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Im Alphabet der Häuser: Roman einer Stadt (German Edition)

Im Alphabet der Häuser: Roman einer Stadt (German Edition)

Titel: Im Alphabet der Häuser: Roman einer Stadt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph W. Bauer
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Anichstraße. Zum Beispiel Hausnummer 5, wo der Schwager von Richard Berger, Josef Adler, seines Zeichen ebenfalls Ingenieur und Oberbaurat der Bundesbahnen, zusammen mit seiner Frau Gertrude, Schwester der Grete Berger, wohnte. In jener Novembernacht 1938 wird das Paar überfallen, Gertrude Adler erleidet eine Gehirnerschütterung, auf ihren Mann aber wird so schwer eingedroschen, dass er Anfang 39, kaum drei Wochen nach dem Umzug nach Wien, seinen Kopfverletzungen erliegt. Adler stand wie Berger auf der Liste –
    Auf welcher Liste?
    72
    Gut vier Stunden, nachdem Hitler von der Ermordung des Diplomaten Rath erfährt, trifft man sich in Innsbruck um ein Uhr in der Nacht zur Besprechung, erzählt das Haus in der Bürgerstraße 10, wo vor ein paar Monaten noch Caramella Flöck ein- und ausging.
    Eilenden Schritts naht Gauleiter Franz Hofer der Terrorzentrale, er kommt direkt von Parteifeierlichkeiten in München, wo Goebbels gegen 22 Uhr vor versammelter SA -Führerschaft eine antisemitische Hetzrede gehalten hat. Schon knapp eine halbe Stunde nach der Hasspredigt glühen die Telefondrähte, verständigen die SA -Führer ihre Dienststellen. Zudem lässt Goebbels von seinem Ministerium aus Telegramme an untergeordnete Behörden, Gauleiter und Gestapostellen im gesamten Reich aussenden. So erhalten auch die Innsbrucker NS -Führer ein Fernschreiben mit Anweisungen für die Gestapo und den Sicherheitsdienst bezüglich der Pogrome.
    Hofer bringt also keine Neuigkeiten, längst wissen die Anwesenden im SA -Standartenheim Bescheid, längst hat der Anführer des Trupps, Johann Mathoi, die Parole, „den Juden eine Abreibung“ zu erteilen, ausgegeben, er selbst krempelt auch die Ärmel hoch.
    „Anschließend – gegen 2.30 Uhr – wurden an Hand der Judenliste, die von Pg Duxneuner beschafft wurde, die einzelnen Gliederungen planmäßig zur Aktion gegen jüdische Objekte und Personen eingesetzt, in einem strengen Befehl zum Anlegen von Zivilkleidung“, Bericht des SD vom 12. November 1938.
    Rollkommandos werden gebildet, SS -Oberführer Johann Feil möchte sich profilieren, wird zum eigentlichen Befehlsgeber. Er erteilt die Order, den Vorsitzenden der Kultusgemeinde, Richard Berger, „aus dem Weg zu räumen“, und schickt einen Trupp in die Gänsbacherstraße 4 und 5, um die dort lebenden männlichen Juden „auf möglichst geräuschlose Art umzulegen.“
    Gleich macht sich die Mörderbande auf in die Gänsbacherstraße 5, „um cirka 3 Uhr hat es an der Tür geläutet“, sagt Grete Graubart am 10. November 38 aus und: „Alle Männer waren zwischen 20 und 30 Jahre alt.“ Einer davon ist SS -Hauptsturmführer Hans Aichinger, Sohn von Gastwirtsleuten, Schilehrer aus Innsbruck, ein anderer heißt Gottfried Andreaus. „Was machen Sie mit meinem Mann?“, ruft Grete Graubart.
    Richard Graubart, dessen Vater Simon das Schuhgeschäft Graubart in der Museumstraße 8 gründete, wird von seiner Frau getrennt, man sperrt sie ins Kinderzimmer – die beiden haben eine viereinhalb Jahre alte Tochter namens Vera Evelyne. Grete Graubart schildert: „Habe dann aus dem Zimmer meines Mannes einen Schrei und einen Fall gehört. Sonst nur, dass mein Mann sagte – Was wollen Sie von mir?“
    Richard Graubart wurde durch mehrere Messerstiche von hinten getötet. Sein Bruder Alfred, er hat nach dem Tod des Vaters das Schuhgeschäft übernommen, wohnt am Haydnplatz 8. Er ist verheiratet mit Maria Herold, „mein Mann trug durch den Überfall entsetzliche Gesichtsverletzungen und eine Gehirnerschütterung davon“, gibt sie zu Protokoll.
    Doch zurück in die Gänsbacherstraße. Im gleichen Haus wie die Familie Richard Graubart wohnen auch Wilhelm und Edith Bauer sowie deren zwei Kinder Eva und Thomas. Wilhelm Bauer, durch Pistolenhiebe und Messerstiche schwer verwundet, verblutet vor den Augen seiner Frau. Sie kann keine Hilfe rufen, da der Nazi-Trupp die Telefonleitung kappt. Soll sie ins Nachbarhaus laufen, wo Karl und Alice Bauer mit ihren Kindern Alois und Gerda leben?
    Karl Bauer, Mitbesitzer des Kaufhauses Bauer & Schwarz, später Kaufhaus Tyrol, er wird von SS -Sturmbannführer Alois Schintlholzer, gebürtiger Innsbrucker und stadtbekannter Sportboxer, mit mehreren Boxhieben niedergestreckt. Karl Bauer überlebt, kann mit seiner Familie 1939 nach New York flüchten, bleibt aber bis zu seinem Tod 1966 geistig umnachtet. Hätte sich Edith Bauer an Wilhelms Mutter Flora wenden sollen, die in der Andreas-Hofer-Straße 40 wohnte?
    Flora

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