“ unterschreiben. In der Folge werden die Läden mit reichlich Anschauungsmaterial beliefert und können bald wie die Wagner’sche werben – „Bilder des Führers soeben eingetroffen!“ Ferner erfolgt aus dem Altreich ein Aufruf an die „volksbewußten Fachgenossen“ in Österreich, mit Sonderschaufenstern für das reichhaltige Schrifttum der NSDAP einzutreten, was Morawa & Co . in der Wiener Wollzeile sehr beherzigt. Zugleich setzt die „Säuberung“ des unerwünschten Schrifttums ein.
Und was ist mit Felizian Rauch?
Der ist schon aufgrund seiner katholischen Ausrichtung ein prädestiniertes Opfer des nazistischen Terrors. Der Chef der Innsbrucker Gestapo, Hilliges, erklärt nach dem Krieg:
„Da es in Tirol und Vorarlberg keinerlei nennenswerte kommunistische oder marxistische Gegner und auch keine Judenfrage gab, blieb als einziger politischer Gegner der römisch katholische Klerus und sein überaus starker Einfluß auf die Bevölkerung übrig.“
Dabei verfehlte gerade die Feierliche Erklärung der österreichischen Bischöfe ihre Wirkung auf die Bevölkerung nicht, zeigte sich doch der Klerus „aus innerster Überzeugung und mit freiem Willen“ voll des Lobes über den Charakter des Regimes und seinen Kampf gegen den Bolschewismus. Aber es gab Geistliche, die sich gegen den von der Kirche eingeschlagenen Weg stellten. Pfarrer Johann Schroffner aus Oberndorf bei Kitzbühel zum Beispiel wurde folgender Satz zum Verhängnis: „Man solle lieber die Parteibonzen in die Kanonen stecken und dem Göring in den Hintern schießen.“ Zuerst ins KZ Dachau überführt, dann ins KZ Buchenwald, starb er dort 1940 im Bunker. Laut einem Bericht trieb der Hauptscharführer Sommer den Pfarrer so lange mit Ochsenziemerschlägen im Bunkerflur hin und her, bis der Kleriker vor Erschöpfung zusammenbrach. Hernach spritzte Sommer ihm Benzin in die Blutbahn, sodass Johann Schroffner qualvoll starb.
Auch andere Pfarrer versuchen dem NS -Regime zu trotzen und werden daher verfolgt. Im Großen und Ganzen jedoch zeigen sich die Nazis mit dem Verhalten der Geistlichen recht zufrieden. Genauso wie mit dem laschen Agieren der Regierung Schuschnigg ihnen gegenüber, und zwar lange vor dem Machtwechsel. Denn die von Hitler geplante schleichende Machtübernahme lief wie am Schnürchen, erzählt das
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