Im Angesicht der Schuld
Agentur gekommen, sondern hat sich krank gemeldet. Und seitdem geht sie nicht ans Telefon. Kannst du dir das erklären? «
Die Sache mit Tonja Westenhagen hatte mich so sehr beschä f tigt, dass ich mir das Gespräch mit Franka Thelen erst wieder ins Gedächtnis rufen musste. » Wir haben uns über den Unfall unterhalten und über ihre Freundin Beate Elverts. Sie hält es übrigens für ausgeschlossen, dass die Mutter des Babys etwas mit Gregors Tod zu tu n h at. « Ich nahm einen Schluck Tee. » Gegen Ende unseres Gesprächs habe ich sie gefragt, warum sie mich angelogen hat. «
» Sie hat gelogen? «
» An Gregors Todestag war sie mittags mit ihm essen. Das streitet sie ab, obwohl sie von Ruth Lorberg gesehen wurde. Und ich frage mich natürlich, warum sie lügt. «
Claudia starrte durch mich hindurch. » Mhm … «, war ihr einziger Kommentar.
» Findest du das nicht auch seltsam? «
» Ich werde morgen mal bei ihr vorbeifahren. « Claudia stand auf und goss mir Tee nach. » Gibt es eigentlich irgendetwas Neues über seinen letzten Besucher an dem Abend? «
» So, wie es aussieht, ist es eine Besucherin gewesen. «
Ich erzählte ihr von Marthas Beobachtungen und meinem Plan mit dem anonymen Brief an die Kripo.
» Burberry-Trench, sandfarbene Cambio und dunkelbraune Loafer wirst du in einigen Kleiderschränken finden «, meinte sie nachdenklich.
» Beinahe hätte ich es vergessen: Eine kleine Handtasche hatte diese Frau auch dabei. Ich glaube, mit Blumen und einer Elfe darauf. Den Namen des Designers habe ich vergessen. «
» Es ist eine Designerin «, sagte Claudia, stand auf und öffnete einen Schrank. Sie kam zurück und ließ etwas in meinen Schoß fallen.
Während ich darauf starrte, begann mein Puls zu rasen.
» Sie heißt Kiki Haupt. «
Es war alles da: die rosafarbene Elfe, das Blumenmus ter und der Griff aus dunklem Bambus. Eine einzige Frage ging mir durch den Kopf. » Du …? «
Sie ließ sich mit einem Seufzer in ihren Sessel fallen.
» Die Taschen dieser Designerin sind einmalig schön, wenn du mich fragst. Aber sie sind nicht einmalig. Es gibt schon ein paar mehr als nur diese eine. Und wenn du dich von deinem Schreck erholt hast, wird dir vielleicht aufgehen, dass du mich noch nie in einer Hose gesehen hast. Sandfarbene Cambios sind zwar sehr chic, aber nicht mein Stil. Außerdem habe ich mir diese Tasche erst am vergangenen Samstag gekauft. «
» Entschuldige, Claudia «, sagte ich mit hochrotem Kopf. » Ich bin schon völlig durcheinander. «
» Ist okay. Ich in deiner Situation würde wahrscheinlich auch erst einmal jeden verdächtigen. Anstatt jetzt aber vor Scham zu versinken, sag mir lieber, wie sich diese Beate Elver ts kleidet. «
Ich rief sie mir vor mein inneres Auge. » Völlig unauffällig. Sie kleidet sich wie eine Frau, der es egal ist, was sie trägt. «
» Also kann sie es nicht gewesen sein. «
Es fiel mir schwer, dem zuzustimmen. » Vermutlich nicht. « Mit einer fahrigen Bewegung strich ich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht. » Es ist alles so verwirrend, Claudia. Hätte Gregor mir nur gesagt, wer bei ihm war, als wir zusammen telefoniert haben. «
» Hätte, wäre, wenn –mit diesen Worten werden Wunsch trä u me umschrieben, aber sie bringen dich nicht weiter, sie lenken dich nur von der Realität ab. «
Gedankenverloren strich sie ihren Rock glatt, der keine einzige Falte aufwies. » Die Kripo muss von dieser Frau und ihrem Outfit erfahren. Ganz besonders von de r k leinen Tasche. Sie können die Käuferinnen ausfindig machen. Also sieh zu, dass Nelli und Martha möglichst schnell die Sache mit dem anon y men Brief geregelt bekommen. «
Ich nickte und lehnte mich dann erschöpft zurück.
» Claudia, hast du schon einmal den Namen Tonja Westenh a gen gehört? «
» Nein. «
» Auch nicht vielleicht von Gregor? «
» Ganz sicher nicht. Wer ist diese Frau? «
» Sie war ein siebzehnjähriges Mädchen, das vor drei Jahren ums Leben gekommen ist. «
» Wie? «
» Wie, weiß man nicht. Sie lag mit gebrochenem Genick im Jenisch-Park. Sicher ist nur, dass sie dort, wo sie gefunden wurde, nicht gestorben ist. «
» Und was hatte Gregor mit ihr zu tun? «, fragte sie verwundert.
» Genau das ist die Frage. Allem Anschein nach hat er sich kurz vor seinem Tod für diesen Fall interessiert. «
» Wie passt das in sein Fachgebiet? «
» Eben gar nicht, das ist es ja. Gregors Mitarbeiterinnen schw ö ren Stein und Bein, dass es sich nicht um eine
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