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Im Angesicht der Schuld

Titel: Im Angesicht der Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Kornbichler
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frage später Frau Lorberg. Sie ist noch in der Mittagspause. Vielleicht sollten wir auch für die Kripo gleich ein paar Kopien machen, was meinen Sie? «
    Ich dachte über ihre Frage nach. » Die werden auch nicht mehr damit anfangen können als wir. «
    » Aber sie haben nach ungewöhnlichen Dingen gefragt, und dies hier ist ungewöhnlich. « Sie nahm die Blätter und ging damit hinaus. Kurz darauf kam sie zurück und gab mir zwei Sätze, einen für mich, einen für die Kripo.
    » Bevor ich damit zur Polizei gehe, warte ich aber ab, ob Frau Lorberg etwas damit anzufangen weiß «, sagte ich.
    » Ich rufe Sie spätestens in einer Stunde an. «
     
    G regors seltsame Recherche ging mir nicht aus dem Kopf. Was hatte ihn an dem Tod dieses siebzehnjährige n M ädchens interessiert? Tonja W …. wer sollte das sein? In unserem Freundes-und Bekanntenkreis gab es weder jemanden mit diesem Namen noch einen ungeklärten Todesfall. Den Ze i tungsberichten zufolge war das Mädchen in der zweiten Septemberwoche vor drei Jahren tot aufgefunden worden. War Gregor etwas zu Ohren gekommen, das mit dem Tod des Mädchens in Zusammenhang stand? Hatte ihn jemand aufg e sucht, der mit seiner Schuld nicht länger leben konnte? Wenn ja, wieso hatte Gregor den Fall nicht weitergegeben? Er war kein Strafverteidiger.
    Nachdem Ruth Lorberg mich angerufen und mir versichert hatte, dass ihr der Name Tonja W nichts sagte, versuchte ich, Joost im Institut zu erreichen. Sein Telefon war jedoch auf seine Empfangsdame umgestellt.
    » Der Professor hat eine Besprechung «, sagte sie.
    » Würden Sie ihn bitten, mich zurückzurufen? «
    » Das richte ich ihm gerne aus, Frau Gaspary. Es kann alle r dings ein wenig dauern. Heute Nachmittag jagt ein Termin den nächsten. « Sie zögerte. » Oh, warten Sie! Gerade ist er frei. Ich stelle Sie durch. «
    » Helen «, meldete Joost sich gleich darauf.
    » Ich werde es mir ganz bestimmt nicht zur Gewohnheit we r den lassen, dich im Institut zu stören, aber … «
    » Mach dir keine Gedanken deswegen, die paar Minuten habe ich immer. Also, was gibt es? «
    » Gregor hat ganz offensichtlich vor seinem Tod eine Zeitung s recherche in Auftrag gegeben. Dabei geht es um den Tod eines jungen Mädchens vor drei Jahren. Sie hieß Tonja W. «
    » Ja … und? «, fragte er, als ich nicht weiter sprach.
    » Sagt dir dieser Name irgendetwas? «
    Sekundenlang hörte ich ihn nur atmen. » Nein, aber Gregor hat auch so gut wie nie über seine Fälle gesprochen. Du weißt, wie ernst er seine anwaltliche Schweigepflicht genommen hat. «
    » Seine Mitarbeiterinnen meinen, die Sache habe mit keinem von Gregors Fällen zu tun, sondern sei privat. «
    » Und wie kommen sie darauf? «
    » Weil er die Rechercheergebnisse persönlich/vertraulich an sich hat adressieren lassen. «
    » Das bedeutet nur, dass seine beiden Damen nichts davon erfahren sollten. Und das kann meines Erachtens die unte r schiedlichsten Gründe haben. Auf eine Privatsache würde ich zuletzt schließen. Außerdem hätte er mir dann sicher davon erzählt. «
    » Könntest du trotzdem heute Abend Annette fragen, ob sie zufällig weiß, worum es sich bei der Sache dreht? «
    » Wenn ich es nicht weiß, dann wird … «
    » Bitte, Joost. An Gregors Todestag hat Annette wegen einer ihrer Patientinnen mit ihm telefoniert. Vielleicht hat es damit zu tun. Annette rückt mir gegenüber nicht raus mit der Sprache, worum es in dem Telefonat ging. Deshalb frage du sie bitte, ja? «
    » In Ordnung. Aber versprich dir nicht zu viel davon «, sagte er in einem besorgten Tonfall.
    » Ich verspreche mir nicht zu viel, ich will nur auch nichts versäumen. Rufst du mich an, falls sie den Namen des Mä d chens kennt? «
    » Versprochen! «
    13
    Waren die Tage ohne Gregor schon schlimm, so waren es die Nächte ganz besonders. Er war seit etwas mehr als zwei Wochen tot und fehlte mir mit jedem Tag mehr. Wie sollte ich mich an diesen Schmerz gewöhnen? Würde er jemals schwächer werden?
    Mariele Nowak sagte, er würde erträglicher. Sie machte mir nichts vor. Ihrer Meinung nach gab es eine einfache Gleichung: Je besser die Beziehung, desto größer der Schmerz. Sie war sich selbst nicht sicher, ob darin wirklich ein Trost lag.
    In manchen Nächten hatte ich versucht, mir durch Gregors Geruch, der noch in seinem Bettzeug hing, etwas vorzugaukeln. Aber dieser Geruch wurde immer schwächer. Manchmal verfing sich mein Blick minutenlang im Anblick eines seiner Fotos. Dann versuchte

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