Im Auftrag der Rache
war sich nicht sicher, ob das inzwischen noch möglich war. Romano würde eine Säuberung durchführen, und vermutlich stand Sparus ganz oben auf der Liste.
Ich könnte ihm jetzt meine Treue antragen , dachte er und fragte sich, wen er mit einem solchen Botengang beauftragen könnte.
Sascheen beobachtete ihn eingehend; ihre Blicke schossen über sein Gesicht.
»Ich sterbe, Sparus, nicht wahr?«
Sie klang wie ein kleines Mädchen; ihre Stimme war schwach und brach immer wieder.
Meine Güte, ich plane mein eigenes Überleben, während sie hier liegt und um das ihre kämpft .
»Es gibt noch Hoffnung«, sagte Sparus. »Wir holen einen frischen Vorrat an Milch.«
Sie legte den Kopf zurück auf die Kissen. »Dann solltet Ihr Euch beeilen. Ich spüre, wie sich mein Zustand mit jedem Atemzug verschlechtert.« Sie drehte den Kopf zur Seite und beobachtete den Arzt Klint, der gerade das Gefäß mit Lucians Kopf darin entkorkte. Sparus sah, dass die Haare bereits freilagen – so sehr war der Flüssigkeitsspiegel bereits abgesunken.
»Geh sparsam damit um«, sagte Sascheen, als der Arzt eine kleine Kelle in das Gefäß senkte.
Klint kam zu ihr und goss ihr etwas davon in den offenen Mund. Sofort nahm die Blässe ihrer Lippen ein wenig ab, und Farbe kehrte in ihr Gesicht zurück.
»Er soll draußenbleiben«, befahl sie. »Neben mir.«
Klint sah Sparus an, als hätte er etwas dazu zu sagen. Schließlich nahm der Arzt den Kopf aus dem Gefäß und stellte ihn auf den Nachttisch neben Sascheens Bett. Lucians Augen waren geschlossen und zuckten hinter den Lidern hin und her, als ob er träumen würde.
»Wir reden später«, sagte Sascheen sanft und schloss ebenfalls die Augen.
»Ja, Matriarchin«, sagte Sparus, drehte sich um und verließ den Raum. Der Arzt folgte ihm.
Sparus fühlte sich erleichtert, dass er von hier verschwinden konnte. »Behalte ihren Zustand für dich«, befahl er Klint, als sie die Masken und Fäustlinge abnahmen. »Und kein Wort über Gift.«
Er ging auf die Treppe zu, die ihn hoch zum Tageslicht brachte. Seine Gedanken waren in vollkommener Unordnung.
*
»Sie stirbt. Sie hat höchstens noch ein paar Tage.«
»Bist du sicher?«
Klint versuchte seine Verärgerung zu verbergen. »Natürlich. Es wird weitere Königliche Milch geholt, aber ich bezweifle, dass sie rechtzeitig eintreffen wird.«
General Romano verdaute diese Neuigkeiten mit einem starken Gefühl der Erregung. Sein Onkel hatte die ganze Zeit Recht gehabt. Wenn man geduldig war und den Dingen ihren Lauf ließ, erhielt man früher oder später das, was man haben wollte.
Er schaute hinunter auf den rotgesichtigen Arzt, der vor ihm stand. »Deine Hilfe wird nicht vergessen werden.«
»Danke«, erwiderte Klint und neigte den Kopf. »Ich muss jetzt zurückgehen, damit ich nicht vermisst werde.«
»Dann geh«, sagte Romano träge.
Er sah zu, wie der Mann auf sein Zel stieg und dem Tier harsch in die Flanken trat, so dass es auf die Brücke von Tume zugaloppierte.
Neben Romano stand sein Stellvertreter, dessen Miene so ernst war wie immer. »Also ist die Zeit gekommen«, sagte Skalp mit seiner rauen Stimme.
»Anscheinend.« Romano grinste hämisch und zeigte dabei seine Zähne. »Ich hoffe, dieses Miststück leidet bis zum Schluss.«
Das Zelt war an einer Seite offen. Eine Brise trieb Verwesungsgeruch herbei. Romano betrachtete seine Männer, den See und die Inselstadt, die darauf schwamm, und er fühlte sich in jeder Hinsicht bestätigt und gestärkt. Seine Zweifel waren zerstoben. Wie seltsam das Leben doch manchmal war. Zu Hause in Q’os hatte er keine Möglichkeit gehabt, die Matriarchin zu verdrängen. Und ausgerechnet in Khos würde sie nun ihren Thron verlieren.
»Was ist mit dem Erzgeneral?«, fragte Skalp neben ihm.
»Sparus ist kein Narr. Er wird sich bereits um sich selbst kümmern. Sobald sie tot ist, werde ich seine Treue und die des Expeditionskorps einfordern. Wenn mir die Armee gehört, kann ich Bar-Khos einnehmen. Und dann kann mir niemand mehr die Stellung des Heiligen Patriarchen streitig machen.«
»Wenn wir noch länger warten, könnte es schwierig werden, die Stadt einzunehmen.«
»Pah!«, rief Romano. »Bring mich doch nicht gerade jetzt auf den Boden der Tatsachen zurück! Ich will den Augenblick genießen.«
»Trotzdem müssen wir uns beeilen«, sagte Skalp.
»Ich sage dir, wir haben es nicht in der Hand. Wir spielen hier ein größeres Spiel, auch wenn dein beschränkter Verstand das nicht begreifen
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