Im Auftrag der Rache
Hand auf das ausgestreckte Bein gestützt, das schrecklich zitterte. Die andere Hand presste er gegen seinen knurrenden Magen. Sie alle waren unterernährt und hungrig.
Bahm hatte sich darüber beklagt, dass er auf dem rechten Ohr nichts mehr hörte, und so hatte Bull ihn angestupst. Daraufhin hatte der Mann langsam den Kopf gedreht, zuerst den Wasserschlauch und dann Bull angesehen. Dann hatte er wieder die Wand und das angeblickt, was immer er dahinter sehen mochte.
Schwäche durchspülte Bull und verursachte ihm Übelkeit. Er warf den Wasserschlauch stattdessen dem Sergeanten Chilanos zu, der ebenfalls nicht reden wollte, sondern nur mit einem Blinzeln seine Dankbarkeit ausdrückte. Der nächste Mann neben ihm nahm den Schlauch entgegen, als der Sergeant fertig war. Das abgestandene Wasser war der einzige Luxus, den sie besaßen; sie nippten daran wie an köstlichem Wein.
Seit drei Tagen war diese kleine Gruppe aller Dinge beraubt, die ihr etwas bedeutet hatte. Es war ihnen verboten zu reden, aber sie taten es heimlich, wenn die Langeweile ihre Angst überlagerte. Auch durften sie nicht schlafen. Ihre Wächter warfen kleine Steine auf diejenigen, die die Augen geschlossen hatten. Und nachts, wenn sie sich vor Erschöpfung zusammenkauerten, kamen die Soldaten und urinierten auf sie.
Eine Weile hatte Bull unter den Wächtern, die oft über ihnen standen, nach dem riesigen Stammeskrieger gesucht, der ihm das Leben gerettet hatte. Er hatte ihm zurufen wollen: » Sieh nur, was deine Rettung bewirkt hat«! , aber von dem Mann war nichts zu sehen, und so nahm Bull an, dass er an seinen Verletzungen gestorben war.
Immer wieder stiegen einige hartgesottene Reichssoldaten über eine Leiter in die Grube, bestimmten scheinbar wahllos einen der Männer und prügelten ihn mit ihren Holzstäben durch. Zuerst hatten sie versucht, gegen diese Behandlung zu protestieren, doch jedes Mal, wenn sie das taten, wurden sie noch brutaler geschlagen, bis sogar Bull es nicht mehr ertrug. Seitdem saßen sie einfach nur da und lauschten.
Bulls Humor half ihm durch die schwersten Zeiten, wenn einer der Männer über den Boden kroch, nachdem er durchgeprügelt worden war, oder wenn ein anderer Blut pinkelte.
Nach drei Tagen hatte die Welt eine seltsame Durchsichtigkeit angenommen; es war, als könnte Bull die Finger durch ihre Begrenzung hindurch in etwas anderes, Unwirkliches stecken. Der Gestank in der Grube war unerträglich geworden, denn sie alle teilten sich einen einzigen Kübel für ihre Notdurft, und er wurde nur an jedem Morgen geleert. Doch Bull kam mit dieser Lage besser zurecht als die anderen. Schließlich war er seit langem an die Beschränkungen der Gefangenschaft gewöhnt. Deswegen war er für die Männer zum Fels in der Brandung geworden.
Selbst jetzt, als ein Rasseln über ihren Köpfen Bull dazu veranlasste, nach oben auf das Holzgitter über der Grube zu blinzeln, wandten ihm die anderen ihre dreckigen Gesichter hilfesuchend zu.
Die Wächter banden die Tür zur Grube los. Sie warfen sie auf und ließen die Leiter hinab.
Falls sie ihn zum Durchprügeln aussuchen sollten, wollte er ihnen einen Kampf liefern.
Vier Soldaten kletterten nach unten, schwangen ihre schweren Stäbe und betrachteten die Männer, die sie vom Boden aus anblickten. Der älteste sah, wie Bahm die Wand anstarrte. Er deutete mit seinem Stab auf ihn. »Auf!«, bellte er.
Bahm schenkte ihm keine Beachtung.
Die anderen Soldaten packten Bahm und zwangen ihn auf die Beine, wobei seine Ketten rasselten. Seine Augen blinzelten ungeheuer rasch, als ihm ein Sack über den Kopf gezogen wurde. Dann zerrten ihn die Soldaten auf die Leiter zu.
Bull kämpfte sich auf die Beine, indem er sich mit dem Rücken an der Erdwand hochdrückte. »Wohin bringt ihr ihn?«, krächzte er.
»Nicht reden!«, brüllte der älteste Soldat und schlug nach Bull aus. Bull packte seinen Stab mit gefesselten Händen, und es gelang ihm, mit der Stirn auf das Gesicht des Mannes einzuhämmern. Er war zufrieden, als er sah, wie das Blut floss, und stand den Rest auf seine übliche Art durch, als sie ihn durchprügelten. Bull lauschte den dumpfen Schlägen und weigerte sich, zu Boden zu gehen, als ob er sich wieder in der Kampfgrube befände und ohne Verteidigungsmöglichkeit an die Wand getrieben worden wäre.
Aber schließlich ging er doch zu Boden. Er zeigte seinen Gegnern ein blutiges Grinsen, während sie Bahm die Leiter hochtrugen. Der Mann leistete keinerlei Widerstand, als
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