Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Auftrag der Rache

Im Auftrag der Rache

Titel: Im Auftrag der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Col Buchanan
Vom Netzwerk:
Pendel einer Uhr hin- und herschwang.
    »Halt!«, rief der entsetzte Deckmaat und zeigte mit der Hand auf die Matrosen, die an der Hilfsleine zogen. Sofort hörten sie damit auf und standen wie erstarrt da, während sie die schwankende Gestalt mit der Unsicherheit von Männern betrachteten, die so etwas nie zuvor versucht und nur durch andere davon gehört hatten.
    Dort draußen über dem Abgrund zwischen den beiden Schiffen öffnete die Gestalt auf dem hölzernen Stuhl, der auf dem Seil stand, den Mund und rief: » Immer mit der Ruhe, meine Herren! «
    Coya musste trotz seiner Sorgen um den Mann unwillkürlich lächeln.
    »Bring ihn herein, Seday, schnell«, sagte er zu dem Deckmaat, und auch wenn Coya trotz seiner siebenundzwanzig Jahre jung erschien – und das, obwohl sein Körper über einen Spazierstock gebeugt war –, gehorchten ihm die Männer mit dem Respekt, den ein eifriger Sohn seinem Vater entgegenbringt, und zogen sofort wieder an dem Seil.
    Dann kam ein erneuter Windstoß auf, der stärker als der vorangegangene war, und die ferne Gestalt drehte sich erneut auf ihrem Sitz. Coya hörte, wie der Wind gegen das Seidensegel über ihm drückte, und er bemerkte, dass die beiden Luftschiffe auseinandertrieben. Steuerröhren flammten an den Seiten auf, als die Kapitäne rasche Befehle brüllten. Dennoch entfernten sich die Schiffe noch immer voneinander, und das Seil auf dem khosischen Deck spannte sich. Der Mann hüpfte nun noch gefährlicher, als das Seil mehr und mehr unter Spannung geriet. Coya hielt die Luft an, beugte sich mit seinem ganzen Gewicht auf den Stock und packte den Ebenholzgriff fest.
    Wenn sie diesen Mann verloren, war möglicherweise der ganze Krieg verloren.
    »Schnell jetzt!«, drängte er die Männer, ohne den Blick von ihrer Aufgabe abzuwenden.
    Die Gestalt befand sich nun bereits hinter der Markierung auf der Hälfte der Strecke und näherte sich endlich dem Schiff. Während die Füße des Mannes mehrere Meilen über dem Meer baumelten, drehte er den Kopf und betrachtete die zerklüftete Küste von Minos sowie die Bucht, in der die Stadt Al-Minos wie eine schimmernde Perle lag. Als er noch näher kam, sah Coya, wie die schwarzen Haare um das vom Wind gerötete Gesicht peitschten; er erkannte die vielen schmucklosen Ringe und den schweren Mantel aus Bärenfell, der seinen massigen Körper einhüllte.
    Plötzlich spürte Coya, wie sein Puls angesichts der bloßen Gegenwart des Protektors von Khos schneller schlug.
    »Ganz ruhig, Jungs«, rief General Glaub, als sie ihn grob auf das Deck zerrten, und nun war er da. Er überragte sie alle und stellte eine große Lässigkeit zur Schau, während Coya in seinen Augen starke Erregung bemerkte.
    Die Mannschaft schnallte den General von seinen Sicherheitsgurten los, während Glaub auf ein paar Schultern klopfte. Dann trat er vor und schüttelte Coyas ausgestreckte Hand.
    Coya roch Haaröl und diesen schrecklich gewürzten Ziegenkäse, den die Khosier so sehr liebten.
    »Ich hatte gehofft, Ihr macht einen Scherz, als Ihr ein Umsteigen in der Luft vorgeschlagen habt«, bemerkte der alte General. »Wäre ein Treffen auf dem Erdboden denn vollkommen unmöglich gewesen?«
    Bevor Coya etwas erwidern konnte, erhaschte er einen Blick auf Marsch, seinen eigenen Leibwächter. Marsch runzelte die Stirn, als die Matrosen um einen freien Blick auf diese lebende Legende aus Bar-Khos kämpften, und schob sie grob zum Rest der Mannschaft zurück, die sich auf der anderen Seite des Decks versammelt hatte.
    »Zu gefährlich«, gab Coya zu, als sie endlich außer Hörweite der anderen waren, während sich Marsch in ihrer Nähe postiert hatte und jeden auf Deck durch seinen dunkel getönten Refraktor aufmerksam beobachtete. Durch die Linsen am Hinterkopf war deutlich zu sehen, wie seine Augen blinzelten.
    »Ist noch jemand getroffen worden?«
    »Letzte Nacht in Al-Minos. Die Abgesandte der Liga aus Salina hatte das Pech, im Schlaf erdrosselt zu werden. Damit waren es allein in der letzten Woche acht Morde. Das bedeutet, dass sich ein großer Zirkel von Diplomaten in der Stadt aufhält.«
    Der Protektor nickte, aber seine Miene war ausdruckslos. Er behielt seine Gedanken für sich.
    Gemeinsam sahen sie zu, wie das Umsteigeseil an Bord des khosischen Schiffes gezogen wurde, das Glaub von Bar-Khos hergebracht hatte. Das Gefährt startete die Röhren und patrouillierte um das minosische Schiff herum, auf dem sie nun standen. Schweigend studierte Coya das Profil des

Weitere Kostenlose Bücher